Ein hohes Arbeitspensum, Verantwortung für Menschenleben und unerfreuliche Erfahrungen sind nur ein paar Beispiele, mit welchen Ärzten tagtäglich zu kämpfen haben. Ist dieser damit verbundene Stress kontinuierlich vorhanden und geht man nicht dagegen vor, kann ein Burnout entstehen, welches oftmals in Arbeitsunfähigkeit resultiert. Doch welche Stressoren sind spezifisch bei Ärzten und Ärztinnen für die Überbelastung verantwortlich? Und wie können Mediziner und Medizinerinnen diesen Stress bewältigen und präventiv angehen?
Studie: Was macht Ärzte stressresistent?
Eine Untersuchung ging im Rahmen 200 qualitativer Interviews der Frage nach, welche Stressfaktoren Ärztinnen und Ärzten von Relevanz sind. Darüber hinaus versuchten die ForscherInnen die Bewältigungsstrategien dieser MedizinerInnen zu ermitteln und aufzudecken.
Bürokratie meistgenannter Hauptstressor
Um die Fragen zu beantworten, befragten WissenschaftlerInnen mittels 200 durchgeführter qualitativer Interviews MedizinerInnen variierender Fachrichtungen und Hierarchieebenen. Während 60 % der ÄrztInnen angestellt waren, waren 40 % selbstständig. Das Durchschnittsalter betrug 42 Jahre. Zudem konnten die befragten Ärzte und Ärztinnen durchschnittlich 15 Jahre Berufserfahrung aufweisen.
Die in der Analyse genannten Hauptstressoren waren mit knapp 57 % Verwaltungsaufwand und Bürokratie. Mit etwa 42 % nannten die Teilnehmenden lange Arbeitszeiten und Freizeitmangel. Außerdem bestand speziell bei niedergelassenen MedizinerInnen die Problematik der “Fließbandmedizin”, welche von 32 % der Befragten genannt wurde. Weitere Hauptstressoren in der Belastungshierarchie, welche zu 20 % Nennung erfuhren, waren fordernde PatientInnen, Behandlungsfehler sowie schlechte Bezahlung.
Welche Bewältigungsstrategien haben Ärzte gegen Stress?
Doch wie gingen die befragten Ärzte und Ärztinnen mit diesen Problemen um? Neben der Arzt-Patienten-Bindung ist ebenso die offene Kommunikation mit PatientInnen von hoher Bedeutung, in welcher eventuelle Komplikationen während der Behandlung direkt angesprochen werden. Darauffolgend sprachen die befragten MedizinerInnen die Abgrenzung und den Selbstschutz an.
Damit verbunden ist, wofür man als Arzt stehe und wo man Grenzen ziehe. Ein Beispiel erfolgreicher Abgrenzung nannte ein Internist, welcher über Jahre hinweg einem Patient, welcher von Schlafmitteln abhängig war, Rezepte ausstellte. Schließlich beschloss der Arzt aus seiner eigenen Unzufriedenheit heraus die zukünftige Rezeptverweigerung.
Auch entscheidend war die kontextorientierte Therapie eines Patienten, anstatt lediglich die Symptome zu behandeln. Dazu gehörte, die Zusammenhänge des Krankheitsgeschehens zu erfassen und einzubeziehen. Ebenfalls nannten die MedizinerInnen die Kompetenz, Realitäten zu akzeptieren und einzusehen, dass man nur einen beschränkten Einflussbereich auf seine PatientInnen habe. Akzeptiere man seine Realitäten, sei man besser gegen Stress gefeit.
Um Stress entgegenzuwirken, wechselten einige Teilnehmende bei fordernden PatientInnen in eine distanzierte Beobachterperspektive. Jeder dritte Arzt gab bei den strukturellen Rahmenbedingungen des Weiteren an, die Beschränkung der Arbeitszeiten, kurze Auszeiten während des Arbeitstages sowie eine strategische Urlaubsplanung im Blick zu behalten.
Zusätzliche Stresspuffer waren die Gewissheit, Beschwerden einer Linderung verholfen zu haben. Damit verknüpft ist es für die Hälfte der Befragten gleichermaßen hilfreich, sich bewusst auf die Situation vor und nach der Behandlung zu konzentrieren. Letztlich sei die Pflege der eigenen Professionalität durch Weiterbildungen wirksam. Gegen Stress helfe weiterhin ein kollegiales Miteinander und indem man Grenzen gegenüber dem Vorgesetzten ziehe. Daneben zeichnen sich stressresiliente Ärzte dadurch aus, offen mit Wissenslücken umzugehen und regelmäßig kulturellen und sportlichen Aktivitäten in ihrer Freizeit nachzugehen.
Präventivhandlungen gegen Stress und Burnout
Diese Studie legt dar, wie wichtig die sogenannte Resilienz im Arztberuf ist. Resilienz kennzeichnet dementsprechend, auch unter einer hohen Belastung nicht den Spaß an der Arbeit zu verlieren und in belastenden Zeiten psychophysisch gesund zu bleiben. Da jeder Mensch eine eigene Toleranzgrenze für Stress aufweist, gilt es als Individuum, diese zu erforschen und nach dieser zu handeln. Dennoch kann man Resilienz beeinflussen, und zwar mittels dieser Punkte:
- Selbstreflexion und -organisation
- gutes Fehlermanagement
- Erfahrung der Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns
- Austausch mit KollegInnen und die gegenseitige Unterstützung im Team
- Anerkennung durch Außenstehende
- Freizeitausgleich, bspw. durch Aktivitäten und Entspannungsübungen
- Ein funktionierendes soziales bzw. familiäres Netzwerk außerhalb der Klinik oder Praxis
Berücksichtigt man dann noch die in der Studie genannten Bewältigungsstrategien und weiteren Faktoren und setzt diese bestmöglich im Arbeitsalltag um, kann der Stress im Arztberuf eingedämmt werden.