Ein Abschluss in Humanmedizin bedeutet nicht zwangsläufig Patientenversorgung und Klinikalltag. Eine alternative Berufsperspektive zum klassischen Arzt in Praxis oder Klinik können die Forschungstätigkeit und die Leidenschaft für Wissenschaft sein. Als Arzt in die Forschung? Wissenswertes zu diesem Thema in dem folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Medizinische Forschung
Ohne präklinische und klinische Forschung wäre die heutige moderne Medizin nicht vorstellbar. So verdanken wir der Forschung zum Beispiel die Möglichkeit einer antiviralen Therapie gegen die HIV-Infektion oder die fast vollständige Heilung des Hepatitis-C-Virus in nur acht bis zwölf Wochen durch geeignete Arzneimittel.
Nur durch die Forschung kann das medizinische Verständnis wachsen, neue Therapien und Medikamente können entwickelt und gängige Labormethoden verbessert oder vereinfacht werden, was ebenfalls für die klinische Diagnostik nützlich wird.
Im klassischen Sinne ist die medizinische und naturwissenschaftliche Forschung ein Berufsfeld von Biologen, Chemikern sowie Molekularmedizinern. Aber auch für Ärztinnen und Ärzte kann die Forschung ein attraktives und alternatives Berufsfeld außerhalb von Operationssaal, Stationsarbeit und Patientenversorgung darstellen.
Als Ärztin/Arzt in der Forschung kann man sich mit Krankheiten, mit denen man im Klinikalltag konfrontiert wurde, befassen und diesen auf den Grund gehen. Der Bedarf an Ärztinnen und Ärzte in der Forschung ist groß: erforschte Pathologien werden durch die MedizinerInnen besser im Gesamtbild betrachtet, sodass die klinischen Konsequenzen ausgehend von der Gesamtkonstellation besser verstanden werden können.
Als Arzt in die Forschung – Tätigkeitsfelder
In Österreich warten die Jungärztinnen und Jungärzte in Abhängigkeit vom Bundesland bis zu 18 Monate auf einen Turnusplatz. Wenn es mit der Bewerbung als Turnus- oder Assistenzarzt anders als vermutet nicht so schnell gelingen möchte oder wenn bereits während des Humanmedizin-Studiums bewusst wird, dass man eigentlich nicht als Ärztin/Arzt praktizieren möchte, bieten sich alternative Berufskarrieren an.
Denn: Der Arbeitsalltag mit einem Abschluss in Humanmedizin muss nicht unbedingt im Operationssaal oder auf Station als Ärztin oder Arzt stattfinden, sondern kann auch fernab von Patientenversorgung erfolgen. Eine attraktive berufliche Alternative für Mediziner/innen kann auch die Tätigkeit in der Forschung sein, unter anderem:
- Tätigkeit in Pharmaunternehmen
- Forschung
- Grundlagenforschung
Tätigkeit in Pharmaunternehmen
Die Tätigkeit in der Pharmaindustrie stellt die am häufigsten gewählten Alternative für Mediziner/innen in Österreich dar. Ein Studium in Humanmedizin sowie zusätzliche fundierte betriebswissenschaftliche Kenntnisse sind vorzuweisen, um einer beruflichen Tätigkeit in einem Pharmaunternehmen nachgehen zu können. Bereiche, in denen man eingesetzt werden kann, sind beispielsweise die Durchführung und Evaluation von Anwendungsstudien, Beratung von Ärzten sowie dem Vertrieb von Medikamenten.
Forschung
Die Arbeitsgebiete im Hinblick auf die Forschung umfassen unter anderem Tätigkeiten in Forschungsinstituten, Biotech-Firmen und auch in der Pharmaindustrie. Da die Arbeitszeiten je nach Forschungsprojekt stark variieren können, ist Flexibilität durchaus gefragt. Darüber hinaus schläft auch die Konkurrenz nicht, weshalb in der Wissenschaft auch „Ellenbogen-zeigen“ notwendig ist. Denn es lautet nicht umsonst: „publish or perish“ – Publizieren oder untergehen. Wer neue Erkenntnisse aus der Forschung als Erstes publiziert, am besten in guten Journalen, wird auch die Anerkennung dafür ernten. Das Publizieren dauert häufig Monate bis die eigenen Daten endlich veröffentlicht werden.
Die meisten Mediziner/innen, die sich der Forschung widmen, betreiben klinische Forschung und möchten erforschen, wie bestimmte Krankheiten oder bestimmte Krankheitszeichen behandelt werden können. In der klinischen Forschung, die direkt oder in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Pharmaunternehmen stattfindet, betreiben Ärztinnen und Ärzte Studien mit experimentellen Therapien sowie Medikamentenstudien. Die Tätigkeit in der klinischen Forschung als Ärztin oder Arzt ist wichtig und kann Behandlungsansätze für den Klinikalltag verbessern.
Grundlagenforschung
Wer bereit ist, die Patientenversorgung komplett aufzugeben und sich nur der Forschung zu widmen, kann sich für eine akademische Laufbahn an einer Universität oder an Forschungseinrichtungen entscheiden und zum Beispiel als Gruppenleitung einer Forschungsgruppe mitwirken. Hier befasst man sich häufig mit Grundlagenforschung, sprich man untersucht eine Krankheit an der „Wurzel“/am „Ursprung“ auf molekularer Ebene. Hierfür kommt auch die Tätigkeit in einem Krebsforschungszentrum infrage, in dem zum Beispiel Methoden entwickelt werden, wie sich Tumore mit radiologischen Verfahren besser darstellen lassen oder wie Tumore besser beurteilt werden können. Auch kann sich zum Beispiel damit beschäftigt werden, wie sich der Blutfluss in Tumoren während einer Chemotherapie verändert.
Forschung im Rahmen einer experimentellen Doktorarbeit
Ein Teil der Ärzteschaft hat bereits schon während des Humanmedizinstudiums Erfahrungen in der Forschung im Rahmen einer experimentellen Doktorarbeit sammeln können und hat Laborarbeiten durchführen können. Das Interesse und die Leidenschaft für die Forschung seien unter Umständen sogar durch das Anfertigen der experimentellen Doktorarbeit entdeckt worden. Diese Interessenten entscheiden sich dann für Petrischalen und Pipetten anstatt Stethoskop oder OP-Schere.
Forschungsinteresse: Teilzeit oder Vollzeit?
Es gibt auch viele Mediziner/innen, die sowohl Patientinnen und Patienten versorgen als auch Zeit in die Forschungstätigkeit investieren; vor allem in Unikliniken ist der Spagat zwischen Patientenversorgung und Forschungsinteresse möglich, sodass die Leidenschaft für die Wissenschaft durchaus auch in Teilzeit möglich sein kann ohne dabei vollständig den Klinikalltag verlassen zu müssen.
Nicht vergessen sollte man allerdings, dass die Arbeitsbelastung in einer Klinik schon ohne Forschungstätigkeit überdurchschnittlich hoch ist und es sicherlich eine Herausforderung darstellt, Klinik und Forschung miteinander zu vereinen.
Wer die berufliche Zukunft ausschließlich in der Forschung sieht, kann diese zum Hauptberuf machen und auch an außeruniversitären Einrichtungen forschen.
Als Arzt in der Forschung: Vorteile und Nachteile
Wer in der Forschung die Alternative zum herkömmlichen Arztberuf sieht, sollte vor allem Begeisterung für den Forschungsbereich mitbringen. Forschung kommt insbesondere für Wissbegierige, die zu sehr viel Engagement bereit sind, infrage. Im Folgenden werden einige Vorteile – bezugnehmend auf die Vollzeitforschung – und Nachteile genannt:
Vorteile
Die Vollzeitforschung beinhaltet unter anderem folgende Vorteile:
- flexible Arbeitszeiten
- kein starrer Schichtdienst
- geregelter Urlaub
- flexible Freizeitgestaltung
- direktes Mitwirken am medizinischen Fortschritt
- internationale Kollaborationen
- unabhängiges und selbstständiges Arbeiten
- Kreativität am Arbeitsplatz
Nachteile
Nachfolgend sind einige Nachteile im Hinblick auf die Arbeit in der Forschung zu nennen:
- extremer Konkurrenzkampf
- hohe mentale Belastung durch Konkurrenzkampf und Rückschläge
- bei Forschung parallel zum Klinikalltag: Doppelbelastung und noch weniger Freizeit bei gleichem Lohn
- sehr lange Arbeitszeiten
- keinerlei Referenz, ob der Job tatsächlich erfüllender ist
- Misserfolge gehören zum Forscheralltag
- Forschung ist ein langwieriger Prozess/ keine schnellen Erfolge
- kein Erfolg ohne gute Publikationen
- Abhängigkeit von finanziellen Drittmitteln
Als Arzt in der Forschung – Gehalt
Eine Forschungstätigkeit parallel zum Krankenhausalltag kann zwar abwechslungsreich und vorteilhaft sein, wenn man die Patientenversorgung nicht ganz aufgeben möchte, allerdings wird diese nicht zusätzlich vergütet. Das bedeutet: Wer klinische Forschung parallel zum Dasein als Ärztin/ als Arzt betreibt, verdient genauso viel wie ohne Forschungstätigkeit.
Das Gehalt hängt von dem jeweiligen Tarifvertrag bzw. den Dienstjahren ab. Forschung, die in Universitäten oder Forschungsinstituten betrieben wird, wird mit ungefähr 4.000 Euro brutto pro Monat vergütet. Da in Industrien keine Tarifgebundenheit herrscht, kann das Gehalt hier viel höher liegen und nach oben sogar unbegrenzt sein.