Die Novelle des Universitätsgesetzes 2002 (UG) bringt viele Veränderungen für Österreichs Studierende in Bachelor- und Diplomstudiengängen mit sich. Das betrifft auch Studierende im Diplomstudiengang Humanmedizin. Wer sein Studium ab dem Wintersemester 2021/22 beginnt, muss nun erstmals eine Mindestleistung erbringen. Auch einige organisatorische Änderungen treten in Kraft.
Mindestens 24 ECTS-Punkte in zwei Studienjahren
Das Medizinstudium in Österreich dauert zwölf Semester, umgerechnet sechs Jahre. Es teilt sich in drei Abschnitte: Der erste umfasst zwei Semester, der zweite sechs Semester, der dritte dauert vier Semester. Vorgeschrieben waren bislang Famulaturen mit 12 Wochen Dauer und ein Klinisch-Praktisches Jahr von 48 Wochen Dauer. Mit der Novelle des Universitätsgesetzes müssen Studienanfänger ab dem WS 2021/22 nun auch Mindeststudienleistungen erbringen.
Mit der Novelle des UG haben sich ÖVP und Grüne darauf geeinigt, dass Studierende eine gewisse Mindestanzahl an ECTS-Punkten pro Semester erreichen müssen. ECTS steht für European Credit Transfer and Accumulation System. Das Punktesystem wurde eingeführt, um die europäische Vergleichbarkeit von erbrachten Studienleistungen zu ermöglichen. Um einen ECTS-Punkt zu erzielen, muss umgerechnet eine Studienleistung von etwa 25 bis 30 Stunden erbracht werden.
Laut UG-Novelle sollen Studierende in Zukunft nun mindestens 24 ECTS in zwei Jahren erreichen. Das entspricht sechs ECTS pro Semester. Ursprünglich waren 16 ECTS pro Studienjahr geplant. Erreichen Studierende die Mindestleistung nicht, erlischt ihre Zulassung für das jeweilige Studium für zehn Jahre.
Ein Diplom im Fach Humanmedizin erfordert 360 ECTS-Punkte. Pro Semester müssen Studierende also eine Leistung von 30 ECTS erbringen, um ihr Studium während der Regelstudienzeit von sechs Jahren abzuschließen. Wer dagegen nur die nun geforderte Mindestleistung von 24 ECTS in zwei Jahren erbringt, braucht bis zum Studienabschluss 15 Jahre.
Bessere Planbarkeit des Studiums gewährleisten
Laut dem Eckpunkte-Papier soll die UG-Novelle die partnerschaftliche Beziehung von Studierenden und Universität fördern. Viele der weiteren Änderungen zielen daher darauf ab, die Planbarkeit des Studiums zu verbessern. Das soll Studierenden helfen, ihr Studium innerhalb der Regelzeit abschließen zu können. Eine höhere Prüfungsaktivität bedeutet gleichsam auch ein höheres Budget für die Hochschulen. Dieses höhere Budget soll wiederum den Studierenden zugute kommen.
Um eine bessere Planbarkeit zu gewährleisten, sieht die UG-Novelle einige organisatorische Änderungen vor. So soll das Studienjahr nun an allen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in gleicher Weise strukturiert werden. Termine, Art, Form und Ort der Lehr- und Prüfungsveranstaltungen müssen bereits vor Beginn des Semesters feststehen und im elektronischen Vorlesungsverzeichnis erfasst werden. An den Universitäten müssen Änderungen der Curricula innerhalb von sechs Monaten von einer vom Senat eingesetzten Kommission behandelt werden. Hochschulen sind nun zudem dazu verpflichtet, Studierende darüber zu informieren, was sie in einer Lehrveranstaltung oder Prüfung erwartet und wie viele Stunden sie dafür aufbringen müssen. Darüber hinaus soll auf eine angemessene Verteilung des Arbeitsaufwands geachtet werden.
“Learning Agreements”: Unterstützung gegen Studienleistung
Neu sind auch die sogenannten “Learning Agreements” für Studierende in fortgeschrittenen Studienphasen. Wer 100 ECTS erreicht hat, kann mit der Hochschule ein derartiges Agreement abschließen. Die Hochschule verpflichtet sich damit, im Gegenzug für Studienleistungen gewisse Unterstützungen zu erbringen. Diese können zum Beispiel darin bestehen, Studierende bevorzugt in Lehrveranstaltungen mit beschränkter Teilnehmerzahl aufzunehmen, ihnen einen Anspruch auf das Absolvieren von Prüfungen zu gewähren oder Studiengebühren rückzuerstatten.
Beweislastumkehr für die Anrechnung von ETCS-Punkten
Eine weitere Erleichterung für Studierende soll die Beweislastumkehr bei der Anrechnung von ECTS-Punkten darstellen. Anders als bisher müssen nun die Hochschulen nachweisen, warum an anderen Einrichtungen erbrachte Studienleistungen nicht anerkannt werden können. Studierende können sich dadurch positiv beurteilte Studienleistungen in unbegrenztem Ausmaß anrechnen lassen. Anrechenbar sind darüber hinaus berufliche und außerberufliche Qualifikationen bis zu einem Ausmaß von 90 ECTS.