Ein Herzklappenfehler ist ein ernstzunehmendes Risiko, das besonders bei Patienten und Patientinnen mit chronischer Herzschwäche bislang unterschätzt wurde. Eine neue Studie der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Universitätsklinik für Innere Medizin II von AKH Wien und MedUni Wien hat sich intensiv mit diesem Thema befasst und neue Kenntnisse hervorgebracht, insbesondere im Bereich der Mitralklappeninsuffizienz.
Welche Funktion hat die Mitralklappe?
Die Mitralklappe gehört mit der Aortenklappe zu den beiden Herzklappen der linken Herzhälfte. In der rechten Herzhälfte sind dies die Trikuspidalklappe sowie die Pulmonalklappe. Die Mitralklappe sorgt dafür, dass sauerstoffreiches Blut aus der Lunge durch den linken Vorhof in die linke Herzkammer gelangt. Gleichzeitig verhindert sie einen Rückstrom des Blutes über den Vorhof zurück in die Lunge. Über die Aortenklappe wird das Blut schließlich in die Hauptschlagader, die Aorta, gepumpt.
Die Herzklappen funktionieren also wie eine Art Ventil: durch ihre Öffnung und Schließung sorgen sie dafür, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Ist dieser Vorgang gestört, spricht man von einem Herzklappenfehler.
Herzklappenfehler: Insuffizienz und Stenose
Ein Herzklappenfehler liegt dann vor, wenn eine Herzklappe nicht mehr dicht schließt (Klappeninsuffizienz) oder sie verengt ist (Klappenstenose). Durch eine Verengung beginnt sich das Blut vor der Klappe zu stauen, wodurch das Herz mehr Kraft aufwenden muss, um es hinauszupumpen. Bein einer Insuffizienz, also einer undichten Herzklappe, fließt das Blut auch bei geschlossener Klappe dorthin zurück, wo weniger Druck herrscht.
Ein Herzklappenfehler führt langfristig oder auch akut zu einer Herzschwäche. Bei einer Mitralklappeninsuffizienz kommt es zusätzlich zu einer Belastung der Lunge aufgrund des Blutrückflusses. Zudem gelangt nicht mehr genug Blut in die anderen Organe, wodurch das Herz stärker arbeiten muss, um den Verlust auszugleichen. Dadurch vergrößert es sich, was zu einer Schwächung und letztendlich zu Herzrhythmusstörungen und Organschäden führt.
Nach der Aortenklappenstenose ist die Mitralklappeninsuffizienz der häufigste Herzklappenfehler, der operativ behandelt werden muss.
Symptome eines Herzklappenfehlers
Oftmals verlaufen Herzklappenfehler über einen langen Zeitraum ganz unbeschwert und werden deswegen zunächst nicht bemerkt. Wann die ersten Symptome schließlich auftreten hängt davon ab, wie schwer die Herzklappe in ihrer Funktion eingeschränkt ist. Meist kann das Herz einen Herzklappenfehler über einen gewissen Zeitraum ausgleichen, bis die Probleme jedoch langfristig zu einer Herzschwäche führen.
Bei den meisten Herzklappenfehlern sind die Symptome ähnlich. Meist macht sich ein Druck im Brustbereich bemerkbar, manchmal auch das Gefühl eingeengt zu sein. Häufig sind Müdigkeit und Erschöpfung Begleiterscheinungen der Herzschwäche.
Warnsignale für eine Mitralinsuffizienz sind neben Ermüdung und Kraftlosigkeit vor allem nachlassende Leistungsfähigkeit, Luftnot, Schmerzen im Brustbereich sowie Herzrhythmusstörungen.
Ultraschall gibt Aufschluss
Da Herzklappenfehler in sehr vielen Fällen symptomlos verlaufen können, werden sie oft eher zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt. In der Regel wird eine Diagnose mittels Ultraschalluntersuchung des Herzens (Eckokardiografie) gestellt. Dabei kann auch der Schweregrad des Herzklappenfehlers festgestellt werden. Um die Ursache herauszufinden wird üblicherweise zusätzlich eine Schluckultraschalluntersuchung durchgeführt, um eine klarere Darstellung des Herzens zu erhalten.
Ursachen für Herzklappenfehler
Für Herzklappenfehler gibt es unterschiedliche Ursachen, die zum Teil angeboren sein können. Die Aortenklappenstenose sowie die Pulmonalklappenstenose zählen dabei häufiger zu den angeborenen Herzklappenfehlern. Zu den Ursachen gehören meist genetische Veranlagungen sowie schädliche Einflüsse während der Schwangerschaft.
Ein erworbener Herzklappenfehler ist meist auf Verschleiß oder Verkalkung der Herzklappen zurückzuführen. Besonders mit zunehmendem Alter nehmen diese Risiken zu.
Spezialfall Mitralklappeninsuffizienz
Die häufigste Ursache für eine Mitralkappeninsuffizienz ist ein übermäßiges Wachstum der Mitralsegel sowie ein Abriss der dahinterliegenden Sehnenfäden. Hervorgerufen wird dies durch eine Bindegewebserkrankungen. Beim Pumpvorgang wölben sich die geschlossenen Mitralklappensegel zu weit in den linken Vorhof hinein und schließen dadurch nicht mehr dicht ab. Man spricht in diesem Fall auch von einem Mitralklappenprolaps, der zu den häufigsten Ursachen zählt.
Weitere mögliche Ursachen sind eine Verkalkung des Mitralklappenrings oder dessen Erweiterung aufgrund einer Vergrößerung der linken Herzklappe. Zudem kann ein Herzinfarkt zu einem Absterben des Papillarmuskels führen, was wiederum die Sehnenfäden und damit das korrekte Schließen der Mitralklappen beeinflusst.
Behandlung: Medikamente und OP
Die richtige Behandlung einer Mitralinsuffizienz ist vor allem abhängig von der Ursache. Es gibt medikamentöse Therapien sowie Operationsverfahren. Mit Hilfe von Medikamenten lassen sich allgemeine Beschwerden behandeln, die durch den Herzklappenfehler hervorgerufen wurden. So können gefäßerweiternde Medikamente hilfreich sein. Behandeln oder rückgängig machen lässt sich die Mitralinsuffizienz medikamentös allerdings nicht.
Operativ kann die Mitralinsuffizienz bei einer offenen Herz-OP behandelt werden. Hierbei wird der Brustkorb geöffnet und der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Mittlerweile gibt es jedoch auch modernere, minimal-invasive Verfahren. Die Korrektur der Mitralklappeninsuffizienz erfolgt dabei mit Hilfe einer Klammer, die die Segel der Mitralklappe zusammenhält. Eine weitere Möglichkeit ist ein Ring, der in den Klappenbereich eingesetzt wird. Kann man die Herzklappe nicht reparieren, muss man sie durch eine künstliche Klappe ersetzen.
Besondere Risiken bei chronischer Herzschwäche
Bislang galt die Mitralklappeninsuffizienz vor allem als eine Folge der Herzschwäche und wurde nicht als eigenständige Erkrankung angesehen, die sich unabhängig behandeln lässt. Neue Studienergebnisse zeigen jedoch, dass die Erkrankung gehäuft bei Patienten und Patientinnen mit chronischer Herzschwäche auftritt und für diese ein besonders hohes Risiko darstellt.
Die Studienergebnisse stammen aus der Arbeitsgruppe um Philipp Bartko und Georg Goliasch von der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Universitätsklinik für Innere Medizin II. Sie werteten dafür mehr als 13.000 Patientendaten aus und erkannte dadurch einen Zusammenhang zwischen der Patientensterblichkeit und der Mitralklappeninsuffizienz.
Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, dass die Mitralklappeninsuffizienz bei Patienten mit chronischer Herzschwäche keine vorangeschrittene Herzschwäche darstellt, sondern als eigene Erkrankung angesehen werden sollte. Die Mitralklappeninsuffizienz wirkt sich nämlich äußerst ungünstig auf die Langzeitprognosen der Patienten aus. Dementsprechend sollte man sie eigenständig behandeln.
Therapiemöglichkeiten bei Patienten mit chronischer Herzschwäche
Neue Operationsverfahren zur Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz sind vor allem für Patienten mit chronischer Herzschwäche sinnvoll. Denn eine große OP am offenen Herzen ist hier mit einem erhöhten Risiko verbunden. Mittlerweile gibt es schonende Therapiemöglichkeiten, die auch diesen Patienten eine Behandlung ermöglichen. Dies gilt nicht nur für die Mitralklappeninsuffizienz, sondern auch für die meisten anderen Herzklappenfehler.