Die Frage, wie tödlich das neuartige Coronavirus wirklich ist, diskutiert man seit Pandemiebeginn immer wieder. Nun liefern neue Zahlen aus 22 Ländern Antworten, wie es um die Sterblichkeit durch Sars-CoV-2 steht.
Sterblichkeit lässt Ausmaß der Pandemie erahnen
Anfang 2020 war der Begriff Übersterblichkeit (Exzess-Mortalität) nur in Fachkreisen bekannt. Heute ist auch die breite Öffentlichkeit mit dem Konzept vertraut. Es vergleicht die Sterblichkeit (Mortalität) während der Corona-Pandemie mit der Sterberate früherer Zeiträume. Diese sogenannte Übersterblichkeit hilft, das Ausmaß der Pandemie abzuschätzen. Eine der umfangreichsten Studien zum Thema Exzess-Mortalität präsentiert derzeit das COVID-19 Mortality (C-MOR) Konsortium, ein weltweites Netzwerk von 58 Forschungsinstitutionen auf sechs Kontinenten. Diesem gehört auch die MedUni Wien (Abteilung für Epidemiologie) an.
Die internationalen Forscherinnen und Forscher verglichen für 22 Länder, wie viele Menschen im Zeitraum zwischen Januar und August 2020 starben mit den Sterberaten der vergangenen fünf Jahre. Die Differenz erlaubt Rückschlüsse darauf, wie schwerwiegend der Pandemieverlauf im jeweiligen Land war.
Eine zusätzliche Variable, die im Rahmen der im „International Journal of Epidemiology“ veröffentlichten Studie untersucht wurde, waren die eingeführten staatlichen Restriktionsmaßnahmen. Außerdem zeigt die C-MOR-Studie die geschlechtsspezifische Übersterblichkeit.
Studie: Pandemiebedingte Sterberaten in 22 Ländern im Vergleich
Das Forscherteam konnte die 22 untersuchten Länder in drei Gruppen einteilen. In der ersten Gruppe finden sich Länder mit deutlich erhöhter Sterblichkeit von Januar bis August 2020. Dazu zählen Brasilien, England und Wales, Frankreich, Italien, Nordirland, Schottland, Spanien, Schweden sowie die USA. In Italien verursachten Männer die Übersterblichkeit.
Die Länder der zweiten Gruppe, namentlich Estland, Irland, Israel, Kap Verde, Kolumbien, Norwegen, Österreich, Slowenien, Ukraine und Zypern, waren von einer Sterberate betroffen, die nur leicht über den Todeszahlen im Vergleichszeitraum liegt. In Irland wurde die Exzess-Mortalität von Frauen getrieben, während in Israel und der Ukraine übermäßig viele Männer an der Virusinfektion verstarben.
Eine sogenannte Untersterblichkeit fanden die Forscherinnen und Forscher in drei Ländern: Australien, Dänemark und Georgien. Sie verbuchten in den Anfangsmonaten der Pandemie weniger Todesfälle als in diesen Monaten in den Jahren 2015 bis 2019.
Das Forscherteam verglich anschließend die ermittelten Sterberaten mit den eingeführten Restriktionsmaßnahmen. Die Studienautorinnen und Studienautoren führen die Exzess-Mortalität teilweise auf eine verzögerte Einführung strenger Restriktionsmaßnahmen zurück. Länder, die solche Maßnahmen frühzeitig eingeführt hatten, wiesen eine geringere Mortalität auf.
Aber das Fehlen einer Übersterblichkeit ließe sich neben strengen Maßnahmen auch auf die Saisonalität in den untersuchten Ländern zurückzuführen, schreibt das Forscherteam.