Rund acht Prozent der Menschen in Österreich leiden unter chronischer Schlaflosigkeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die unter Leitung des Schlafforschers Stefan Seidel und der Epidemiologin Eva Schernhammer an der MedUni Wien durchgeführt wurde. Weiterhin untersucht die Studie, wie viele Betroffene sich Hilfe suchen.
Mehr als 1.000 Personen zu ihrem Schlafverhalten befragt
Wer nachts schlecht schläft, fühlt sich tagsüber nicht nur abgeschlagen, sondern kann sich auch schlechter konzentrieren. Chronische Insomnie, die sich unter anderem durch Einschlafprobleme, langes Wachliegen, häufiges Aufwachen und eingeschränkte Leistungsfähigkeit während des Tages auszeichnet, ist in den Industrienationen weit verbreitet. Auf lange Sicht kann sie zu weitreichenden körperlichen und psychischen Problemen führen und dadurch auch hohe gesellschaftliche Kosten verursachen. Internationale Studien lassen darauf schließen, dass die Zahl der Betroffenen weltweit ansteigt. Genaue, aktuelle Daten aus Österreich fehlten jedoch bislang. Zehn Jahre nach der letzten Umfrage zum Schlafverhalten der österreichischen Bevölkerung aus dem Jahre 2007 haben Schlafforscher Seidel von der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Wien und Epidemiologin Schernhammer eine erneute Erhebung durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im September 2021 veröffentlicht.
Für die Studie haben die Autoren im Jahr 2017 das Schlafverhalten von 1.004 Personen, darunter 50,4 Prozent Frauen, online erfasst. Zum ersten Mal haben die Forscher der Befragung dabei die internationale Klassifikation von Schlafstörungen (ICSD-3) zugrunde gelegt und Schlafprobleme innerhalb einer engen und einer weiten Definition von Insomnie erfasst. Für die enge Definition musste die Tagesfunktion der Betroffenen „stark“ bis „sehr stark“ eingeschränkt sein, für die weit gefasste Definition „etwas“. Unter krankhafter Schlaflosigkeit gemäß eng gefasster Definition leiden demnach 7,8 Prozent der Befragten. Weitere 8,9 Prozent der Studienteilnehmer wiesen gemäß der weiter gefassten Definition chronische Schlaflosigkeitssymptome auf. Betroffene mit chronischer Insomnie zeigten zudem die höchsten Raten von Tagesmüdigkeit.
Schlaflosigkeit: Nur die Hälfte der Betroffenen sucht Hilfe
Obwohl es sich bei chronischer Schlaflosigkeit also um ein häufiges Problem handelt, suchen nur wenige Betroffene nach professioneller Hilfe. Unter den Studienteilnehmern mit chronischen Schlaflosigkeitssymptomen sind es lediglich 26 Prozent. Aus der Gruppe der von chronischer Insomnie Betroffenen berichtet immerhin mehr als die Hälfte (53 Prozent), aktiv nach Hilfe für ihre Schlafprobleme gesucht zu haben.
Für die Studienautoren sind die niedrigen Raten an Hilfesuchenden ein Signal dafür, mehr Aufmerksamkeit auf die Aufklärung von Patienten und die frühzeitige Behandlung von Insomnie zu richten. Das Verständnis, welche Betroffenen nach Hilfe suchen und welche keine Hilfsangebote in Anspruch nehmen, soll bei der Entwicklung von Forschungsvorhaben und Behandlungsmöglichkeiten helfen. An der MedUni Wien können sich Betroffene beispielsweise in einem neurologischen Schlaflabor und in einer Schlafambulanz betreuen lassen.