Eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus führt im menschlichen Körper zu einer einzigartigen Immunantwort, die sich von der Immunreaktion bei anderen Atemwegserkrankungen unterscheidet. Das hat ein interdisziplinäres Wiener Forscherteam in einer aktuellen Studie herausgefunden. Die Arbeit mit dem Titel „Identification of Immune Activation Markers in the Early Onset of COVID-19 Infection“ wurde Ende September 2021 im Magazin „Frontiers in Cellular and Infection Microbiology“ veröffentlicht.
Überreaktion als Immunantwort führt zu schwerem Krankheitsverlauf
Die Studie fand unter Leitung von Klaus Schmetterer und Robert Strassl vom Klinischen Institut für Labormedizin sowie Johannes Kovarik von der Universitätsklinik für Innere Medizin III an der MedUni Wien und des AKH Wien statt. Die Forschungsarbeit wurde durch den medizinisch-wissenschaftlichen Fonds des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gefördert.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu einer Überreaktion des Immunsystems führen kann, was in einigen Fällen einen schweren klinischen Krankheitsverlauf bis hin zum Multiorganversagen zur Folge hat. Die zugrundeliegenden Daten wurden jedoch erst während einer späten Phase des Krankheitsverlaufs und bei schwer erkrankten Patienten erhoben. Daher gaben die bisherigen Studien keinen Aufschluss darüber, wie das Immunsystem während der Frühphase einer COVID 19-Infektion reagiert.
Das interdisziplinäre Forscherteam aus Wien wollte diese Lücke schließen. An der Studie nahmen 34 Patienten und Patientinnen teil, die mit den typischen Symptomen einer von SARS-CoV-2 ausgelösten Atemwegsinfektion im Universitätsklinikum AKH Wien/MedUni Wien vorstellig geworden waren. Die Forscher wählten bewusst Probanden aus, bei denen der Symptombeginn maximal zwei Tage zurücklag und die keine bekannten Vorerkrankungen aufwiesen. Alle Patientinnen und Patienten testete man mittels PCR-Test auf COVID-19. Auf Basis dieser Tests teilte man sie in eine COVID-19-positive und eine COVID-19-negative Gruppe mit anderen Atemwegsinfektionen ein. Zum Vergleich nahm außerdem eine Gruppe von gesunden Probanden an der Studie teil. Insgesamt haben die Forscher 55 Plasmaproben auf Hinweise für eine spezifische Immunantwort untersucht.
Vier spezifische Botenstoffe identifiziert
Das Blutplasma der Probanden prüfte man im Labor auf 65 Immunmarker. Tatsächlich konnten die Forscher dabei vier Botenstoffe identifizieren, die während einer frühen Phase einer SARS-CoV-2-Infektion erhöht waren. Dabei handelt es sich konkret um die Botenstoffe BLC, sCD30, MCP-2 und IP-10. Bei einer Infektion mit einer anderen Atemwegserkrankung tritt eine vergleichbare Immunantwort nicht auf.
Durch ihre Studie haben die Wiener Forscher einen detaillierten Einblick in die immunologischen Abläufe einer SARS-CoV-2-Infektion gewonnen. Die Ergebnisse will man einerseits dafür nutzen, um Anhaltspunkte für neue therapeutische Ansätze zu liefern. Andererseits können sie auch Vergleichsparameter für weitere Studien bieten, etwa für die Untersuchung von chronischen Verlaufsformen wie Long COVID.