Fachärzte für Öffentliches Gesundheitswesen sind Experten für Gesundheit der Bevölkerung. Sie befassen sich mit der öffentlichen Gesundheitsförderung, der Prävention von Krankheiten und der Frage, wie die medizinische Versorgung langfristig sichergestellt werden kann. Wer in Österreich als Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen tätig werden möchte, muss zunächst eine medizinische Weiterbildung absolvieren. Hier gibt es Informationen zu Dauer, Gliederung und Inhalten der Facharztausbildung sowie zu den späteren Berufsaussichten.
Inhaltsverzeichnis
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen – Tätigkeiten und Zuständigkeitsgebiet
Demographischer Wandel, Ärztemangel vor allem in ländlichen Gebieten und fehlende Fachkräfte in der Pflege: Die medizinische Versorgung in Österreich steht vor zahlreichen Herausforderungen. Fachärzte für Öffentliches Gesundheitswesen nehmen sich diesen Herausforderungen an. Ihre Tätigkeit verknüpft die Medizin mit verwandten Bereichen wie der Soziologie und der Ökonomie.
Das Öffentliche Gesundheitswesen, auf Englisch als Public Health bezeichnet, ist ein noch recht junger Teilbereich der Medizin. Er befasst sich nicht mit der Gesundheit des Einzelnen, vielmehr steht der Gesundheitsschutz der gesamten Population im Fokus. Fachärzte für Public Health beobachten den Gesundheitszustand der Bevölkerung und kümmern sich darum, die Bevölkerung gesund zu halten. Wichtig ist ihre Arbeit zum Beispiel im Falle einer Epidemie: Sie beobachten die Verbreitung der jeweiligen Krankheit und treffen Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation. Sie gehen der Frage nach, wie die Krankheiten entstehen, welche Bevölkerungsgruppen sie betreffen und welche sozialen und psychischen Auswirkungen mit dem epidemischen Geschehen einhergehen.
Fachärzte für Public Health werden aber nicht nur in Krisenzeiten tätig: Sie beraten Politik und Gesundheitseinrichtungen auch außerhalb von Epidemien zu Fragen der Gesundheitsförderung. Sie erfassen zum Beispiel gesundheitlich relevante Bevölkerungsdaten und werten diese mit statistischen Methoden aus. Auf diese Weise erstellen sie Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der öffentlichen Gesundheit und den möglichen Auswirkungen auf das österreichische Gesundheitssystem. So untersuchen Fachärzte für Public Health etwa, wie die medizinische Versorgung für eine stetig alternde Gesellschaft sichergestellt werden kann. Außerdem analysieren sie, wie verschiedene Umweltfaktoren, etwa der Klimawandel, die öffentliche Gesundheit beeinflussen und wie Politik und Gesundheitseinrichtungen darauf reagieren können.
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen – Die Weiterbildung im Überblick
Die Weiterbildung im Bereich Öffentliches Gesundheitswesen schließt an das abgeschlossene Medizinstudium an. Sie dauert mindestens sechs Jahre und endet mit der Facharztprüfung.
Ziele
Die Weiterbildung zum Facharzt verfolgt stets das Ziel, Ärzten und Ärztinnen die Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vermitteln, die sie für eine selbständige Ausübung ihres Berufs benötigen. Das gilt auch für die Weiterbildung zum Facharzt für Public Health. Die Auszubildenden sollen neben medizinischem Wissen auch die nötigen Fähigkeiten erhalten, die sie zur Arbeit im öffentlichen Gesundheitssektor befähigen. Darüber hinaus sollen die angehenden Fachärzte kommunikative Kompetenzen erwerben, um Patienten unabhängig von Geschlecht und Alter bestmöglich beraten zu können.
Dauer und Gliederung
Die Weiterbildung zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen gliedert sich wie folgt:
- 9 Monate Basisausbildung
- 36 Monate Sonderfach-Grundausbildung
- 27 Monate Sonderfach-Schwerpunktausbildung
Die Sonderfach-Schwerpunktausbildung gliedert sich ihrerseits in sechs fachspezifische Module und ein wissenschaftliches Modul. Aus diesen Modulen wählen die angehenden Fachärzte drei aus.
Die Ausbildung folgt einem verbindlichen Ausbildungsplan, der den Turnusärzten vom Träger ihrer Ausbildungsstätte vorgelegt wird. Abweichungen vom Ausbildungsplan müssen begründet werden. Nachweise über erfolgreich abgeschlossene Studienabschnitte werden in Form von Rasterzeugnissen erbracht.
Inhalte
Als Experten für die Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Gesellschaft benötigen Fachärzte für Public Health nicht nur medizinisches Wissen. Die Weiterbildung im Bereich Öffentliches Gesundheitswesen vermittelt daher insbesondere Kenntnisse über die Struktur und Organisation des öffentlichen Gesundheitssystems in Österreich. Weiterhin umfasst die Sonderfach-Grundausbildung folgende Inhalte:
- Maßgebliche Gesetze des öffentlichen Gesundheitswesens in den Tätigkeitsfeldern, z. B. Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KaKuG), Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), Suchtmittelgesetz (SMG), Epidemiegesetz, …
- Verfahren, Normen und Standards der öffentlichen Gesundheitssicherung und Gesundheitsverwaltung (z. B. SMG)
- Qualitätsmanagement zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung und Verbesserung des Gesundheitsschutzniveaus
- Priorisierung, Initiierung, Koordination und Evaluation von Strategien und Maßnahmen zur Krankheitsvorbeugung, Gesunderhaltung
- Priorisierung, Initiierung, Koordination und Evaluation von Strategien von Gesundheitsförderung und Bevölkerungsgruppen
- Statistik
- Gesundheitsindikatoren und Gesundheitsberichterstattung
- Grundzüge der Epidemiologie
- Internationale Rahmenvorgaben (z. B. Health in All Policies)
- Supranationale, nationale und regionale Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramme
- Gesundheitsdeterminanten und soziale Determinanten sowie die Möglichkeiten für deren Beeinflussung
- Theorien und Ansätze zur Verhaltens- sowie Verhältnismodifikation unter besonderer Berücksichtigung der Gesundheitsförderung
- Entwicklung und Bedeutung von Gesundheitszielen
- Finanzierungssysteme des Gesundheitswesens
- Analyse-, Planungs-, Bewertungsmethoden
- Nahtstellen zu anderen Bereichen, insbesondere zum Sozialbereich
- Hygienisches Qualitätsmanagement
- Surveillance und Durchführung von Maßnahmen zur Reduktion übertragbarer Erkrankungen bei einzelnen und in definierten Bevölkerungsgruppen
- Risikoanalyse, Bewertung, Kommunikation und Management infektiöser Erkrankungen und umweltbedingter gesundheitlicher Belastungen und Schädigungen
- Strukturen des Impfwesens inkl. österreichischer Impfplan
- Grundzüge der Katastrophenmedizin (Katastrophen- und Notfallpläne)
- Untersuchungsverfahren der Umweltmedizin
- Umweltmedizinische Regelwerke (z. B. WHO-Guidelines)
- Umweltmedizinische Frage- und Problemstellungen
- Kenntnis der Bedeutung von Ethik im (öffentlichen) Gesundheitswesen, in der Gesundheitsförderung und Prävention
- Bedeutung geschlechterspezifischer Aspekte in den jeweiligen Aufgabenfeldern
- Bedeutung des Sachverständigengutachtens (personenbezogen und nicht-personenbezogen) in Behördenverfahren, Rolle und Pflichten des Sachverständigen
- Charakteristika des bevölkerungsmedizinischen Zugangs und Verantwortung für die öffentliche Gesundheit
- Evaluationsmethoden wie z. B. Gesundheitsfolgenabschätzung, Health Technology Assessment
- Kenntnisse angrenzender Fachgebiete im Zusammenhang mit Public Health
- Einschlägige Rechtsvorschriften für die Ausübung des ärztlichen Berufes, insbesondere betreffend das Sozial-, Fürsorge- und Gesundheitswesen einschließlich entsprechender Institutionenkunde des österreichischen Gesundheitswesens und des Sozialversicherungssystems
- Grundlagen der Dokumentation und Arzthaftung
- Grundlagen der multidisziplinären Koordination und Kooperation, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen und Möglichkeiten der Rehabilitation
- Gesundheitsökonomische Auswirkungen ärztlichen Handelns
- Ethik ärztlichen Handelns
- Verfahren, Normen und Standards der öffentlichen Gesundheitssicherung und Gesundheitsverwaltung
- Erstellung von Gesundheitsberichten
- Beratung von Einrichtungen, Institutionen bei der Gesundheitssicherung und beim Gesundheitsschutz
- Erkennung und Analyse zur Infektionsverhütung und -bekämpfung
- Beurteilen der Auswirkungen von Gesundheitsbeeinträchtigung und Gefahren
- Erstellen von Krisen- und Katastrophenplänen, z. B. Pandemie-, Hitzeschutz-, Strahlenalarmplan
- Analyse von Statistiken, Gesundheitsindikatoren und epidemiologischen Berichten
- Anwendung ethischer Prinzipien bei der Arbeit im Gesundheitswesen und in der Gesundheitsförderung/ Prävention
- Berücksichtigung geschlechterspezifischer Aspekte in den jeweiligen Aufgabenfeldern
Sonderfach-Schwerpunktausbildung
Während der Sonderfach-Schwerpunktausbildung vertiefen die angehenden Fachmediziner ihr Wissen in drei von sieben Modulen. Dabei können sie aus den folgenden 6 sowie einem Wissenschaftsmodul wählen, ein für alle Facharztausbildungen gleichartiges Modul zur Qualifizierung für eine wissenschaftliche Tätigkeit.
Modul 1: Qualitätssicherung im Gesundheitswesen und in Einrichtungen, von denen Gefahren für die Gesundheit ausgehen können
- Kenntnisse von Evaluationsmethoden
- Kenntnisse über Verfahren, Normen und Standards der öffentlichen Gesundheitssicherung
- Umsetzung und Sicherstellung der bevölkerungsbezogenen, rechtlichen und fachlichen Normen der Gesundheitssicherung
- Grundlagen von Arzneimittelzulassungsverfahren, Arzneimittelsicherheit, Lebensmittelsicherheit
- Medizinische Beratung von Einrichtungen und Institutionen
Modul 2: Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung
- Epidemiologische Methoden zu spezifischen Fragestellungen (von Fragestellung bis Auswahl der Methode, Studienplanung, Auswertung, Bewertung der Ergebnisse, Präsentation der Ergebnisse, Einbringen in die Praxis)
- Decision making im Gesundheitsbereich
- Versorgungsforschung
- Finanzierungsmodelle im Gesundheitsbereich und Gesundheitsökonomie
- Health in All Policies, Health Impact Assessment (Gesundheitsfolgenabschätzung)
- Ethik und Evidenz legistischer Maßnahmen im Gesundheitsbereich
- Aufarbeitung datengestützter Schlussfolgerungen und Erkenntnisse
- Formulierung von Aufträgen für Gesundheitsberichterstattung
- Durchführung von Situationsanalysen und Entwicklung von Szenarien
- Stärken-/Schwächenanalysen von Versorgungs- und Organisationsstrukturen, Durchführung von Organisationsmechanismen und Erstellung von Vorschlägen zur Weiterentwicklung im Rahmen gegebener (Gesundheits-)Zielsetzungen
Modul 3: Gesundheitsförderung und Krankheitsvermeidung
- Grundlagen der Evidence based Health Policy in Prävention und Gesundheitsförderung
- Managementmethoden für bevölkerungsbezogene Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramme
- Bereiche wie z. B. Health Literacy, kulturelle, ethnische Aspekte für die Implementierung von bevölkerungsbezogenen Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogrammen, Konzepte zur Selbsthilfe und Partizipation
- Gesundheitsfolgenabschätzung (Health Impact Assessment)
- Evaluationskriterien und Messinstrumente für Präventionsprogramme
- Screenings und vorsorgemedizinische Programme
- Gesundheitsförderung und Prävention für spezifische Populationen
- Entwicklung spezifischer Qualitätsindikatoren und Anwendung geeigneter Messinstrumente
- Erstellen von Präventionskonzepten (inkl. Bedarfserhebung und Umfeldanalyse)
- Kommunikation der Auswirkungen von Strategien und Aktivitäten diverser Politikbereiche auf die Bevölkerungsgesundheit
- Entwicklung bedarfsorientierter Umsetzungsstrategien entsprechend (inter-)nationaler Impfvorgaben
- Social Marketing im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention
Modul 4: Infektionsschutz
- Mikrobiologie im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten
- Risikobeurteilung und Abwägung bei der Erstellung von Standards zwischen unterschiedlichen öffentlichen Interessen
- Surveillancesysteme
- Beurteilung und Umsetzung öffentlicher Impfempfehlungen
Modul 5: Behördliches Krisenmanagement
- Ressourcen (personell, finanziell, technisch, strukturell) für das (gesamte) Krisen- und Katastrophenmanagement
- Bedrohungs- und Gefährdungsquellen
- Erfahrung medizinischer Problemstellungen im Rahmen des Krisenmanagements, Darstellung der notwendigen Maßnahmen und Ansprechen der Querschnittsbereiche/Schnittstellen mit der Zielsetzung einer besseren Abstimmung
- Mitwirkung an der Erstellung von Katastrophen-/Krisenplänen und Checklisten
- Mitentwicklung von Szenarien, um Organisationen und/oder Einrichtungen von einem „Normalbetrieb“ in einen „Krisenbetrieb“ überzuführen
Modul 6: Umweltmedizin
- Kenntnisse und Risikobewertung physikalischer, chemischer oder biogener Einflussfaktoren auf die Gesundheit
- Luft- und Strahlungsmessnetzwerke sowie Boden- und Gewässeranalytik
- Spezifika umweltrechtlicher Verfahren (z. B. UVP)
- Grundlagen des Health Impact Assessment (HIA)
- Umweltmedizinische Verfahren (z. B. UVP/SUP, diverse Großprojekte)
- Umweltmedizinische Risikobewertung
- Nicht-medizinische Befunde im Kontext medizinischer Fragestellungen
- Umweltmediation
Facharztprüfung Öffentliches Gesundheitswesen
Die Ausbildung zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen schließt mit einer mündlichen Prüfung ab. Die Prüfungstermine werden durch die Österreichische Akademie der Ärzte festgelegt und bekannt gegeben.
Die Prüfung erfolgt in mündlich strukturierter Form, das bedeutet, Fragen und erwartete Antworten sind im Vorhinein festgelegt und werden für alle Kandidaten nach dem gleichen Gewichtungsschlüssel bewertet. Die Prüfung dauert für jeden Kandidaten etwa zwei Stunden. Innerhalb dieser Zeit beantworten die Prüflinge Fragen zu acht Fallvignetten und müssen dabei Kenntnisse aus ihren Schlüsselkompetenzen unter Beweis stellen. Um zu bestehen, sind 75 Prozent der Gesamtpunktzahl zu erreichen. Das Ergebnis wird den Kandidaten, sofern möglich, nach der Prüfung mündlich mitgeteilt. Innerhalb von acht Wochen nach dem Prüfungstermin erhalten sie es in schriftlicher Form.
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen – Gehalt
Nach der erfolgreich abgeschlossenen Prüfung dürfen Mediziner den Titel als Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen tragen und können sich nach einem Job in diesem Bereich umsehen. Da die Berufsmöglichkeiten im Bereich Public Health äußerst vielseitig sind, ist das durchschnittliche Gehalt schwer festzulegen. Beeinflusst wird der Verdienst unter anderem durch Faktoren wie Branche, Region und Berufserfahrung. Im Mittel liegt das Bruttogehalt zum Berufseinstieg zwischen 3.690 und 4.840 Euro.
Jobs als Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen
Fachärzte für Public Health arbeiten häufig im Gesundheitsamt oder in anderen Institutionen des österreichischen Gesundheitswesens, zum Beispiel in der Gesundheitsverwaltung der Länder oder in Landes- und Bundesministerien. Weitere Jobs finden sich in Forschung und Lehre, unter anderem an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen. Fachärzte für Public Health können aber auch in der Wirtschaft tätig werden und beispielsweise Unternehmen bei der betrieblichen Gesundheitsförderung beraten.
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