Cannabis und Kokain: Das sind die Drogen, die man in Österreich vorrangig konsumiert. Das geht aus der jährlichen Abwasseranalyse hervor, die das Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck (GMI) seit 2016 durchführt. Das Abwasser-Monitoring zeigt weiterhin, dass der Crystal Meth-Konsum stark zugenommen hat.
Abwasseranalyse erlaubt Rückschlüsse auf den Konsum von Drogen
Das GMI gehört zum europaweiten Netzwerk SCORE, das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) jährlich die Menge verbotener Substanzen im Abwasser verschiedener europäischer Städte untersucht. Das GMI beteiligt sich seit 2016 mit dem Abwasser-Monitoring für Österreich.
Für das aktuelle Monitoring wurden insgesamt Abwässer aus 110 Kläranlagen in 90 europäischen Städten und Regionen analysiert, darunter neun österreichische und eine Südtiroler Kläranlage, in denen die Abwässer von 118 Gemeinden zusammenfließen. Im Sommer 2021 wurden über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg Proben aus den Zuflüssen der Kläranlage entnommen.
Die Untersuchungsergebnisse lassen Rückschlüsse auf den Drogenkonsum von fast einer Million Österreicherinnen und Österreicher zu. Im Fokus der Analyse standen die Wirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) aus Cannabis, Kokain, Amphetamin, 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA) aus Ecstasy und der in Crystal Meth enthaltene Stoff Methamphetamin. Ebenso wurden die Abwässer auf Alkohol und Nikotin untersucht.
Drogen: Cannabis und Kokain dominieren
Welche Drogen nehmen nun die Österreicherinnen und Österreicher vorrangig zu sich? Wie die Analyseergebnisse zeigen, trinkt jeder Einwohner und jede Einwohnerinnen der zehn untersuchten Regionen im Durchschnitt ein Glas Wein pro Tag, raucht drei Zigaretten sowie 0,06 Joints und konsumiert rund ein Milligramm aufputschender Drogen. Im Vergleich aller durch das SCORE-Netzwerk überwachten Regionen liegen Österreich und Südtirol damit bestenfalls im Mittelfeld.
Die vorherrschende Droge in fast allen untersuchten österreichischen Regionen ist Cannabis. Unter den Stimulanzien führt Kokain die Rangliste an.
Regionale Unterschiede im Drogenkonsum
Die Ergebnisse der Abwasseranalyse machen es möglich, den Drogenkonsum in den verschiedenen österreichischen Regionen miteinander zu vergleichen. Dabei fällt auf, dass der Pro-Kopf-Konsum an Alkohol und Nikotin sich relativ gleichmäßig über das Bundesgebiet hinweg verteilt. Bei den illegalen Drogen ergibt sich ein anderes Bild.
Der THC-Konsum fällt so im städtischen Raum höher aus als in ländlichen Gebieten. Beim Kokain-Konsum zeigt sich ein deutliches Ost-West-Gefälle: Im Westen Österreichs sowie in Südtirol wird wesentlich mehr des aufputschenden Mittels konsumiert als im Osten. Den höchsten Verbrauch weisen die Regionen Bozen und Kufstein auf. Die Wirkstoffe Amphetamin (Speed) und Methamphetamin (Crystal Meth) wurden dagegen vor allem in den Abwässern aus dem Osten Österreichs gefunden, speziell in Graz. Den Studienautoren zufolge ist diese Ost-West-Verteilung nicht auf Österreich beschränkt, sondern lässt sich in ganz Europa beobachten.
Der Vergleich der Landeshauptstädte Bozen und Innsbruck zeigt, welche Wirkstoffe im Norden und Süden des Landes konsumiert werden. In Bozen ist demnach der Pro-Kopf-Verbrauch an Alkohol, Nikotin, Cannabis, MDMA und Amphetamin geringer als in Innsbruck, dort nehmen die Menschen dagegen mehr Kokain zu sich.
Ausgehend von den Analyseergebnissen scheinen die Einwohner und Einwohnerinnen Südtirols insgesamt weniger Sucht- und Genussmittel zu konsumieren als Menschen in Österreich.
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Drogenkonsum
Aus der Abwasseranalyse lässt sich auch ableiten, wie sich die Corona-Pandemie auf den Drogenkonsum in Österreich ausgewirkt hat. Der Vergleich mit den Studienergebnissen aus 2019 und 2020 lässt auf Veränderungen im Konsumverhalten schließen. So gibt es zwar regionale Unterschiede, insgesamt sei der Konsum von Partydrogen allerdings deutlich zurückgegangen. Das lässt sich insbesondere bei Ecstasy beobachten: Für den Wirkstoff MDMA verzeichnen die Studienautoren einen Rückgang von 50 Prozent. Der Kokain-Konsum und Cannabis-Konsum sind jeweils um zehn Prozent zurückgegangen. Der Speed-Konsum hat sich dagegen um 30 Prozent gesteigert. Beim Crystal Meth-Konsum verzeichnen die Forscher gar eine Zunahme um 130 Prozent. Der Konsum dieser beiden Drogen befindet sich insgesamt noch auf einem niedrigen Niveau, die Autoren raten jedoch dazu, die Entwicklung für zukünftige Präventionsmaßnahmen zu berücksichtigen.
Studie liefert wichtige Hinweise für Trends im Bereich der öffentlichen Gesundheit
Die Ergebnisse werden von der EMCDDA in ihrem jährlichen europäischen Drogenbericht veröffentlicht und sollen politischen Verantwortlichen als Entscheidungshilfe für eine nachhaltige Drogenpolitik dienen.
Das GMI betrachtet die jährliche Studie als wichtiges Instrument, um Trends für die öffentliche Gesundheit in Österreich zu erkennen. Die Abwässer werden zwar noch nicht flächendeckend für ganz Österreich untersucht, die erhobenen Daten ergeben den Autoren zufolge dennoch ein aussagekräftiges Bild über den Sucht- und Genussmittelverbrauch. Hinsichtlich des Alkohol- und Nikotinkonsums decken sich die Ergebnisse der Abwasseranalyse beispielsweise mit den Kennzahlen aus der Österreichischen Gesundheitsbefragung 2019.