Wer sich für den MedAT anmeldet, weiß, dass dem schulischen Vorwissen aus den Naturwissenschaften eine große Rolle zukommt. 94 Aufgaben muss man dazu innerhalb von 75 Minuten lösen. Das Thema „Social Skills“ war bisher auf wenige Fragen begrenzt. Ab dem Jahr 2023 soll sich das ändern. Dann soll der österreichweite Aufnahmetest zum Medizinstudium an den öffentlichen Medizin-Unis auch die sozialen Kompetenzen stärker abfragen.
Anspruchsvolles Aufnahmeverfahren: Rund 12.000 Bewerber/innen auf 1.850 Plätze
Jedes Jahr im Sommer stellen sich Tausende junger Menschen einer Herausforderung: dem stundenlangen Aufnahmetest für Human- und Zahnmedizin. Seit dem Jahr 2013 gibt es dieses Aufnahmeverfahren. Abgefragt werden bei beiden Tests (MedAT-H und MedAT-Z) Oberstufenwissen aus den Fächern Biologie, Chemie, Physik und Mathematik sowie kognitive Fähigkeiten (darunter Merkfähigkeit, Zahlenfolgen). Bewerber/innen für Zahnmedizin müssen zusätzlich manuelle Fähigkeiten unter Beweis stellen und angehende Humanmediziner/innen Textverständnis beweisen. In den Jahren 2015 und 2017 wurde der Test in zwei Schritten um die Testblöcke „Emotionen erkennen“ und „Soziales Entscheiden“ (beim MedAT-H) beziehungsweise „Sozial-emotionale Kompetenzen“ (beim MedAT-Z) ergänzt. Ab 2023 sollen „Social Skills“ noch stärker im Fokus stehen.
Geplante Änderungen am MedAT ab 2023
Geplant ist, ab nächstem Jahr die Fähigkeit zum Erkennen von Emotionen intensiver zu prüfen. Dafür werden die Aufgaben verdoppelt. Bisher galt es, zehn Aufgaben zu lösen, bei denen kurze Situationsbeschreibungen dahingehend einzuschätzen waren, wie sich die Personen in den beschriebenen Situationen wahrscheinlich fühlen.
Außerdem soll ein neuartiges psychometrisches Testverfahren ab Juli 2023 Anwendung finden, das die Empathiefähigkeit auslotet. Dabei sollen Bewerber/innen beurteilen, wie Personen in einer beschriebenen Situation wahrscheinlich reagieren werden. Die neuen Testteile seien evidenzbasiert.
Bei der Gewichtung halten sich die verschiedenen Testblöcke bisher die Waage. Ein Testblock mit zehn Fragen zähle bisher fünf Prozent, heißt es. Daran soll sich laut Uni-Vertretern, die derzeit an der Überarbeitung des Aufnahmetests arbeiten, auch zukünftig nichts ändern. Aktuell läuft aber noch die Feinabstimmung mit dem Bildungsministerium. Die endgültigen Inhalte des MedAT für 2023 sollen bis Ende des Jahres stehen und per Verordnung durch die Medizin-Unis beschlossen sein.
Änderung beim Medizin-Aufnahmetest: Konsens oder Kritik?
Der MedAT wird grundsätzlich jedes Jahr evaluiert und angepasst. Das soll garantieren, dass Fehlentwicklungen schnell erkannt und behoben werden, unvorhergesehene Herausforderungen adressiert und neue Erkenntnisse zügig implementiert werden können.
Bestimmend für die jährliche Gestaltung sind die Leistungsvereinbarungen zwischen den öffentlichen Medizin-Unis und dem Bildungsministerium. Alle zwei Jahre werden neue Leistungsvereinbarungen erarbeitet. Für die Jahre 2022 bis 2024 sehen diese Leistungsvereinbarungen eine stärkere Berücksichtigung sozialer Kompetenzen beim Aufnahmeverfahren vor.
Debatten um die Zulassung zum Medizin-Studium sind in Österreich nicht neu. Bisher standen allerdings die verfügbaren Studienplätze im Zentrum der Diskussion. Vor allem als 2021 rund 18.000 Bewerber/innen am MedAT teilnehmen wollten, waren die Forderungen nach einer Erhöhung der Studienplätze laut. Diesmal dreht sich die Debatte um inhaltliche Fragen.
Stein des Anstoßes war die Forderung, den Aufnahmetest durch ein einjähriges Pflegepraktikum zu ersetzen. Sie kam von Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Theoretisch ließe sich argumentieren, dass ein solches verpflichtendes Pflegepraktikum die angespannte Situation in der Pflege entlasten könnte. In der Praxis gäbe es allerdings mehrere Hürden, die dagegensprechen.
Zum einen ist es eine Frage sozialer Gerechtigkeit, denn vor allem Bewerber/innen aus schwächeren sozioökonomischen Schichten könnten es schwer bis unmöglich finden, ein Jahr lang ein un- oder wenig bezahltes Praktikum zu absolvieren. Zum anderen würden Tausende Praktikanten/-innen die Pflege strapazieren. Elisabeth Potzmann vom Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband betont, dass die Pflege kein „Durchlaufposten“, sondern ein qualifizierter Beruf sei. Die Ärztekammer winkte den Vorschlag von Herrn Kerbl schnell ab. Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer, verlangte jedoch eine stärkere Einbeziehung empathischer Fähigkeiten in den Aufnahmetest. Auch weitere Akteure aus der Politik wie etwa Peter Hacker (SPÖ) und Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) klinkten sich mit eigenen Vorschlägen in die Diskussion ein.
Die breite Diskussion in der Politik bezüglich des Aufnahmeverfahrens zum Medizinstudium hat die Verantwortlichen für Evaluierung und Anpassung des MedAT an den Medizin-Unis überrascht. Schließlich habe die Erfahrung seit Einführung des Aufnahmetests gezeigt, dass er wirkt. Ehe es den MedAT gab, lag die Erfolgsrate der Studienwerber/innen bei etwa 50 Prozent. Heute liegt sie bei über 90 Prozent.