Die Gesundheitsstatistik zeigt entgegen der Wahrnehmung der österreichischen Bevölkerung, dass die Anzahl an Ärzten/-innen kontinuierlich steigt. Der Eindruck eines Ärztemangels hat seine Gründe und ist, realistisch betrachtet, keine Täuschung. Dazu ist der Blick auf die Statistik Austria mit den erhobenen Daten ab 1990 in Kombination mit der tatsächlichen Situation erforderlich.
Zahlen und Fakten
Laut Statistika Austria ist die Anzahl an Medizinstudierenden und Ärzten/-innen zwischen 1990 und 2021 um das Doppelte gestiegen. Ein Anstieg von 19,9 Prozent ist zwischen 2011 und 2021 zu erkennen. Die Datenerhebung 2021 ergab somit eine Erhöhung von knapp einem Fünftel auf eine Gesamtsumme von 47.800 Ärzten/-innen, die zu dem Zeitpunkt in Österreich tätig waren.
Zusätzlich wurde eine Steigerung generell im stationären Gesundheitswesen ermittelt. 26.040 Ärzte/-innen waren zusammen mit 96.644 nicht-medizinischen Kollegen in den österreichischen Spitälern beschäftigt. Das macht eine Steigerung von 13,2 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich aus, wovon allein 61.204 Gesundheitswesen-Mitarbeiter/innen im stationären Bereich auf diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekräfte fallen (10,1 Prozent mehr als im Jahr 2011). In der Ärzteschaft beträgt die Steigerung in den stationären Einrichtungen seit 2011 rund ein Siebtel. Damit erreicht Österreich den besten Stand an Ärzten/-innen im Verhältnis zu der Einwohnerzahl innerhalb Europas. Pro 100.000 Einwohnern lag 2021 die Arztdichte bei 542,4. Das nächstplatzierte EU-Land liegt mit einer Arztdichte von 497 deutlich darunter.
Gesundheitsstatistik jeweiliger Ausbildungen
In Hinblick auf den Ausbildungsstand der österreichischen Ärzteschaft geht aus der Statistik Austria hervor, dass 2021 sich 16,9 Prozent noch in der Ausbildung befanden. Im Studienjahr 2020/21 wurden 55.615 Studenten/-innen gezählt. Davon waren 15.380 als Medizinstudierende registriert, von denen sich 2.630 am Studienanfang befanden und 1.702 ihr Studium absolvierten. Insgesamt 40.235 Auszubildende waren 2020/21 nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen zuzuordnen.
Lediglich 27,3 Prozent der Ärzte/-innen waren in der Allgemeinmedizin tätig, während die Mehrheit mit 55,8 Prozent eine abgeschlossene Facharztausbildung besaß.
Gesundheitsstatistik stationärer Aufenthalte
Neben personalen Statistiken im Gesundheitswesen spielen auch die stationären Aufenthalte eine Rolle in der Gesamtsituation des Gesundheitswesens. Hier wurden im Jahr 2021 61.927 Betten für stationäre Aufenthalte errechnet, die sich auf 264 Spitäler in ganz Österreich verteilen. Laut Statistika Österreich ergab sich eine fünfprozentige Erhöhung von stationären Patientenaufnahmen. Allerdings sanken der Versorgungsaufwand sowie die Akutbehandlungen in den Spitälern von 17,6 auf 13,6 beziehungsweise von 17,2 auf 13,6 Prozent. Circa ein Sechstel fielen aus der letzteren Kategorie auf tagesklinische Aufenthalte in Akut-Spitälern. Die restlichen Patienten/-innen wurden dem längerfristigen stationären Versorgungsbereich zugeordnet.
Österreichische Ärztekammer 2022
Neue Zahlen der Statistika Austria liegen derzeit noch nicht vor, sehr wohl aber der österreichischen Ärztekammer. Diese verzeichnet laut ihrer Angaben keinen Rückgang approbierte Ärzte/-innen auf, was den relativ hohen Zahlen an Nachwuchs-Medizinern/-innen zum Ausgleich für Ärzte/-innen mit Renteneintritt geschuldet ist.
Nach den neusten Zahlen mit Stichtag 31.12.2022 liegt die Gesamtzahl aller praktizierender Ärzte/-innen weiterhin bei 47.800. Unter den 11.394 Allgemeinmedizinern/-innen sind mehrheitlich Frauen tätig, während unter den 22.101 Fachärzten/-innen überwiegend Männer zu finden sind.
Auf einem guten Weg
Unberechtigt sind die Wahrnehmungen der österreichischen Bevölkerung in Hinblick auf einen Ärztemangel nicht, denn dieser wird auch von der Ärztekammer erwähnt. Der Arbeitsrechtsexperte Lukas Stärker ist gleichzeitig auch Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer und warnt vor voreiligen Rückschlüssen aufgrund steigender Statistikzahlen von Ärzten/-innen sowie anderen Mitarbeitern/-innen im Gesundheitswesen.
In den Statistiken findet ihm zufolge keine öffentliche Berücksichtigung von Voll- und Teilzeitäquivalenten Platz. Gemäß diesen Fakten reduziere sich laut Stärker die Arzt-Anzahl in Österreich von aktuell 47.800 auf lediglich 40.400 Medizinern/-innen, die in Vollzeit arbeiten. Die restlichen 7.400 Ärzte/-innen sind in Teilzeit nur stundenweise tätig. Ebenfalls erfreut sich die wechselnde Tätigkeit zwischen Ordination und Spital zunehmender Beliebtheit, was ebenfalls zu einer Senkung der ärztlichen Verfügbarkeit in Arztpraxen und/oder Spitälern führt und deshalb die statistischen Zahlen nicht ganz der Realität entsprächen, sagt Lukas Stärker.
Aufgrund der Daten der Gesundheitsstatistik sei eine „Entwarnung“ verfrüht. Zu beachten sei, dass zum jetzigen Zeitpunkt allein unter den 22.121 niedergelassenen Ärzten/-innen 3.962 ein Alter zwischen 55 und 60 Jahren aufweisen. Laut Stärker betrifft es bundesweit insgesamt 15.400 Ärzte/-innen über 55 Jahre, die in den nächsten zehn Jahren in das Rentenalter eintreten und wegfallen könnten. In Kombination mit der stetig älter werdenden Bevölkerung erfordert dies einen weiteren, kontinuierlichen Anstieg von Ärzten/-innen in Österreich, wenngleich die Gesundheitsstatistik verdeutlicht, dass das Land bereits auf einem guten Wege ist. Optimierungen der Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Faktor, um das Berufsfeld insgesamt interessanter für den Nachwuchs und beliebter unter den praktizierenden Ärzten/-innen zu gestalten.