Wahlärztinnen und -ärzten soll in Zukunft die Pflicht zukommen, einen Teil ihrer Patientinnen und Patienten zu Kassentarif zu behandeln. So sehen es zumindest die Pläne des SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler vor. Ein „Behandlungssicherungsgesetz“ soll Patienten garantieren, innerhalb von 14 Tagen einen Termin bei einem Facharzt zu erhalten. Im Notfall sollen dazu auch Wahlärzte herangezogen werden. Die Ärztekammer und die Oppositionsparteien kritisieren den Vorstoß.
Verpflichtung zur Behandlung von Kassenpatienten/-innen
Wer in Österreich einen Termin bei einem Facharzt benötigt, muss im Kassensystem lange warten. Anders sieht das bei Wahlärzten aus: Termine sind deutlich rascher zu bekommen. Dafür müssen Patienten selbst zahlen. Babler möchte nun eingreifen und gesetzlich sicherstellen, dass Facharzttermine innerhalb von 14 Tagen garantiert wird. Zu diesem Zweck sollen auch die Wahlärzte in die Pflicht genommen werden und „im Notfall“ einen Teil ihrer Patienten nach Kassentarif behandeln.
Konkret sehen die Pläne des SPÖ-Vorsitzenden so aus: Finden Personen keinen Facharzt, wenden sie sich zunächst an die Gesundheitshotline 1450. Die versucht, wohnortnah einen fachspezifischen Mediziner zu vermitteln. In Fällen, wo dies nicht gelingt, sollen Patienten an Primärversorgungseinrichtungen oder Erstversorgungszentren verwiesen werden. Sind dort auch keine Termine mehr frei, sollen Wahlärzte einspringen – als „ultima ratio“, wie Babler betont. Ein Behandlungssicherheitsgesetz soll eine Behandlungsquote von 10 Prozent verankern.
Diesen Plänen zufolge sollen die Behandlungen stets im Fachbereich der Wahlärzte erfolgen und mit einem Krankenversicherungsträger zum Kassentarif abgerechnet werden. Bevor eine gesetzliche Verpflichtung festgeschrieben wird, möchte Babler den Medizinern zudem die Möglichkeit einer Selbstverpflichtung zur Teilnahme an diesen Notfallversorgungsplänen geben. Halten sich Wahlärzte nicht an die Verpflichtung, soll ihnen die Möglichkeit genommen werden, Rechnungen für einen teilweisen Kostenersatz an die Sozialversicherung zu stellen. Damit würden sie rein als Privatärzte fungieren.
Pläne stoßen bei der Ärztekammer auf Kritik
Bei der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) stoßen Bablers Pläne auf Kritik. Insbesondere die Androhung von Strafmaßnahmen hält die Kammer für inakzeptabel. Die derzeitigen Versorgungsprobleme und die langen Wartezeiten für Patienten seien darauf zurückzuführen, dass die Politik die Herausforderungen im Gesundheitssystems über Jahre hinweg ignoriert habe, bemerkt der Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer, Johannes Steinhart, in einer Aussendung. Wahlärzten kämen zudem versorgungsrelevante Aufgaben zu: Unter anderem würden sie den Sozialversicherungen und den öffentlichen Spitälern Kosten ersparen.
Sowohl die ÖÄK als auch die Wiener Ärztekammer fordern daher bessere Rahmenbedingungen für das Kassensystem statt Strafmaßnahmen für Wahlärzte: Derzeit mangelt es dem Kassenbereich an Ressourcen und finanziellen Mitteln. Patienten müssen daher länger auf Termine warten, Kassenärzte können sich derweil nicht so viel Zeit für die Behandlungen nehmen wie ihre Kollegen im Wahlarztsystem. Aus Sicht der Ärztekammern muss die Politik genau an diesem Punkt ansetzen und sich vor allem darum bemühen, offene Kassenarztstellen schnell zu besetzen.
Weitere Kritik kommt aus den Oppositionsparteien
Die Oppositionsparteien schließen sich Bablers Plänen ebenfalls nicht an. Die NEOS sieht die Kassen in der Pflicht, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die FPÖ fordert, Wahlärzte auf freiwilliger Basis ins Kassensystem einzubinden. Darüber hinaus soll das Doppelbeschäftigungsverbot aufgehoben werden, das es Ärzten untersagt, gleichzeitig als Wahl- und Kassenarzt zu arbeiten.