Arzneimittel, die ab Beginn 2025 neu auf den Markt kommen, müssen sich einem EU-weiten klinischen Bewertungsverfahren unterziehen. Dieses sogenannte Joint Clinical Assessment (JCA) verfolgt das Ziel, doppelte Bewertungen zu vermeiden und den Zulassungsprozess effizienter zu gestalten, sodass die Medikamente Patientinnen und Patienten früher zur Verfügung stehen. Die Industrie warnt allerdings davor, dass genau das Gegenteil eintreten könnte. Probleme sieht die Pharmig vor allem durch das geplante österreichische Bewertungsboard gegeben.
Joinc Clinical Assessment: Neue Bewertung von Gesundheitstechnologien
Das EU-weite Verfahren zur Bewertung von Gesundheitstechnologien gilt für Medikamente, Medizinprodukte und Behandlungsmethoden. Das Bewertungsverfahren soll herausfinden, ob innovative Gesundheitstechnologien tatsächlich einen höheren Nutzen bringen, ob Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen und ob die neuen Therapien zu einer besseren Diagnose und Behandlung führen. Um diese Fragen zu beantworten, werden neue Therapien auf Basis klinischer Faktoren mit bereits existierenden verglichen. Die Daten stammen vom Entwickler der neuen Therapie, im Falle von Medikamenten also vom pharmazeutischen Unternehmen. Das Ergebnis der vergleichenden Bewertung muss dann von den nationalen Gremien, die über den Einsatz neuer Gesundheitstechnologien entscheiden, berücksichtigt werden. Ziel dieses Verfahrens ist es, innovative Therapien schneller für alle Patienten zugänglich zu machen – und zwar in der gesamten EU.
In Österreich soll zu diesem Zweck ein neues Bewertungsboard eingerichtet werden. Das hat fünf Monate Zeit, um eine Empfehlung für neue Medikamente und Therapien auszusprechen.
Pharmig warnt vor verlängerten Wartezeiten
Die Interessenvertretung der pharmazeutischen Industrie, die Pharmig, begrüßt zwar grundsätzlich das Vorhaben der EU. Gleichzeitig warnt sie, dass es durch das geplante österreichische Bewertungsboard zu Nachteilen bei der Medikamentenzulassung kommen kann. Ein rascher Zugang zu neuen Therapien könne nur verwirklicht werden, wenn auch die nationalen Bewertungsprozesse effizient ablaufen, betont Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig. Genau hier könne es zu Problemen kommen: Das österreichische Arzneimittelboard kann nicht sofort aktiv werden, sondern muss erst die Bewertung des EU-Gremiums abwarten. Statt einer schnelleren Zulassung könnte dies in der Realität längere Wartezeiten für Patienten zur Folge haben.
Pharmig möchte Zusammenarbeit auf nationaler Ebene stärken
Um die komplexen Prozesse bei der Zulassung neuer Arzneimittel tatsächlich möglichst effizient zu gestalten, ist der Pharmig zufolge eine intensive Zusammenarbeit aller relevanten Akteure/-innen im Gesundheitswesen notwendig. Die Interessenvertretung setzt sich daher dafür ein, bei der Planung und Umsetzung des EU-Bewertungsprozesses alle Stakeholder wie Politik, Behörden, die Träger von Krankenhäusern, Patienten-Organisationen und die pharmazeutische Industrie zusammenzubringen. Bereits im vergangenen Jahr hat die Pharmig mit diesen Stakeholder zusammengearbeitet, um die nötigen Vorbereitung für die Umsetzung des EU-Vorhabens zu treffen. Diese Bemühungen möchte der Verband in den kommenden Monaten verstärken.