Mit sogenannten Pop-Up-Praxen wollen die Ärztekammer Wien und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) kurzfristig gegen unbesetzte Kassenstellen vorgehen. Das Pilotprojekt soll im 15. und 23. Wiener Bezirk starten und Kassenstellen langfristig attraktiver machen. Gerade jungen Ärzten fehlt es häufig an Anreizen, um in den niedergelassenen Bereich zu gehen.
Besetzung offener Kassenstellen ist oft schwierig
Österreich fehlt es an Kassenärzten. Zu wenige Kassenstellen bedeuten lange Wartezeiten für Patienten und kürzere Behandlungszeiten. Wie die Österreichische Ärztekammer in einer aktuellen Petition anmahnt, wird sich das Problem künftig noch verschärfen, da in den kommenden Jahren rund die Hälfte der derzeit tätigen Kassenärzte in Pension geht. Der Bund hat versprochen, zu reagieren und neue Kassenstellen zu schaffen. Vorerst wurden 100 neue Stellen ausgeschrieben, in verschiedenen Fachbereichen inklusive Allgemeinmedizin. Als Anreiz gibt es einen Starterbonus von bis zu 100.000 Euro für die Ersteinrichtung der Praxis. 70 dieser Stellen sind mittlerweile besetzt.
Ärzte für eine offene Kassenordination zu finden, gestaltet sich aber oft schwierig. Insbesondere jungen Medizinern erscheint der niedergelassene Bereich unattraktiv. Hinzu kommt, dass die Neugründung einer Ordination zwei Jahre dauert. Die Wiener Ärztekammer und die ÖGK haben nun ein Pop-Up-Konzept entwickelt, um zumindest kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Wirken soll das Konzept für Kassenstellen, die auch nach mehrmaliger Ausschreibung unbesetzt bleiben. Das Prinzip: Die Ärztekammer stellt die Praxis, das Personal der „Ärztefunkdienst – gemeinnützige BetriebsgembH“ übernimmt die Betreuung der Patienten. Diese sollen in den Pop-Up-Ordinationen dasselbe Angebot erhalten wie in anderen Arztpraxen auch, bei üblichen Öffnungszeiten und Kassenleistung.
Pop-up-Konzept als notwendiger Lückenfüller
In Wien gibt es wenige unbesetzte Kassenstellen. 122 Kassenpraxen befinden sich dort gerade in Gründung. Wie ÖGK-Obmann Andreas Huss betont, sollen die Pop-Up-Praxen nicht in Konkurrenz zu diesen herkömmlichen Kassenstellen stehen. Die Mediziner erhalten dieselbe Entlohnung wie für andere Tätigkeiten im Ärztefunkdienst. Gibt es Kandidaten für die reguläre Übernahme einer Ordination, ziehe sich der Ärztefunkdienst zurück.
Generell ist Pop-Up-Betrieb der Praxen auf drei Jahre begrenzt. Starten soll das Projekt möglichst bald, vorzugsweise noch im Oktober oder im kommenden Jänner, mit je einer Praxis für Allgemeinmedizin im 15. und 23. Bezirk. Laut Naghme Kamaleyan-Schmied, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Wiener Ärztekammer, handelt es sich um einen notwendigen „Lückenfüller“, um die medizinische Versorgung kurzfristig sicherzustellen. Sie hofft, dass junge Mediziner durch ihre Erfahrungen in der Pop-Up-Praxis zur Übernahme einer Kassenstelle angeregt werden. Für eine langfristige Lösung müsse das Kassensystem jedoch flexibler werden. Zudem braue es bessere Rahmenbedingungen und Honorarverträge für die Kassentätigkeit.