![Ärztekammer Kassenstellen](https://www.praktischarzt.at/wp-content/uploads/2025/01/Aerztekammer-Kassenstellen.jpg)
Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) nutzt die aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ, um erneut 1.000 neue Kassenstellen zu fordern. ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart warnt die Politiker, dass eine gute Gesundheitsversorgung etwas kosten darf und muss. Mehr Investitionen und weniger Sparmaßnahmen fordert die Ärztekammer daher, um das Gesundheitssystem weiter am Laufen zu halten. Neben zusätzlichen Kassenstellen im niedergelassenen Bereich soll eine verbindliche Patientenlenkung die Spitäler entlasten.
ÖÄK: System für Kassenstellen muss attraktiver werden
Wie bereits bekannt geworden ist, wollen sich ÖVP und FPÖ bei ihren Koalitionsverhandlungen auf eine Budgetsanierung fokussieren. Die Ärztekammer nahm dies zum Anlass, um vor Einsparungen im Gesundheitsbereich zu warnen. Auf keinen Fall dürfe die Sanierung des Milliardendefizits zu Lasten des Gesundheitssystems gehen, sagte Steinhart.
Eine Kernforderung der Ärztekammer: Die Politik soll 1.000 neue Kassenstellen schaffen. Kassenärzte stellen die Grundversorgung der Bevölkerung sicher. Nach Informationen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) gab es im Jahr 2023 im Bereich Allgemeinmedizin 3.988 Kassenstellen, 97,6 Prozent davon waren besetzt. Das Problem: Etwa 50 Prozent der Kassenärzte gehen in den kommenden zehn Jahren in Pension. Bereits heute werden viele Kassenstellen mehrfach erfolglos ausgeschrieben. Fast 300 Kassenstellen sind aktuell unbesetzt, wie die Ärztekammer in ihrer Petition zur ärztlichen Versorgung schreibt. Die gesundheitspolitischen Bemühungen der neuen Koalition müssten daher darauf abzielen, die Arbeit im Kassensystem attraktiver zu gestalten, so Steinhart. Dazu gehöre es, dass Ärzte sich die nötige Zeit für ihre Patienten nehmen könnten, ohne übervolle Wartezimmer und bürokratische Belastungen.
Verbindliche Patientenlenkung zur Entlastung der Spitäler
Weiterhin warnt die Ärztekammer vor Vorhaben der Stadt Wien und der ÖKG, die Nebenbeschäftigung von Spitalsärzten einzuschränken, vor allem, wenn diese als Wahlärzte arbeiten wollen. Laut Steinhart sind Wahlärzte nötig, um die Versäumnisse der Sozialversicherungen zu kompensieren. Sie sollen daher die entsprechende Anerkennung für ihr Leistungen erhalten. Zwangsmaßnahmen wie verpflichtende Spitalsanstellungen würden Ärzte nur verschrecken.
Positiv sieht die Ärztekammer dagegen das von der scheidenden Regierung auf den Weg gebrachte Modell der verbindlichen Patientenlenkung. Das funktioniert nach dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ und zielt darauf ab, die Spitäler zu entlasten. Die Politik sieht Steinhart nun in der Pflicht, entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Er kann sich zum Beispiel vorstellen die Gesundheitshotline 1450 stärker in die Patientenlenkung einzubinden, mit verbindlichen Vorgaben. Auch die Wiederkehr der Ambulanzgebühr kann sich Steinhart grundsätzlich vorstellen. Arztpraxen soll es währenddessen erlaubt werden, im Stil eines „One-Shop-Systems“ auch Medikamente abzugeben.
Eine weitere von der Ärztekammer zur Sprache gebrachte Forderung bezieht sich auf den Bereich Digitalisierung und KI. Die Politik soll diesen Entwicklungen den Stellenwert einräumen, der ihrem Potenzial entspricht. Die letzte Entscheidung für Diagnosen und Therapien müsse aber immer bei den Ärzten liegen. Technische Werkzeuge könnten die menschliche Leistung unterstützen, nicht aber ersetzen.