Viele psychische Erkrankungen treten bereits im Kindes- und Jugendalter auf. Rund jeder fünfte junge Mensch unter 18 Jahren ist psychisch auffällig. ADHS, Essstörungen, gestörtes Sozialverhalten und Probleme mit der Emotionalität treten in den letzten Jahren gehäuft auf. Dort wo Psychotherapie alleine nicht weiterhilft, ist eine fachkundige ärztliche Begleitung angezeigt. Darum kümmert sich ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wir stellen die entsprechende Facharztausbildung in Österreich vor und gehen auf Job- bzw. Gehaltsperspektiven ein.
Inhaltsverzeichnis
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie – Tätigkeiten und Zuständigkeitsgebiet
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie hat sich aus der allgemeinen Psychiatrie entwickelt und bildet heute ein eigenständiges medizinisches Fachgebiet. Sie befasst sich mit Prävention, Diagnostik und Behandlung psychischer, psychosomatischer und neurologischer Störungen im Kindes- und Jugendalter. Viele Störungen hängen mit der schwierigen Umstellung in der Pubertät zusammen, oft sind unverarbeitete Erlebnisse und Traumata Störungsursachen. Ein besonderes Thema ist Kindesmissbrauch, ein weiterer Problembereich Drogenkonsum und Sucht. Man findet aber auch vielfältige sonstige Entwicklungsstörungen, Auffälligkeiten und Belastungen.
Der Facharzt versucht, solche Störungen zu identifizieren und mit geeigneten Mitteln zu therapieren. Die Tätigkeit von Fachärzten auf diesem Gebiet überschneidet sich mit der von entsprechend ausgerichteten Psychotherapeuten. Der Unterschied: ein Facharzt darf Störungen auch medikamentös behandeln, ein Psychotherapeut nicht. Ob sich Medikamenteneinsatz bei einer Therapie empfiehlt, ist fallabhängig.
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin – Die Weiterbildung im Überblick
Die Facharztausbildung ist in der österreichischen Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) geregelt. Wie bei allen Facharztausbildungen handelt es sich um eine Weiterbildung – konkret im Sonderfach “Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin”.
Ziele
Übergreifendes Ziel der Facharztausbildung ist die Vermittlung der erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, um selbständig und eigenverantwortlich als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig sein zu können.
Dauer und Gliederung
Die Weiterbildung ist auf 72 Monate angelegt und gliedert sich in drei Abschnitte:
- 9monatige Basisausbildung;
- 27monatige Sonderfach-Grundausbildung;
- 36monatige Sonderfach-Schwerpunktausbildung.
In der Sonderfach-Schwerpunktausbildung werden sechs fachbezogene Module und ein wissenschaftliches Modul angeboten. Drei Module müssen belegt werden. Die Weiterbildung wird mit der Facharztprüfung abgeschlossen.
Inhalte
Die Basisausbildung ist eine Grundlagenausbildung für die Tätigkeit als Klinikarzt, die jeder angehende Facharzt durchlaufen muss. Sie liefert das klinische Rüstzeug für die Facharztausbildung. Die Ausbildung erfolgt in einem Krankenhaus – üblicherweise in verschiedenen Stationen. Der genaue Ablauf wird von jedem Ausbildungskrankenhaus festgelegt. Am Schluss soll man in der Lage sein, Prioritäten bei klinischen Behandlungen zu setzen, wichtige Notfälle zu erkennen, einzuschätzen und (mit) zu betreuen.
Sonderfach-Grundausbildung
Die Sonderfach-Grundausbildung ist als Breitenausbildung ausgelegt. Alle fachspezifischen Gebiete der Sonderfach-Schwerpunktausbildung werden hier überblicksartig behandelt. Darüber hinaus geht es um typische Entwicklungsprozesse und Entwicklungsstörungen im jungen Alter, kinder- und jugendpsychiatrische Krankheitsbilder, deren Untersuchung, Diagnostik, Behandlungsmethoden, Möglichkeiten von Prävention, Rehabilitation, Rückfallprophylaxe usw.. Der angehende Facharzt erwirbt vergleichbare Kompetenzen wie ein Psychotherapeut. Daneben stehen auf dem Lehrplan folgende Inhalte:
- Grundlagen der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter besonderer Berücksichtigung von somatischen Reifungsprozessen
- Entwicklungsvorgänge und Entwicklungsstörungen im bio-psychosozialen (Krankheits-) Modell, Lebensspannenentwicklung und Krisen
- Nosologie, Klassifikation, Psychopathologie, Symptomatologie, Verläufe, Therapie und Epidemiologie der Alters- und Entwicklungsstufen sowie Ätiologie und Pathogenese der psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter und in ausgewählten Fällen auch im jungen Erwachsenenalter unter Berücksichtigung genetischer, somatischer, psychischer und sozialer Komponenten einschließlich geschlechtsspezifischer Besonderheiten sowie Miteinbeziehung wesentlicher entwicklungspsychologischer, psychodynamischer, lerntheoretischer, systemischer und kultureller Faktoren und entsprechender Grundlagenwissenschaften
- Kinder- und Jugendpsychiatrische Behandlungsmethoden:
- biologisch-somatotherapeutische Verfahren unter Berücksichtigung der Wirkmechanismen, erwünschter und unerwünschter Wirkungen einschließlich möglicher therapieüberdauernder Folgewirkungen und Risiken
- Soziotherapeutische Verfahren und Strategien unter Berücksichtigung ihrer Hypothesen und Konzepte und Möglichkeiten der Institutionen sowie der therapieimmanenten Folgewirkungen für die aktuelle Situation und die Entwicklungsperspektive des Kindes und des Jugendlichen
- Einführung in die Theorie der psychotherapeutischen Methode (aus allen folgenden anerkannten Traditionen: psychodynamische Tradition, verhaltenstherapeutische Tradition, systemische Tradition, humanistische Tradition)
- Geschichte der Psychiatrie, der psychotherapeutischen Medizin und Psychotherapie
- Allgemeine Wirkfaktoren der psychotherapeutischen Medizin und Psychotherapie
- Grundlagen seelischer Funktionen
- Biologische Grundlagen des Erlebens und Verhaltens
- Emotions-, Kognitionstheorien
- Gesundheitslehre und Krankheitslehre im Methodenvergleich
- Ethik der psychotherapeutischen Medizin und der Psychotherapie
- Neurologie, Entwicklungsneurologie und Neuropädiatrie, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Forensik und Gutachten
- Grundlagen der somatischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen
- Häufige somatische Erkrankungen (insbesondere typische Infektionserkrankungen)
- Genetische Erkrankungen und Syndrome sowie angeborene Stoffwechselerkrankungen
- Chronische Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters
- Altersentsprechende Ernährung
- Medikamente bei Kindern und Jugendlichen
- Grundlagenwissen in den benachbarten Wissenschaften und Berufsfeldern, insbesondere in Psychologie, Psychotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, Musiktherapie, Sozialarbeit, Pädagogik, Sonder- und Heilpädagogik
- Gesundheitsfördernde Maßnahmen in Bezug auf psychische Störungen und Erkrankungen
- Arzt-Patientinnen- und Patientenbeziehung, Arzt-Patientinnen- und Patientenkommunikation und ärztliches Gespräch
- Grundlagen von Organisations-, Team- und Gruppenprozessen
- Kinder- und jugendpsychiatrische Forensik und Begutachtung
- Einschlägige Rechtsvorschriften für die Ausübung des ärztlichen Berufes, insbesondere betreffend das Sozial-, Fürsorge- und Gesundheitswesen, einschließlich entsprechender Institutionenkunde des österreichischen Gesundheitswesens und des Sozialversicherungssystems
- Grundlagen der Dokumentation und Arzthaftung
- Grundlagen der multidisziplinären Koordination und Kooperation, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen und Möglichkeiten der Rehabilitation
- Maßnahmen zur Patientinnen-und Patientensicherheit
- Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen
- Palliativmedizin
- Schmerztherapie
- Gesundheitsökonomische Auswirkungen ärztlichen Handelns
- Ethik ärztlichen Handelns
- Kinder- und Jugendpsychiatrische Untersuchungen (Exploration, Anamnese- und Fremdanamneseerhebung) unter Berücksichtigung der Psychopathologie, aller fachspezifischen biologisch-somatischen, psychologischen und sozialen Gesichtspunkten im Quer- und Längsschnitt
- Erstellung psychopathologischer Befunde
- Psychotherapie-Technik und praktische Anwendung der psychosomatischen und psychotherapeutischen Medizin; Erfahrungen mit subjektiven Krankheitserfahrungen, Krankheitsverarbeitung und der Wechselwirkungen zwischen somatischen, psychischen, familiären und psychosozialen Faktoren;
- Diagnostik, Differentialdiagnostik, Indikationsstellung, spezifische Therapieplanung und eigenverantwortliche Durchführung von psychotherapeutisch-medizinischen Behandlungen, Erkennen, psychotherapeutisch-medizinische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten und Leidenszuständen, an deren Verursachung soziale, somatische und psychische Faktoren maßgeblich beteiligt sind
- Verwendung standardisierter und strukturierter kinder- und jugendpsychiatrischer und psychotherapeutischer Erhebungsinstrumente
- Instrumentelle, apparative Techniken und Untersuchungen sowie deren Indikation und Bewertung:
- spezielle psychiatrisch/psychologische Testverfahren und Beurteilung
- psychiatrisch/psychologische Befunde
- elektrophysiologische Untersuchungsverfahren des zentralen Nervensystems
- Methodik der wichtigsten psychologischen und neuropsychologischen Testverfahren
- Konzepte und Arbeitsweisen der in und mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie kooperierenden Berufsgruppen, fachrelevanten Einrichtungen und Dienste; Umgang und Zusammenarbeit mit in den in der Kinder- und Jugendpsychiatrie arbeitenden Berufsgruppen und fachrelevanten Einrichtungen und Diensten
- Erstellung einer umfassenden, multiaxialen kinderpsychiatrischen Diagnose
- Aufbau, Interaktion und Kontinuität therapeutischer Beziehungen, Zusammenarbeit mit Bezugspersonen und im Behandlungsteam, Information von und Kommunikation mit Patientinnen und Patienten und gegebenenfalls Angehörigen über Vorbereitung, Indikation, Durchführung und Risiken von Untersuchungen unter Berücksichtigung der speziellen rechtlichen Voraussetzungen
- Erarbeitung und Durchführung von umfassenden, mehrdimensionalen Behandlungsplänen unter Berücksichtigung der Behandlungsbedingungen in Abhängigkeit von Krankheitszustand und -stadium, Persönlichkeit und Lebenssituation des/der Patienten/in
- Indikationsstellung für zusätzliche Therapieformen wie z. B. Physio-, Ergo- und Musiktherapie, Grundzüge ihrer theoretischen und praktischen Konzepte und ihrer Relevanz für das jeweilige psychiatrische Krankheitsbild
- Prävention, Früherkennung, Rückfallprophylaxe, Rehabilitation, Nachsorgemedizin und Forensik psychischer Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung biologisch-somato-, psycho- und soziotherapeutischer Verfahren
- Diagnose und Therapie psychiatrischer Notfälle unter besonderer Berücksichtigung der Krisenintervention und Suizidprophylaxe
- Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Säuglings und Kleinkinds
- Fachspezifische Psychosomatik: psychosomatische Konzepte sowie spezielle Behandlungsverfahren
- Fachspezifische Schmerztherapie
- Fachspezifische Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen
- Fachspezifische Qualitätssicherung und Dokumentation
Sonderfach-Schwerpunktausbildung
Folgende Module werden in der Sonderfach-Schwerpunktausbildung angeboten:
Modul 1: Angewandte Kinder- und Jugendpsychiatrie
- Grundlagen von benachbarten Wissenschaften, insbesondere Allgemeinmedizin, Neurologie, Erwachsenenpsychiatrie, Pädiatrie, Interne/Kardiologie
- Psychologische Testverfahren und psychologische Beratung
- Regionale Versorgungsstrukturen, insbesondere auch Kindergärten, Schulstrukturen und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sowie medizinische und psychosoziale Strukturen (Wohngemeinschaften, Krisenzentren)
- Psychische Erkrankungen im Familiensystem generationsübergreifend in Hinblick auf Prognose und Krankheitsverlauf
- Gesprächsunterschiede in Bezug auf Erstgespräch – Verlaufsgespräch
- Vorgangsweise und kinder- und jugendpsychiatrische Begleitung in Übergängen Schulwechsel, Pflege-/
- Adoptivsituationen, Verlust eines Elternteils (Scheidung, Tod)
- Erstellen eines interdisziplinären Therapieplanes und Casemanagements
- Umgang und langfristige Behandlung von Kindern mit Eltern mit Minderbegabung, Suchtproblemen, Kriminalität
- Langzeitbetreuung von Kindern und Jugendlichen sowie deren Angehörigen mit Multimorbidität, vor allem bei Mehrfachbehinderungen und psychiatrischer Komorbidität
- Interdisziplinäre Vernetzung und Erkennen von psychosozialen Risikokonstellationen
- Kulturspezifische Besonderheiten und Unterschiede im Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund insbesondere unter Zuhilfenahme von Dolmetschern
- Umgang mit amtsärztlichen Einweisungen im Rahmen des Unterbringungsgesetzes
Modul 2: Psychotherapeutische Medizin
- Etablieren und Erstellen eines langfristigen Therapieplans und Entlassungsmanagement
- Stationäres Behandlungskonzept
- Beschreibung Klärungsgespräch/Behandlergespräch mit Patientinnen und Patienten und Eltern
- Zielhierarchie (psychodynamisches Konzept)
Modul 3: Akutbehandlung – Krisenintervention
- Theorie zu Entwicklungs- und Lebenskrisen
- Psychopharmakotherapie – Grundlagen der akuten Sedierung und der Verabreichung von Akutmedikation (wichtigste Substanzen und Dosierungen)
- Akutes psychotherapeutisches Management von Krisen und Traumata
- Notfallpsychologie
- Grundkenntnisse der Toxikologie
- Krisenintervention und Psychotraumatologie
- Versorgung von (Selbst-)verletzungen und Vergiftungen
- Unterbringungsgesetz
- Notfallmedizinische Kenntnisse (internistisch, neurologisch, psychiatrisch)
- Diagnostische Verfahren zur Erkennung krisenhafter Verläufe
- Diagnostik suizidaler Einengung – Instrumente, Vorgehensweisen
- Toxikologische Abklärung und interdisziplinäres Management von Intoxikationen
- Kontakt zu therapierelevanten Institutionen (Gerichte, Vertretungsnetz, Amt für Jugend und Familie, Wohngemeinschaften, u. ä)
Modul 4: Kinder- und Jugendpsychiatrie im behördlichen Kontext
- Funktion und Vorbereitung von Helferkonferenzen
- Regionale Strukturangebote, insbesondere stationäre Wohneinrichtungen und Wohngruppen mit sozialpädagogischem und sozialtherapeutischem Hintergrund
- Aufgaben von Sachverständigen für Kinder- und Jugendpsychiatrie
- Begutachtung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen von juristischen Fragestellungen
- Gesetzliche Grundlagen des Jugendschutzes, der Jugendwohlfahrt, des Unterbringungsgesetzes und des Unterbringungsrechtes
- Umgang mit und Beratung der Exekutive im Rahmen polizeilicher Einsätze mit Kindern und Jugendlichen
- Funktion und Zusammensetzung von Kinderschutzgruppen
- Leitung und Einberufung einer Helferkonferenz
- Intervisorische und medizinisch-supervisorische Beratung von Betreuerteams im Rahmen von Konsiliar- und Liäsontätigkeit
- Begutachtungen zu unterschiedlichen Fragestellungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (Strafrecht, Familien- und Pflegschaftsrecht, Zivilrecht inkl. Sozialrecht), insbesondere Prognosestellung, Zurechnungsfähigkeit, Dispositions- und Diskretionsfähigkeit, Erziehungsfähigkeit
- Deliktorientierte Therapieansätze
- Umgang mit und Beratung der Exekutive im Rahmen polizeilicher Einsätze mit Kindern und Jugendlichen
- Funktion und Zusammensetzung von Kinderschutzgruppen
Modul 5: Entwicklungsstörungen
- Somatische, neuromotorische, kognitive und emotionale Entwicklung in den ersten Lebensjahren
- Entwicklungsneurologische und entwicklungspsychologische Konzepte sowie klinische Testmethoden
- Multiaxiale Diagnosesysteme im Kleinkindesalter (DC: 0-3R)
- Emotionale Verhaltensstörungen im Kleinkind- und Vorschulalter
- Beziehungsdynamik in der frühen Kindheit
- Entwicklungsstörungen im Kindesalter und die wichtigsten Risikofaktoren im bio-psychosozialen Modell
- Grundlagen der Entwicklungspsychologie
- Familien- und Beziehungsdiagnostik im Säuglings- und Kleinkindalter
- Indikationsstellung zu psychologischen und funktionell-therapeutischen Befunden und deren Integration in ein Gesamtbild
- Koordination im multiprofessionellen Team
- Betreuung von Kleinkindern in psychosozialen Risikofamilien, Arbeit in interinstitutionellen Netzwerken
- Gesprächsführung bei Verdacht auf Entwicklungsstörung/Behinderung
- Therapeutische Interventionen bei frühen emotionalen Störungen und Verhaltensstörungen
- Indikationsstellung und fachspezifische Interpretation apparativer Befunde (Genetik, Bildgebung, Neurophysiologie etc.)
Modul 6: Adoleszentenpsychiatrie
- Allgemeinsomatische und hormonelle Veränderungen in Pubertät und Adoleszenz
- Entwicklungspsychologische Konzepte betreffend die zentralen Entwicklungsaufgaben von Pubertät, Adoleszenz und Postadoleszenz bis ins junge Erwachsenenalter
- Konstellation und Dynamik adoleszenztypischer Konflikt- und Krisensituationen
- Soziologische Grundlagen betreffend die Bereiche Ausbildung, Wohnen, Einkommen, Freizeit- und Partnerverhalten von jungen Menschen
- Entwicklungsrelevante Aspekte der Sexualmedizin, speziell der Varianten und Störungen der Sexualidentität und Sexualpräferenz
- Psychopharmakotherapie von Jugendlichen
- Einsatz psychotherapeutischer Techniken in verschiedenen Einzel- und Gruppensettings
- Vernetzung mit anderen relevanten Einrichtungen im psychosozialen Feld (AMS, Psychosozialer Dienst, Jugendintensivbetreuung, Bewährungshilfe, u. ä.)
- Umgang mit spezifischen Problemstellungen bei Jugendlichen und Adoleszenten mit geistigen Behinderungen oder tiefgreifenden Entwicklungsstörungen
- Prinzipien der Diagnostik und Behandlung von substanzgebundenen und ungebundenen Suchterkrankungen, Diagnostik und Behandlung von Komorbiditäten im Rahmen von Suchterkrankungen, Prinzipien der Substitutionsbehandlung, Kooperation mit Einrichtungen der Suchtberatung
Das wissenschaftliche Modul ist ein fachübergreifendes Modul, das auf eine Tätigkeit in Forschung und Lehre vorbereiten soll. Es befasst sich u.a. mit wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden, Wissenschaftsethik, Studien-Konzeption und -durchführung, statistischen Auswertungsmethoden, Aufbereitung und Präsentation von Forschungsergebnissen und anderen wissenschaftsbezogenen Fragestellungen.
Facharztprüfung Kinder- und Jugendpsychiatrie
Für die Facharztprüfung ist die Österreichische Ärztekammer zuständig. Sie wird zentral organisiert und findet in strukturierter mündlicher Form statt. Die Prüfung besteht aus vier Stationen mit je zwei Prüfern und ist insgesamt auf vier Stunden angelegt. Dabei werden acht Falldarstellungen aus der Praxis behandelt. Die Darstellung erfolgt mit Medienunterstützung (Video, Tonband usw.). Der angehende Facharzt muss das jeweilige Krankheitsbild herausarbeiten, Interaktionsprozesse beurteilen sowie eine Therapie entwickeln und begründen. Theoretische Inhalte werden mit in die Prüfung einbezogen. Die Bewertung der Leistung erfolgt anhand von Punktvergaben. Um die Prüfung zu bestehen, muss in sechs von acht Falldarstellungen die jeweils erforderliche Mindestpunktzahl erreicht sein.
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie – Gehalt
Die Gehaltsperspektiven hängen stark davon ab, ob man als angestellter oder selbständiger Facharzt tätig ist. Facharztgehälter in Anstellungsverhältnissen liegen im Schnitt bei rund 60.000 Euro im Jahr. Diese Angabe bezieht sich auf den regulären Verdienst. Nicht berücksichtigt sind Zulagen und Zuschläge, zum Beispiel für Wochenendarbeit. Außerdem existiert bei diesem Durchschnittswert eine erhebliche Bandbreite. Je nach Alter, Funktion, Berufserfahrung oder Arbeitgeber liegen Gehälter über oder unter dem Mittelwert. Am Ende einer Berufslaufbahn kann man etwa doppelt so viel verdienen wie beim Berufseinstieg.
Fachärzte mit eigener Ordination verdienen in der Regel mehr – um die 20 Prozent plus sind ein Orientierungswert. Je nach Gegebenheiten vor Ort sind aber auch Verdienste jenseits der 100.000 Euro möglich. Dem steht ein größeres wirtschaftliches Risiko und das notwendige Investment in den Aufbau bzw. Start der eigenen Praxis gegenüber. Diese Investitionen müssen sich erst amortisieren, bevor eine Ordination die Gewinnzone erreicht. Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie besitzen gegenüber anderen Fachdisziplinen den Vorteil, dass ihr Praxisbetrieb in der Regel keine teuren medizinischen Geräte erfordert.
Jobs als Kinder- und Jugendpsychiater
In Österreich gibt es laut offizieller Ärztestatistik 2020 271 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. 105 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Medizinische Psychotherapie (Anmerkung: medizinische Psychotherapie wurde erst später Pflicht-Bestandteil der Ausbildung). Eine gute Hälfte davon ist ausschließlich angestellt tätig, eine knappe Hälfte mit eigener Ordination. Jeder vierte Facharzt verfügt sowohl über eine Anstellung als auch über eine Ordination. Zum Vergleich: in Österreich gibt es rund 1.200 Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung in Säuglings-, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie können in Krankenhäusern, in medizinischen Versorgungszentren und Ambulanzen oder freiberuflich mit eigener Praxis – alleine oder gemeinsam mit anderen Kollegen – arbeiten. Ein weiteres mögliches Arbeitsfeld sind Erziehungs- und Jugendwohnheime. Eine Tätigkeit in Forschung und Lehre findet in erster Linie an Hochschulen bzw. Universitätskliniken statt.
Der Studie “Kinder- und Jugendpsychiatrische Versorgung 2019 in Österreich” zufolge bestehen 12 Krankenhaus-Abteilungen im Land zur stationären psychiatrischen Versorgung der Zielgruppe. Sechs Abteilungen haben dezentrale Außenstellen mit einer Ambulanz und fünf Abteilungen besitzen Außenstellen mit tagesklinischen Plätzen. Außerdem gibt es die Ambulanz und Tagesklinik des Psychosozialen Dienstes (PSD) Wien. Angesichts von schätzungsweise mehr als 170.000 Jugendlichen mit psychischen Störungen und über 100.000 akut Behandlungsbedürftigen in Österreich ist dieses Angebot nur der berühmte “Tropfen auf den heißen Stein”.
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte in Österreich. In der Stellensuche finden sich täglich zahlreiche Stellenangebote in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt.
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Facharztausbildung und Facharztrichtungen