Seit 2020 ist die breite Öffentlichkeit mit Begriffen wie Ct-Wert, Inzidenz, PCR-Test oder Reproduktionszahl R vertraut. Vor der Coronavirus-Pandemie waren sie der medizinischen Fachwelt und insbesondere Fachärztinnen und Fachärzten für Klinische Mikrobiologie und Virologie vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis
Sie beschäftigen sich mit Virusinfektionen, die beispielsweise durch Corona- oder Influenzaviren verursacht werden. Sie erforschen die Viren und ihre Vermehrungsmechanismen und nutzen das gewonnene Wissen, um Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Epidemien und Pandemien zu entwickeln. Aber: Mit diesem Facharzttitel muss man nicht Virologe oder Virologin werden. Auch eine Spezialisierung in den Bereichen Bakteriologie, Mykologie, Parasitologie oder gar Hygiene ist möglich.
Facharzt für Klinische Mikrobiologie und Virologie – Tätigkeiten und Zuständigkeitsgebiet
Fachärztinnen und Fachärzte für Klinische Mikrobiologie und Virologie arbeiten in Hospitälern oder Forschungseinrichtungen und sind dort im Labor tätig. Auch Tätigkeiten in der Lehre und in Gesundheitsbehörden sind möglich. In der Regel liegt die Tätigkeit nicht in der unmittelbaren Patientenversorgung.
Die Facharztausbildung Klinische Mikrobiologie und Virologie umfasst mehrere Spezialgebiete: Die Virologie, die Bakteriologie, die Mykologie und die Parasitologie sowie den Bereich Hygiene, der sich in Krankenhaushygiene und Umwelthygiene und Öffentliche Gesundheit gliedert. Auch die Themenkomplexe Spezifische Prophylaxe, Tropen- und Reisemedizin sowie Infektiologie (Infektionskrankheiten) werden gelehrt. Fachärztinnen und Fachärzte können den Schwerpunkt ihrer (Forschungs-)Arbeit daher unterschiedlich setzen.
Virologie
Im Fachgebiet der Virologie dreht sich alles um Viren. Die kleinen Keime werden unter dem Mikroskop oder mittels biologischer, immunologischer oder molekularbiologischer Methoden untersucht. Die Viren werden differenziert, typisiert und gezüchtet, um ihre Empfindlichkeit auf bestimmte Arznei-, Desinfektions- oder Impfstoffe zu testen. Die Ergebnisse lassen sich dann beispielsweise für die Entwicklung von Impfstoffen oder antiviralen Medikamenten gegen neu entdeckte Viren oder besonders resistente Virenstämme verwenden. Fachärzte und Fachärztinnen für Klinische Mikrobiologie und Virologie analysieren auch Blut- und Gewebeproben und bestimmen Antigene und Antikörper. Zudem beraten und unterstützen sie ärztliche Kolleginnen und Kollegen, die in der Krankenbehandlung, dem öffentlichen Gesundheitsdienst oder der Vorsorge arbeiten, bei der Behandlung, Bekämpfung und Prophylaxe von virusbedingten Infektionskrankheiten. Ebenso kann die Beratung von Behörden und öffentlichen Organisationen zum Arbeitsalltag gehören.
Bakteriologie
Im Spezialgebiet der Bakteriologie stehen Bakterien im Fokus, die Krankheiten auslösen. Als wichtigstes Arbeitsgerät hilft das Mikroskop dabei, Bakterien in Proben von Blut, Eiter, Gewebe, Speichel, Stuhl oder Urin von Erkrankten nachzuweisen und zu identifizieren. Der Nachweis eines bestimmten Bakteriums im Körper einer erkrankten Person ist die Basis, um bakterienbedingte Infektionskrankheiten zu behandeln.
Mykologie
Im Bereich der Mykologie, also der Wissenschaft und Lehre von Pilzen, werden Mikroorganismen erforscht, die schädlich auf den menschlichen Organismus wirken.
Parasitologie
In der Parasitologie geht es um die Lehre und Wissenschaft von Parasiten wie zum Beispiel dem Malaria-Erreger Plasmodium. Fachärztinnen und Fachärzte, die sich auf die Mykologie oder die Parasitologie spezialisiert haben, untersuchen unterschiedliche Patientenproben unter dem Mikroskop und prüfen beispielsweise, welche Stoffe die Erreger abtöten. Neben der Diagnostik geht es auch um die Entwicklung von Therapien und um die Beratung von klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten, die von Pilzen und Parasiten verursachte Infektionskrankheiten behandeln.
Facharzt für Klinische Mikrobiologie und Virologie – Die Weiterbildung im Überblick
Die Weiterbildung Klinische Mikrobiologie und Virologie konzentriert sich auf krankheitserregende Mikroorganismen wie Viren (Virologie), Parasiten (Parasitologie), Pilze (Mykologie) und Bakterien (Bakteriologie) sowie die durch sie hervorgerufenen Infektionskrankheiten, auch im Zusammenhang mit dem Thema Hygiene im Krankenhaus sowie im Bereich Öffentliche Gesundheit/Umwelthygiene. Fachärztinnen und Fachärzte erlernen den Aufbau und die Struktur verschiedener Erregertypen, unterschiedliche Untersuchungsverfahren zum Nachweis dieser sowie Methoden zur Behandlung und Prävention.
Ziele
Mittels der Facharztausbildung erlangen angehende Fachärztinnen und Fachärzte alle relevanten Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Fachbereich Klinische Mikrobiologie und Virologie, die sie im beruflichen Alltag mit den Tätigkeitsschwerpunkten Virologie, Bakteriologie, Mykologie, Parasitologie, Hygiene oder Infektiologie (Infektionskrankheiten) dazu befähigen, eigenständig und selbstverantwortlich tätig zu sein.
Dauer und Gliederung
Die Weiterbildung Klinische Mikrobiologie und Virologie dauert insgesamt mindestens 72 Monate. Anders ausgedrückt sind es mindestens sechs Jahre. Dabei gibt es drei Teile: eine neun Monate dauernde Basisausbildung, eine 36-monatige Sonderfach-Grundausbildung und eine 27 Monate dauernde Sonderfach-Schwerpunktausbildung.
Inhalte
Die Ausbildungsinhalte für Klinische Mikrobiologie und Virologie basieren auf der Verordnung über Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten (KEF) sowie dem Rasterzeugnis der Österreichischen Ärztekammer (RZ-V). Welche Inhalte im Detail gelehrt werden, ist in der Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) nachzulesen.
Sonderfach-Grundausbildung
In der 36monatigen Sonderfach-Grundausbildung werden Grundlagen und Fertigkeiten im Bereich Mirkrobiologie und Virologie vermittelt. Die Sonderfach-Grundausbildung umfasst im Einzelnen folgende Inhalte:
Bakteriologie/Mykologie/Parasitologie
- Grundlagen der Bakteriologie/Mykologie/Parasitologie: Taxonomie und Genetik der medizinisch relevanten Erreger, Epidemiologie, Habitate von Mikroorganismen, opportunistische Krankheitserreger
- Prinzipien der Identifikation von Bakterien, Pilzen und Parasiten, Methoden und Anwendungsgebiete der molekularbiologischen Typisierung von Infektionserregern
- Präanalytik: Indikationsstellung zur mikrobiologischen Untersuchung, Beratung, Materialauswahl, richtige Probenabnahme, Annahme- und Rückweisekriterien und Lagerung von Probenmaterial
- Klinik und Pathogenese von Infektionen durch Bakterien, Mykobakterien, Pilze und Parasiten
- Wirkung von Antibiotika, Antimykotika, Antiparasitika und anderen Antiinfektiva, Einsatz in Prophylaxe, empirischer und gezielter Therapie, Antiinfektivaresistenz
- Grundlagen der Bakteriologie/Mykologie/Parasitologie und der entsprechenden Infektdiagnostik: Taxonomie und Genetik der medizinisch relevanten Erreger, Epidemiologie, Habitate von Mikroorganismen, opportunistische Krankheitserreger
Virologie
- Grundlagen der Virologie: Taxonomie und Genetik der medizinisch relevanten Erreger, Interaktion zwischen Wirt und Virus, Epidemiologie
- Prinzipien der Identifikation von Viren
- Präanalytik: Indikationsstellung zur virologischen Untersuchung, Beratung, Materialauswahl, richtige Probenabnahme, Annahme- und Rückweisekriterien und Lagerung von Probenmaterial
- Klinik und Pathogenese von Infektionen durch Viren, Krankheitsverläufe (Latenz, Persistenz, akute und chronische Virusinfektionen)
- Wirkungsweise der aktiven und passiven Immunisierung
- Wirkung von Virostatika, Einsatz in Prophylaxe, empirischer und gezielter Therapie, Resistenz gegen antivirale Medikamente
- Taxonomie und Genetik der medizinisch relevanten Erreger, Interaktion zwischen Wirt und Virus, Epidemiologie
- virologische Infektionsdiagnostik
Krankenhaushygiene
- Überblick über Infektionswege und –quellen
- Einsatz und Evaluierung von Aufbereitungsverfahren (Reinigung, Desinfektion, Sterilisation – manuelle und maschinelle Verfahren, chemische, chemothermische und thermische Verfahren)
- Surveillance und Infektionsepidemiologie nosokomialer Infektionen
- Interventionsmöglichkeiten bei Häufung nosokomialer Infektionen
- Beratung bei Baumaßnahmen und vor Beschaffung von Medizinprodukten
- Validierung von Aufbereitungsprozessen
- Hygiene in Gesundheitseinrichtungen
- krankenhaushygienisch relevante Gesetze, Normen und Richtlinien
- Überprüfung und Befundung von Verfahren zur Aufbereitung von Medizinprodukten
- antimikrobiales Stewardship
- Mitwirkung an Stellungnahmen zu krankenhaushygienischen Fragestellungen
Umwelthygiene und Öffentliche Gesundheit
- allgemeine Grundlagen der Umwelthygiene, Lebensmittel-, Wasser- und Abwasserhygiene, Arbeits-, Betriebs- und Sozialhygiene, Präventivmedizin
- Untersuchungsverfahren der Umwelthygiene
- Rechtsvorschriften und Normen für die einzelnen Teilbereiche der Hygiene, insbesondere der Umwelt-, Lebensmittel-, Wasser- und Abwasserhygiene
- chemische und physikalische Umwelteinflüsse, chemische, physikalische, psychologische und soziale Noxen am Arbeitsplatz, mikrobielle und chemische Verunreinigungen von Wasser, Lebensmitteln und Luft
- Krankheitsprävention, Gesundheitsförderung, Gesundheitssoziologie und -psychologie
- Grundlagen des öffentlichen Gesundheitswesens (Aufgaben, Organisation)
- Behördenverfahren, rechtliche Grundlagen der Gesundheitsvorsorge und der Infektionsprävention
- hygienisch-mikrobiologische Untersuchung, Beurteilung und Begutachtung nicht-klinischer Proben
Spezifische Prophylaxe, Tropen- und Reisemedizin
- Grundlagen der Immunabwehr bei Infektionen aller Altersgruppen
- Grundlagen der Tropen- und Reisemedizin
- Überprüfung des Impferfolgs
- diagnostische Abklärung von Reiserückkehrerinnen und -rückkehrer
Infektiologie
- Grundlagen der Infektionsdiagnostik
- Grundlagen der antimikrobiellen Therapie inkl. therapiebegleitende Untersuchungen und Verlaufskontrollen
- Grundlagen der Infektionsepidemiologie, lokale/nationale/globale Resistenzsituation wichtiger Erreger
- Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Infektionskrankheiten
Sonstige Inhalte
- Umwelt- und arbeitsbedingte Risiken und Erkrankungen
- Gesundheitsberatung, Prävention, Vorsorgemedizin und gesundheitliche Aufklärung
- Patientinnen- und Patientensicherheit
- Einschlägige Rechtsvorschriften für die Ausübung des ärztlichen Berufes, insbesondere betreffend das Sozial-, Fürsorge- und Gesundheitswesen, einschließlich entsprechender Institutionenkunde des österreichischen Gesundheitswesens und des Sozialversicherungssystems
- Grundlagen der Dokumentation und Arzthaftung
- Grundlagen der multidisziplinären Koordination und Kooperation, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen und Möglichkeiten der Rehabilitation
- Gesundheitsökonomische Auswirkungen ärztlichen Handelns
- Ethik ärztlichen Handelns
- Labororganisation, Ressourcenmanagement, Qualitätsmanagement, fachspezifische Beratung und Teilnahme an Visiten bzw. Situationsbeurteilung vor Ort
- Fachspezifische Qualitätssicherung und Dokumentation
Sonderfach-Schwerpunktausbildung
Während der Sonderfach-Schwerpunktausbildung vertiefen die angehenden Fachärzte ihr Wissen. Es stehen die folgenden Inhalte auf dem Lehrplan:
- Spezielle biologische Grundlagen, Morphologie, Genetik, Replikation und Taxonomie der humanpathogenen Viren
- Tropismus und organspezifische Virusinfektionen
- Übertragung und Pathogenese humanpathogener Viren
- Angeborene und adaptive Immunabwehr gegen Virusinfektionen
- Krankheitsspektrum der humanpathogenen Viren einschließlich der Verlaufsformen, Bilder, Komplikationen und Sonderformen
- Spezielle virologische Diagnostik und Stufendiagnostik einschließlich der Abklärung von Virusinfektionen
- Spezielle virologische Testverfahren zum Nachweis von Viren, Methoden zum Anzüchten, Anreichern, Differenzieren und Typisieren von Viren einschließlich Zellkulturtechniken
- Spezifische Prophylaxe von Virusinfektionen, spezifische Immunologie und Vakzinologie
- Therapie von Virusinfektionen
- Methoden und Verfahren der antiviralen Resistenztestung
- Virusinfektionen in der Schwangerschaft, prä- und perinatale Infektionen
- Virusinfektionen bei Immundefizienz/-suppression
- Epidemiologie, Überwachung und Infektionskontrolle von Virusinfektionen
- Methoden der Virusinaktivierung und Desinfektion
- Fragen der biologischen Sicherheit bei Virusinfektionen, Biosafety
- Virologische Anforderungen in der Labororganisation und der Qualitätssicherung
- Multidisziplinäre Koordination und Kooperation
- Spezielle Virusdiagnostik einschließlich moderner/neuer diagnostische Methoden und Testmethoden zur Abklärung seltener und tropischer Virusinfektionen, zum Nachweis von Viren und der Untersuchung der antiviralen Immunantwort, Methoden zur Virusisolierung, -anzucht und Antigen-Nachweis, Differenzierung und Typisierung von Viren einschließlich Zellkulturtechniken
- Prophylaxe von Virusinfektionen (spezifische Immunologie und Vakzinologie, Impfwesen)
- Therapieformen von Virusinfektionen und Resistenzerkennung
- Epidemiologie, Überwachung und Infektionskontrolle, Referenztätigkeit und Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden
- Labor- und Qualitätsmanagement
Facharztprüfung Klinische Mikrobiologie und Virologie
Die Facharztprüfung wird in mündlicher, strukturierter Form abgehalten. Prüflingen werden insgesamt 8 Fallvignetten plus Unterfragen gestellt. Vor Beginn der Prüfung gibt es eine Vorbereitungszeit von 30 Minuten. Insgesamt dauert die Facharztprüfung circa 2,5 Stunden.
Die Prüfungsinhalte basieren auf den Ausbildungsinhalten, die in der Ärzte-Ausbildungsordnung für das Sonderfach Klinische Mikrobiologie und Virologie festgelegt sind.
Die Auswertung findet vor Ort statt, das Prüfungsergebnis wird sofern möglich direkt mündlich bekannt gegeben. Zum Bestehen sind 75 % der erreichbaren Punkte nötig. Es wird nur mit “bestanden” oder “nicht bestanden” bewertet.
Facharzt für Klinische Mikrobiologie und Virologie – Gehalt
Beim Berufseinstieg als Facharzt oder Fachärztin für Klinische Mikrobiologie und Virologie ist ein durchschnittliches Einstiegsgehalt zwischen monatlich EUR 3.690 und EUR 4.840 brutto üblich. Die Angaben stammen aus dem AMS-Gehaltskompass und basieren auf den Mindestgehältern aus den Kollektivverträgen von 2018. Das Lohnniveau entspricht dem, was Fachärztinnen und Fachärzte anderer Fachrichtungen beim Berufseinstieg verdienen.
Tätigkeiten außerhalb von Hospitälern und staatlichen Einrichtungen wie beispielsweise Gesundheitsbehörden unterliegen nicht dem Kollektivvertrag. Das Gehalt kann dann frei verhandelt werden.
Jobs als Virologe
Das Fachgebiet Klinische Mikrobiologie und Virologie steht seit Beginn der Coronavirus-Pandemie viel stärker im Fokus der Öffentlichkeit als jemals zuvor. Die Facharztausbildung muss aber nicht zwingend in die Virologie führen. Auch eine Spezialisierung in Bakteriologie, Mykologie, Parasitologie, Hygiene oder Infektiologie (Infektionskrankheiten) ist möglich.
Einen Job findet man nicht nur in öffentlichen Krankenhäusern und Ordensspitälern sowie in Fachkliniken. Es besteht auch die Möglichkeit, in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig zu werden.
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärztinnen und Ärzte in Deutschland und Österreich. In der Stellensuche gibt es täglich neue Stellenangebote als Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt und Chefarzt.
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