Um sich in Österreich als Facharzt bezeichnen zu können, gilt es diverse Anforderungen zu erfüllen, die durch die Ärzteausbildungsordnung (ÄAO 2015) vom 01.06.2015 festgelegt sind. Wie lange eine Facharztausbildung dauert und was sie beinhaltet wird dieser Artikel im Einzelnen erläutern.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Facharzt?
Ein Facharzt ist ein Arzt, der nach abgeschlossenem Medizinstudium eine mehrjährige Weiterbildung mit abschließender Facharztprüfung erfolgreich beendet hat. Dieses gehört in den meisten Ländern der Welt zu einer der zeitaufwendigsten Ausbildungsdisziplinen. In Österreich dauert sie beispielsweise mindestens zwölf Semester.
Wer also meint, mit dem erfolgreich abgeschlossenen Medizinstudium, sei auch die ärztliche Ausbildung abgeschlossen, der hat weit gefehlt. Im Grunde genommen fängt dann nämlich die medizinische Ausbildung häufig erst richtig an. Denn während der Studienzeit liegt der Fokus mehr auf dem Aufbau eines soliden theoretischen Basiswissens. Zwar sind auch viele praktische Anteile verpflichtend zu absolvieren, diese bieten meist aber nur einen groben Überblick über bestimmte Fachbereiche und Ausbildungsabschnitte und dienen somit eher der Orientierung.
Die Facharztausbildung vertieft dann im weiteren Werdegang das vorhandene Basiswissen des fertigen Arztes in einem bestimmten Gebiet der Medizin und vermittelt spezifische theoretische und praktische Kompetenzen. Schließlich bildet sich der Turnusarzt, wie man den Weiterbildungsassistent in Österreich nennt, auch zum Experten für sein Fachgebiet aus.
Rechtliche Grundlagen der Facharztausbildung in Österreich
Rechtlich liegt der österreichischen Facharztweiterbildung das Ärztegesetz zugrunde, welches man im Herbst 2014 überarbeitet hat und das mit der novellierten Ärzte-Ausbildungsordnung (ÄAO 2015) zum 1. Juni 2015 in seiner aktuellen Fassung in Kraft trat. Die neue ÄAO 2015 legt Dauer und Inhalt der einzelnen Facharztweiterbildungen fest und zielt darauf ab, nicht mehr nur strikt Ausbildungszeit in Monaten nachzuweisen, sondern die ärztliche Ausbildung selbst mehr in den Fokus zu rücken.
Facharztausbildung Österreich – Berufseinstieg und Dauer
Grundvoraussetzung für die Facharztausbildung ist das erfolgreich absolvierte Studium der Humanmedizin. Dazu gehört eine mündlich-kommissionelle Prüfung und das Einreichen einer Diplomarbeit. Dies befähigt den Arzt zu einer nicht selbstständigen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit, der sogenannten lus operandi. Erst nach dem Durchlaufen einer allgemeinmedizinischen Ausbildung oder der Ausbildung zum Facharzt wird das Recht zur selbstständigen Berufsausübung erreicht, der lus practicandi. Der Mediziner darf sich jetzt Arzt für Allgemeinmedizin bzw. Facharzt nennen.
Zunächst durchläuft jeder zukünftige Facharzt eine Basisausbildung mit einer Dauer von neun Monaten. Dieser Abschnitt der Ausbildung ist keinem speziellen Fachgebiet zugeordnet. Sie kann zum Beispiel auch für den angehenden Chirurgen in der Anatomie stattfinden. Das Durchlaufen der Basisausbildung ist an allen Standard-, Schwerpunkt- und Zentralkrankenanstalten möglich. Der jeweilige ärztliche Direktor der Einrichtung entscheidet über Beginn und Abteilung, in der die Basisausbildung erfolgt.
Den Ärzten werden in dieser Zeit Kenntnisse in konservativen und chirurgischen Fächern, sowie Fähigkeiten der Akut- und Erstversorgung vermittelt. Zudem befähigt die Basisausbildung die angehenden Fachärzte Tag-, Nacht- und Wochenenddienste abzuleisten. Am Ende der Basisausbildung sollten die Mediziner in der Lage sein, die häufigsten Krankheitsbilder zu identifizieren und zu therapieren. Anschließend bestimmt der jeweils angestrebte Facharzt den weiteren Ablauf und spezifiziert die Ausbildung. Eine Besonderheit gilt für künftige Allgemeinärzte, die innerhalb der Basisausbildung eine gewisse Zeit in der Neurologie ausgebildet werden sollen. Denn dieses Fachgebiet gehört im weiteren Verlauf nicht noch einmal zum Ausbildungsinhalt.
An die Basisausbildung schließt sich die Sonderfach-Grundausbildung (SFG) an. Darauf baut wiederum die Sonderfach-Schwerpunktausbildung (SFS) auf. Im Wesentlichen soll sie die Grundlagen der ärztlichen Tätigkeit von der stationären Aufnahme des Patienten bis hin zu dessen Entlassung vermitteln. Die Dauer dieser einzelnen Abschnitte variiert. Aus fachlich-medizinischen Gründen gestaltet sich die Spanne der Facharztausbildung mit ihren individuellen Abschnitten und Modulen unterschiedlich. Summa summarum umfasst sie 72 Monate. In der Sonderfachausbildung kann grundsätzlich aus sechs Modulen und zusätzlich einem wissenschaftliches Modul gewählt werden, wobei mindestens 3 Module absolviert werden müssen.
Das wissenschaftliche Modul ist in allen Sonderfächern gleich strukturiert und kann direkt im Anschluss an die Basisausbildung durchgeführt werden. Wie auch alle anderen Module, dauert das wissenschaftliche Modul 9 Monate und befähigt zu einer wissenschaftlichen Beschäftigung.
Die nachfolgende Übersicht zeigt den Aufbau der Facharztausbildung der jeweiligen Spezialisierung.
Bei einer Reduzierung der Arbeitszeit verlängert sich die Ausbildungszeit entsprechend. Wird die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin zum Beispiel in 50%iger Teilzeit absolviert, verlängert sich die Ausbildungszeit von sechs auf 12 Jahre. Bei der Facharztausbildung in Teilzeit müssen allerdings mindestens 12 Stunden in der Woche geleistet werden. In der Lehrpraxis liegt die Untergrenze bei 15 Stunden in der Woche, in Lehrambulatorien bei 17,5 Stunden pro Woche. Zwei Drittel der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung sind zwischen 7.00 Uhr und 16.00 Uhr zu absolvieren. Mehr Details und Informationen zur Facharztausbildung in Teilzeit liefert der Artikel zur Arztausbildung in Teilzeit: Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Arztausbildung zum Allgemeinarzt in Österreich
Für alle angehenden Allgemeinmediziner erfolgt nach der neunmonatigen Basisausbildung der Wechsel in den Spitalsturnus, welcher weitere 27 Monate dauert und konkrete zeitliche Vorgaben macht. Hierzu zählen zunächst neun Monate Ausbildung in der Inneren Medizin. Jeweils drei Monate entfallen auf die vier Gebiete:
- Kinder- und Jugendheilkunde
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Orthopädie und Traumatologie sowie
- Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
Darüber hinaus sind noch zwei Wahlfächer Pflicht, bei denen man aus einigen Fachgebieten wählen kann und die ebenfalls jeweils mindestens drei Monate dauern sollen. Zur Wahl stehen hierbei folgende Fachgebiete:
- Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Augenheilkunde und Optometrie
- Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
- Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Neurologie
- Urologie
Nach dem Spitalsturnus wechselt der künftige Allgemeinmediziner in die Lehrpraxis. Die Dauer dieses Ausbildungsabschnitts erhöht sich planmäßig stufenweise und ist im Moment auf eine Dauer von sechs Monaten festgelegt. Ab dem 1. Juni 2022 verlängert sich die Dauer der Lehrpraxis auf neun Monate und ab dem 1. Juni 2027 ein letztes Mal auf zwölf Monate. Somit dauert die Ausbildung zum Allgemeinmediziner in Österreich ab 2027 dann 48 Monate.
Während der Facharztausbildung im Bereich Allgemeinmedizin erlernt der Arzt unter anderem folgende Kompetenzen:
- Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen aller Art
- Früherkennung und Vorsorgeuntersuchungen
- Koordination diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
- Suchtmedizinische und schmerztherapeutische Behandlung
- Erkennung und Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder
- Palliativversorgung
Ausbildung zum Facharzt in Österreich
Etwas anders gestaltet sich der weitere Werdegang der österreichischen Fachärzte, welcher sich von den Allgemeinärzten abgrenzt. Das System ist sehr komplex, führt aber zu einer mindestens sechs Jahre (72 Monate) dauernden Facharztausbildung, die im Wesentlichen aus einer Sonderfach-Grundausbildung (SFG) und einer Sonderfach-Schwerpunktausbildung (SFS) besteht. Die Zusammensetzung der SFG und SFS variiert in Abhängigkeit vom gewählten Fachgebiet. Im Rahmen der Ausbildung zum Facharzt werden unter anderem folgende Kompetenzen vermittelt:
- Fachspezifische Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen aller Art
- Früherkennung und Vorsorgeuntersuchungen
- Koordination diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
- Fachspezifische suchtmedizinische und schmerztherapeutische Behandlung
- Erkennung und Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder
- Erkennung und Behandlung umwelt- und arbeitsbedingter Erkrankungen
- Fachspezifische Palliativversorgung
Der Chirurg in Ausbildung
Wer in Österreich Chirurg werden möchte, beginnt wie alle anderen Kollegen mit neun Monaten Basisausbildung. Die SFG und SFS im Rahmen der Facharztausbildung im Fachbereich Chirurgie hängen von der gewählten speziellen chirurgischen Disziplin ab. Die folgende Tabelle verschafft einen Überblick darüber, welcher zeitliche Rahmen jeweils im Anschluss an die Basisausbildung geschaffen wurde:
SFG-Dauer in Monaten | SFS-Dauer in Monaten | |
Allgemein- und Viszeralchirurgie | 15 | 48 |
Allgemein- und Gefäßchirurgie | 15 | 48 |
Herzchirurgie | 15 | 48 |
Kinder- und Jugendchirurgie | 15 | 48 |
Neurochirurgie | 36 | 27 |
Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie | 36 | 27 |
Thoraxchirurgie | 15 | 48 |
Der Internist in Ausbildung
Ebenfalls mit neun Monaten Basisausbildung starten alle künftigen Internisten in Österreich. Die Ausbildung in der Inneren Medizin unterteilt sich im Anschluss an die Basisausbildung ebenfalls in eine SFG und eine SFS. Die Sonderfachgrundausbildung findet 27 Monate lang in der Allgemeinen Inneren Medizin statt. Weiterhin muss man noch 36 Monate SFS absolvieren. Es ist zum einen möglich, diese in der Allgemeinen Inneren Medizin fortzusetzen oder zu einem konkreten internistischen Schwerpunkt zu wechseln.
Die folgenden Schwerpunkte stehen hierfür zur Auswahl:
- Angiologie
- Endokrinologie & Diabetologie
- Gastroenterologie
- Hämatologie & Onkologie
- Infektiologie
- Innere Medizin
- Intensivmedizin
- Kardiologie
- Nephrologie
- Pneumologie
- Rheumatologie
Die Sonderfächer
Natürlich bildet die Ausbildungsordnung (ÄAO 2015) in Österreich nicht nur Allgemeinmedizin, Chirurgie und Innere Medizin ab, sondern liefert auch die Grundlagen für die Ausbildung in einem Sonderfach. Welche Fachrichtungen in Österreich zu den Sonderfächern gehören, und wie lange die Ausbildung nach der Basisausbildung noch andauert, ist in der folgenden Tabelle dargestellt.
Facharztausbildung – Ausbildungsplan und Rasterzeugnisse
Neben der geforderten Mindestdauer der zu absolvierenden Ausbildungsabschnitte, schafft die österreichische Ausbildungsordnung auch ganz allgemeine Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Facharztweiterbildung.
Jedem angehenden Facharzt wird zu Beginn seiner Ausbildung ein Ausbildungsplan ausgehändigt, welcher festlegt wo und wie lange die einzelnen Ausbildungsabschnitte absolviert werden. Bevor ein Rasterzeugnis ausgestellt wird, gilt es ein fachliches, ausbildungsbezogenes Evaluierungsgespräch mit dem Ausbildungsverantwortlichen zu führen. In den Rasterzeugnissen dokumentiert man dann diese Abschnitte jeweils in schriftlicher Form. Diese erstellt man zu festgelegten Zeitpunkten im Rahmen der Ausbildung. Sie dienen als Ausbildungsnachweis, dass alle ausbildungsrelevanten Inhalte an einer anerkannten Ausbildungsstätte vermittelt werden.
Man erstellt ein Rasterzeugnis immer dann, wenn ein festgelegter Ausbildungsabschnitt endet. Im Folgenden ist eine Übersicht über die Zeitpunkte zu finden:
- Einmal am Ende der Basisausbildung
- Einmal am Ende der Fachbereiche der allgemeinmedizinischen Weiterbildung
- Zweimal während der SFG (1x nach der Hälfte und 1x am Ende)
- jeweils nach jedem Abschnitt der SFS
Auch sind Anforderungen an die Ausbildungsstätte festgelegt. Während die Basisausbildung in fast allen österreichischen Krankenanstalten absolviert werden kann, benötigt die Sonderausbildung auch eine anerkannte Ausbildungsstätte. Um von der österreichischen Ärztekammer anerkannt zu werden, muss eine Ausbildungsstätte verschiedene Eigenschaften erfüllen. Darüber hinaus ist sie zu diversen qualitätssichernden Maßnahmen verpflichtet, um die best- und schnellstmögliche Ausbildung der Turnusärzte sicherzustellen. Jede Ausbildungsstätte bestimmt einen Verantwortlichen. Dieser soll sicherstellen, dass die Inhalte auch mit Erfolg vermittelt werden. Außerdem ist regelmäßig der Kenntnisstand des Auszubildenden zu überprüfen und dieser in den Rasterzeugnissen festzuhalten.
Um eine elektronische Erfassung von z.B. einem Wechsel der Ausbildungsstätte oder des Fachgebietes zu ermöglichen, wurde zusätzlich zum 1. Juli 2015 eine App initiiert, über die Meldungen zu jeden Veränderungen erfolgen können und die von der österreichischen Ärztekammer verwaltet wird.
Übrigens kann jede Ausbildung, die vor dem 31. Mai 2006 begonnen wurde, auch nach den damals geltenden Richtlinien beendet werden, sodass keinem Turnusarzt Nachteile durch die Novellierung der Ausbildungsordnung entstehen.
Facharztprüfung
Die Facharztprüfung wird von der Akademie der Ärzte abgenommen. Mit Hilfe der Prüfung wird eruiert, ob der angehende Facharzt die notwendigen Kompetenzen besitzt, um seine gesetzlich festgelegten Aufgaben gemäß den Ärztegesetzbestimmungen sowie der Ärzte-Ausbildungsverordnung ausüben zu können.
Prüfungsvoraussetzung ist die Anmeldung und Zulassung zur Facharztprüfung. Sowohl die Anmeldung als auch die Zulassung ist via des Anmeldeformulars der zuständigen Ärztekammer einzureichen. Zuständig ist immer die Ärztekammer, in deren Kammerbereich der Prüfling zum Zeitpunkt der Antragstellung gemeldet ist. Die Anmeldung für die Facharztprüfung muss mindestens 3 Monate vor angesetztem Prüfungstermin erfolgen. Nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen, erteilt die Ärztekammer die Zulassung, die dem Prüfling bis spätestens 2 Wochen vor Prüfungstermin zugesendet wird.
Damit der Prüfling zur Prüfung zugelassen werden kann, muss nachgewiesen werden, dass die erforderlichen 44 anrechenbare Monate Weiterbildung im Sonderfach zum Zeitpunkt des Antrages absolviert wurden. Darüber hinaus sind alle erworbenen Zeugnisse bzw. Bestätigungen gemäß der Bestimmungen des ÄrzteG 1998 und der Ärzte-Ausbildungsordnung vom Prüfungsanwärter vorzulegen.
Zugelassene Prüfungsmethoden:
- Schriftlich: Wahlantwortverfahren (MC) oder Kurzantwortfragen (KAF)
- Mündlich: strukturiert mündliche Prüfung (SMP) oder strukturierte Beobachtung (SB)
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