Ein Facharzt für Neurochirurgie ist auf Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert. Neurochirurgen führen Operationen an Gehirn und Wirbelsäule durch, behandeln Patienten aber auch auf konservative Weise. Dabei bilden sie die Schnittstelle zwischen Neurologie und Chirurgie. Die anspruchsvolle Tätigkeit erfordert es, nach dem Medizinstudium eine Facharztausbildung zu absolvieren. Hier gibt es weiterführende Informationen zur Dauer, zu den Inhalten und zum Prüfungsablauf.
Inhaltsverzeichnis
Facharzt für Neurochirurgie – Tätigkeiten und Zuständigkeitsgebiet
Das Fachgebiet der Neurochirurgie befasst sich mit Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Neurochirurgen sind Spezialisten für das menschliche Gehirn, die Wirbelsäule, das Rückenmark und für die peripheren Nerven in Armen und Beinen. Sie diagnostizieren Krankheiten und Funktionsstörungen und wählen angemessene Behandlungsmethoden aus. Bei Operationen kommen Techniken wie die Endoskopie und computergestützte Verfahren zum Einsatz. Viele operative Eingriffe werden heute minimalinvasiv durchgeführt. Die fluoreszenzgestützte Chirurgie macht zum Beispiel durch Kontrastmittel bösartige Tumorzellen sichtbar, die auf mikrochirurgischem Weg entfernt werden können.
Zu den typischen Krankheiten, die Neurochirurgen im Arbeitsalltag behandeln, gehören:
- Bandscheibenvorfälle
- Epilepsie
- Gefäßverschlüsse im Gehirn
- gutartige und bösartige Hirntumore
- Hirnblutungen
- Hirndruck (Hydrocephalus)
- Schädel-Hirn-Trauma
Bedingt durch den demographischen Wandel verändert sich auch das Tätigkeitsfeld der Neurochirurgen: Heute sind zum Beispiel Behandlungen degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule wesentlich häufiger nötig als noch vor einigen Jahren. Zudem steigt die Zahl der gutartigen und bösartigen Hirntumore. Zur Behandlung von Tumoren arbeiten Neurochirurgen mit Onkologen zusammen.
Facharztausbildung Neurochirurgie – Die Weiterbildung im Überblick
Bevor man in Österreich als Neurochirurg tätig werden kann, muss man eine fachärztliche Weiterbildung absolvieren. Die Neurochirurgie gehört dabei zu den chirurgischen Sonderfächern. Die Facharztausbildung schließt ans Medizinstudium an und dauert mindestens 72 Monate. Dauer, Gliederung und Inhalte sind in der Ärztinnen-/ Ärzte-Ausbildungsordnung geregelt, deren letzte Version aus dem Jahr 2015 stammt (ÄAO 2015). Die medizinische Weiterbildung schließt mit einer Facharztprüfung ab.
Ziele
Das Ziel der fachärztlichen Ausbildung ist es, Ärztinnen und Ärzte zur selbständigen Ausübung ihrer Tätigkeit im jeweiligen Sonderfach zu befähigen. So sollen Neurochirurgen die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erhalten, die sie zur Erkennung, Behandlung, Nachbehandlung und Prävention von Erkrankungen des Nervensystems benötigen. Darüber hinaus soll die Weiterbildung den Ärztinnen und Ärzten kommunikative Kompetenzen vermitteln, damit sie Patienten jeden Geschlechts und aller Altersstufen einfühlsam betreuen und beraten können.
Dauer und Gliederung
Die Facharztausbildung für Neurochirurgen gliedert sich in drei Abschnitte:
- 9 Monate Basisausbildung
- 36 Monate Sonderfach-Grundausbildung
- 27 Monate Sonderfach-Schwerpunktausbildung
Für die Sonderfach-Schwerpunktausbildung können die auszubildenden Ärztinnen und Ärzte aus sechs fachspezifischen und einem wissenschaftlichen Modul drei Module wählen, wobei jedes Modul eine Dauer von neun Monaten umfasst. Die medizinische Weiterbildung folgt einem verbindlichen Ausbildungsplan, der von der Ausbildungsstätte vorgelegt werden muss. Als Nachweis für erfolgreich absolvierte Studienabschnitte werden Rasterzeugnisse ausgestellt.
Inhalte
Während der Basisausbildung erwerben die angehenden Neurochirurgen die klinische Basiskompetenz, die sie zur stationären Behandlung von Patienten benötigen. Die Sonderfach-Grundausbildung vermittelt anschließend Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zur neurochirurgischen Behandlung des Gehirns, der peripheren Nerven und des zentralen Nervensystems. Die zukünftigen Fachmediziner befassen sich zudem mit den administrativen, rechtlichen und patientenfokussierten Grundlagen des Arztberufes.
- Grundlagen der multidisziplinären Koordination und Kooperation, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen und Möglichkeiten der Rehabilitation
- Psychosomatische Medizin
- Radiotherapie
- Physikalische Therapie
- Schmerztherapie
- Betreuung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen
- Gesundheitsberatung, Prävention, Vorsorgemedizin
- Neuroanatomie, Neurohistologie, Neurophysiologie, Neuropathologie, Neuropharmakologie, Genetik, Biomechanik, Immunologie und Hygiene
- Einschlägige Rechtsvorschriften für die Ausübung des ärztlichen Berufes, insbesondere betreffend das Sozial-, Fürsorge- und Gesundheitswesen, einschließlich entsprechender Institutionenkunde des österreichischen Gesundheitswesens und des Sozialversicherungssystems
- Grundlagen der Dokumentation und Arzthaftung
- Grundlagen der multidisziplinären Koordination und Kooperation, insbesondere mit anderen Gesundheitsberufen und Möglichkeiten der Rehabilitation
- Gesundheitsökonomische Auswirkungen ärztlichen Handelns
- Ethik ärztlichen Handelns
- Maßnahmen zur Patientinnen- und Patientensicherheit
- Palliativmedizin
- Geriatrie
- Neurochirurgische Behandlungen von Erkrankungen des Gehirns und seiner Hüllen, des Schädels und der Schädelbasis und der jeweiligen Blutversorgung, der Hypophyse, der Hirn- und Spinalnerven sowie peripheren Nerven und des autonomen Nervensystems sowie Erkrankungen des Rückenmarks und seiner Hüllen und der Wirbelsäule
- Fachspezifische neurochirurgische Diagnostik
- Instrumenten-, Biomaterialien- und Implantatkunde sowie Gerätekunde
- Stereotaktische Neurochirurgie und funktionelle Neurochirurgie von Schmerz, Bewegungsstörungen und Epilepsie
- Neurotraumatologie
- Pädiatrische Neurochirurgie
- Funktionelle Neurochirurgie
- Vaskuläre Neurochirurgie
- Endovaskuläre Neurochirurgie
- Neurochirurgie der Schädelbasis
- Spinale Neurochirurgie
- Onkologische Neurochirurgie
- Neuroradiochirurgie
- Fachspezifische Onkologie (Neuroonkologie) in interdisziplinärer Zusammenarbeit
- Fachspezifische Qualitätssicherung und Dokumentation
- Strahlenschutz bei Patientinnen und Patienten und Personal gemäß den geltenden rechtlichen Bestimmungen
In der Sonderfach-Schwerpunktausbildung vertiefen die Ärztinnen und Ärzte ihr Wissen und fokussieren sich auf bestimmte Module. Neben einem wissenschaftlichen Modul stehen dabei die folgend beschriebenen sechs fachspezifischen Module zur Wahl.
Modul 1: Vaskuläre und endovaskuläre Neurochirurgie
- Epidemiologie, Ätiologie und Pathophysiologie cerebraler und spinaler Gefäßerkrankungen bei Erwachsenen und Kindern; physikalische und technische Grundlagen bildgebender Verfahren, Strahlenphysik und Strahlenbiologie
- Vaskuläre Anatomie des ZNS; morphologische, funktionelle, nuklearmedizinische Bildgebung (Sonografie, TCD, CT, CTA, MRT, MRA, DSA, Perfusionsbildgebung); Selektion diagnostischer Verfahren, Indikation und Limitation in der vaskulären und endovaskulären Neurochirurgie
- Eingriffsplanung und Patientinnen- und Patientenmanagement: Indikationen und Methoden der chirurgischen, endovaskulären und radiochirurgischen Therapie cerebraler und spinaler Gefäßerkrankungen, Erkrankungen der intra- und extracraniellen hirnversorgenden Gefäße
- Medikamentöse Therapie cerebraler arterieller Verschlusskrankheiten sowie Methoden und Indikationen für chirurgische und endovaskuläre Eingriffe bei akuten cerebralen Ischämien
- Klinische Untersuchung und Management von Patientinnen und Patienten mit rupturierten und unrupturierten cerebralen und/oder spinalen Gefäßerkrankungen; Indikationsstellung zu vaskulären und endovaskulären Eingriffen/alternativen Behandlungformen und Nachuntersuchungen sowie Gerätekunde, Strahlenschutz und Anwendung von Röntgenkontrastmitteln
- Diagnostik, klinische Untersuchung und Management von Patientinnen und Patienten mit akuten und chronischen cerebralen ischämischen Erkrankungen
- Perioperative/Periinterventionelle Anwendung von koagulationshemmenden und thrombolytischen Medikamenten
- Grundlagen der notfallmedizinischen Erstversorgung sowie der neurochirurgischen prä- und postoperativen/postinterventionellen Intensivmedizin
Modul 2: Onkologische Neurochirurgie
- Epidemiologie, Ätiologie und Pathophysiologie intracranieller/cerebraler Tumore
- Klinische Diagnostik, perioperatives Management, Indikation und Zugangsplanung inkl. Neuronavigation bei primären und sekundären Hirntumoren
- Medikamentös-onkologische Therapie, Histopathologie, Molekularbiologie, Methoden der Strahlentherapie und Radiochirurgie
- Fachspezifische Interpretation der von Radiologinnen und Radiologen und Nuklearmedizinerinnen und Nuklearmedizinern erhobenen Bilder und Befunde, klinische Untersuchung, Behandlung, konservative und chirurgische Behandlung von Patientinnen und Patienten mit cerebralen Tumoren
- Interdisziplinäres Management von Patientinnen und Patienten mit cerebralen Tumoren (Tumorboard)
- Postoperative Behandlung und Nachsorge von Patientinnen und Patienten mit cerebralen Tumoren
Modul 3: Schädelbasis
- Anatomie und Pathophysiologie der Schädelbasis, schädelbasisnahen Hirngefäße, Hirnnerven, Orbita und Nasennebenhöhlen
- Neuroradiologische Bildgebung bei Schädelbasisprozessen
- Grundlagen der Neuroendokrinologie, Neuroophthalmologie, Audiologie und des Hirnnervenmonitorings
- Fachspezifische Interpretation der von Radiologinnen und Radiologen und Nuklearmedizinerinnen und Nuklearmedizinern erhobenen Bilder und Befunde, Elektrophysiologie und klinische Untersuchung von Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen der Schädelbasis
- Intraoperative Diagnostik und Anwendung von Neuronavigation, intraoperativer Sonografie und elektrophysiologischem Monitoring
- Behandlung und Lagerung von Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen der knöchernen Schädelbasis, der Hirnnerven, der Hypophyse und Sellaregion und der Orbita
Modul 4: Neurotraumatologie
- Pathophysiologie, Diagnostik, konservative und chirurgische Therapie des isolierten Schädelhirntraumas inkl. Frakturen, Schädelbasisverletzungen und Liquorfisteln
- Klinische Diagnostik, chirurgische Behandlung und intensivmedizinische Behandlung von traumatischen intracraniellen Blutungen, multidisziplinäres Management des SHT im Rahmen eines Polytraumas
- Chirurgische Technik und Interpretation der Hirndruckmessung und medikamentöse Hirndrucktherapie
- Klinische Untersuchung und konservative und/oder chirurgische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Schädelhirntraumen
- Notfallmedizinische Erstversorgung, fachspezifische Interpretation der von Radiologinnen und Radiologen und Nuklearmedizinerinnen und Nuklearmedizinern erhobenen Bilder und Befunde und Grundlagen der neurochirurgischen Intensivtherapie von Patientinnen und Patienten mit Schädelhirntraumen
- Hirndruckmessung, Hirndrucktherapie sowie Indikationen und Methoden der Dekompressionscraniotomie
Modul 5: Spinale Neurochirurgie
- Anatomie, Physik und Biomechanik des Stütz- und Bewegungsapparates sowie Pathologie und Pathophysiologie angeborener und erworbener Erkrankungen der Wirbelsäule
- Grundlage der Osteosynthese inkl. Implantat- und Biomaterialienkunde
- Physikalische Therapien
- Fachspezifische Interpretation der von Radiologinnen und Radiologen und Nuklearmedizinerinnen und Nuklearmedizinern erhobenen Bilder und Befunde und Wirbelsäulenuntersuchungstechniken
- Infiltrations- und/oder Denervationstechniken an der Wirbelsäule und invasive Schmerztherapie an der Wirbelsäule/periradikulär
- Management von spinalen Traumen einschließlich Stabilisierung, Management von WS-Metastasen einschließlich Dekompression, Corporektomie und Stabilisierung, Management von extra-, intraduralen und intramedullären Tumoren, mikrochirurgische Dekompressionen und Stabilisierungstechniken intercorporell/ventral und dorsal bei degenerativen WS-Erkrankungen und Spondylolisthesen inkl. intraoperativer durchleuchtungsgeführter und navigationsgestützter Verfahren
- Fachspezifische Rehabilitation der Wirbelsäule
Modul 6: Pädiatrische Neurochirurgie
- Normale und pathologische Entwicklung des ZNS, craniofaciale und WS-Deformitäten
- Ätiologie, klinische Diagnostik und chirurgische Therapie von Hydrocephaluserkrankungen und Tumoren des ZNS, des peripheren Nervensystems und der Meningen im Säuglings- und Kindesalter
- Klinische Diagnostik und Behandlung von Schädelhirntraumen und Wirbelsäulen-Traumen sowie Infektionserkrankungen des ZNS im Säuglings- und Kindesalter
- Operationen bei Hydrocephalus
- Craniotomie und mikrochirurgische Resektion supra- und infratentorieller Tumore sowie Tumorerkrankungen der Schädel- und Wirbelknochen
- Behandlung und operative Versorgung von Entwicklungsstörungen/Malfor3mationen
- Behandlung und chirurgische Versorgung traumatischer Blutungen
Facharztprüfung Neurochirurgie
Zum Abschluss der Facharztausbildung muss eine Prüfung absolviert werden. Die Facharztprüfung im Sonderfach Neurochirurgie erfolgt in mündlich strukturierter Form. Das bedeutet, sowohl die Fragen als auch die erwarteten Antworten sind zentral vorgegeben. Auf diese Weise soll eine neutrale und objektive Bewertung der Kandidaten möglich sein. Die Prüfung dauert insgesamt etwa zwei Stunden. Die Prüflinge müssen acht Fallvignetten bearbeiten und die dazugehörigen Fragen an mehreren Prüfungsstationen vor ein oder zwei Prüfern beantworten. Die Inhalte richten sich nach der ÄAO 2015. Um zu bestehen, sind positive Bewertungen für sechs der acht Fallbeispiele notwendig, wobei pro Fallbeispiel mindestens 75 Prozent der möglichen Gesamtpunkte zu erreichen sind.
Facharzt für Neurochirurgie – Gehalt
Nach erfolgreicher Prüfung dürfen die Mediziner sich als Facharzt für Neurochirurgie bezeichnen. Wie viel sie nun verdienen, hängt vom Träger der jeweiligen Arbeitsstätte sowie vom Bundesland ab. An öffentlichen Spitälern können junge Fachärzte mit einem Einstiegsgehalt von rund 50.000 Euro brutto pro Jahr rechnen. An Uni-Kliniken verdienen sie durchschnittlich 54.500 Euro, an Ordensspitälern rund 47.600 Euro. Mit der Berufserfahrung steigt auch der Verdienst. Im Mittel erhalten Chirurgen in Österreich ein Bruttojahresgehalt von 84.200 Euro. Als Chef-Chirurg sind sogar rund 152.000 Euro pro Jahr möglich. Der Verdienst setzt sich dabei aus einem Grundgehalt und verschiedenen Zulagen, zum Beispiel für Wochenend- und Nachtdienste, zusammen.
Vor allem beim Facharztgehalt an öffentlichen Spitälern bestehen große regionale Unterschiede. Für Ordensspitäler gilt dagegen ein einheitlicher Kollektivvertrag. In seiner aktuellen Version legt dieser das Gehalt für Fachärzte in 38 Gehaltsstufen fest. Inklusive Zulagen verdienen Fachmediziner an Ordensspitälern zwischen 6.073,01 Euro und 8.944,66 Euro brutto im Monat.
Macht sich ein Neurochirurg mit einer eigenen Ordination selbständig, hängt die Höhe der Einkünfte von der Anzahl der Patienten und der Art der durchgeführten Behandlungen ab.
Jobs als Neurochirurg
Neurochirurgen können als angestellte Fachärzte in einer öffentlichen Klinik oder einer Uni-Klinik arbeiten sowie in einem Ordensspital. Weiterhin können sie sich dafür entscheiden, in einem Gruppenpraxis tätig zu werden oder eine eigene Ordination zu eröffnen. Karrieremöglichkeiten ergeben sich außerdem in der medizinischen Forschung und Lehre.
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte in Österreich. In der Stellensuche sind täglich zahlreiche Stellenangebote in der Neurochirurgie für Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt und Chefarzt gelistet.
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Facharztausbildung und Facharztrichtungen