Pharmakologie ist die Lehre von Arzneimittelwirkungem im menschlichen Körper. Die Toxikologie befasst sich mit der entsprechenden Wirkungsweise von Giftstoffen. Es besteht dabei ein enger Zusammenhang. Medikamente falsch oder im Übermaß angewendet, können ja auch gleichzeitig Gifte sein. Als Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie kennt man sich in beiden Gebieten bestens aus und nutzt das Wissen für Untersuchung, Beratung und Therapie. In unserem Beitrag stellen wir die entsprechende Facharztausbildung in Österreich vor und gehen auf mögliche Job-Perspektiven ein.
Inhaltsverzeichnis
Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie – Tätigkeiten und Zuständigkeitsgebiet
Pharmakologen und Toxikologen arbeiten an der Schnittstelle zwischen Pharmazie und Medizin und sind oft an der Entwicklung neuer Medikamente beteiligt. Sie untersuchen die Wechselwirkungen von Arzneimitteln und menschlichem Organismus oder führen Arzneimittelbestimmungen für neue Therapieansätze durch. Bei neu zu erprobenden Medikamenten kümmern sie sich um entsprechende klinische Untersuchungen und Langzeitstudien. Ein weiteres Aufgabengebiet: Untersuchung und Behandlung von Patienten bei toxisch wirkenden Arzneimitteln, Drogen und sonstigen Fremdstoffen. Ein Spezialgebiet ist die forensische Toxikologie – die Untersuchung von Todesfällen auf mögliche Giftursachen hin. Fachärzte für Pharmakologie und Toxikologie sind in ihren unterschiedlichen Aufgabenstellungen auch als Gutachter gefragt. Bei einer Tätigkeit an Universitätskliniken sind sie häufig an Forschungsvorhaben beteiligt bzw. führen diese selbständig oder federführend durch. Neben der Facharztausbildung wird für Forschung und Lehre in der Regel die Promotion und ggf. die Habilitation vorausgesetzt.
Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie – Die Weiterbildung im Überblick
Grundlage der Facharztausbildung ist die österreichische Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015). Die Ausbildung ist als Weiterbildung angelegt und setzt auf der allgemeinärztlichen Ausbildung auf. Pharmakologie und Toxikologie sind dabei zu einem medizinischen Sonderfach zusammengefasst – mit der Möglichkeit der fachlichen Spezialisierung.
Ziele
Die Ausbildung bereitet auf eine in erster Linie forschende, beratende und gutachterliche Tätigkeit vor. Dazu soll das entsprechende Know How vermittelt werden. Der angehende Pharmakologe und Toxikologe soll außerdem die notwendigen Erfahrungen sammeln und Fertigkeiten erlernen, die für die Ausübung des Berufs erforderlich sind.
Dauer und Gliederung
Die Facharztausbildung dauert insgesamt 72 Monate und umfasst drei Abschnitte:
- 9monatige Basisausbildung;
- 36monatige Sonderfach-Grundausbildung;
- 27monatige Sonderfach-Schwerpunktausbildung.
Die Sonderfach-Schwerpunktausbildung gliedert sich in sieben Module: sechs Fachmodule und ein wissenschaftliches Modul. Drei Module davon müssen gewählt werden.
Inhalte
Die Basisausbildung ist Bestandteil aller Facharztausbildungen in Österreich. Sie findet üblicherweise in einem Krankenhaus statt, in dem mehrere Stationen durchlaufen werden müssen. Sie dient dazu, die klinischen Grundanforderungen einer weiterführenden Ausbildung zu erfüllen. Am Ende der Basisausbildung soll man bei einer Arbeit im Krankenhaus die richtigen Prioritäten setzen, Notfälle erkennen, einschätzen und Patienten (mit)betreuen können.
Sonderfach-Grundausbildung
Die Sonderfach-Grundausbildung will die Grundlagen für die anschließende Spezialisierung legen. Vermittelt werden Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Sinne einer Breitenkompetenz im Sonderfach. Die Ausbildungsinhalte umfassen alle Themen, die anschließend in der Schwerpunktausbildung über die Modulwahl vertieft werden können. Es geht u.a. um die Wirkung von Medikamenten, Giften und Schadstoffen im menschlichen Körper, Fragen und Methoden der klinischen Arzneimittelerprobung, pharmakologische und toxikologische Mess-, Analyse- und Nachweisverfahren, Pharmakotherapie, pharmakologisch-toxikologische Gutachtenerstellung und Dokumentation. Weiterhin umfasst die Sonderfach-Grundausbildung folgende Inhalte:
- Standardisierungsmethoden und biologische Tests
- Biometrische Methoden
- Medikamente, Gifte und Schadstoffe in Körperflüssigkeiten im menschlichen Organismus und in der Umwelt
- Stoffe, die in Luft, Wasser oder Lebensmitteln entweder als unvermeidbare Rückstände vorkommen, oder wegen spezieller Wirkung zugesetzt werden, oder als natürliche Stoffwechselprodukte auftreten und Schadwirkungen, insbesondere Allergien, hervorrufen
- Umwelt- und arbeitsbedingte Erkrankungen
- Klinische Arzneimittelerprobung am Menschen einschließlich der ethischen Grundlagen des Versuches am Menschen gemäß der Deklaration von Helsinki und Good Clinical Practice (GCP)
- Ethische Grundlagen der Durchführung von Tierversuchen gemäß den Principles for Care and Use of Laboratory Animals sowie den hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften
- Kenntnis physikalischer und chemischer Messmethoden sowie von in der Pharmakologie und Toxikologie üblichen physikalischen und chemischen Isolierungs- und Nachweisverfahren
- Für die Ausübung des ärztlichen Berufes relevante Besonderheiten der Geschlechter sowie der Altersgruppen
- Meldesystem von Arzneimittelrisiken, Pharmakovigilanz
- Pharmakoökonomie, Therapieoptimierung unter Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
- Grundzüge der in den biologischen Wissenschaften angewandten Methoden
- Pharmakologie und Toxikologie mit besonderer Berücksichtigung von Resorption, Stoffwechsel, Verteilung und Ausscheidung von Arzneimitteln, Giften und Lebensmitteln
- Pharmakologie der Arzneimittel:
- pharmazeutische Grundlagen, Galenik
- pharmakodynamische, pharmakokinetische und pharmakogenetische Grundlagen
- Wirkungskinetik
- unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Dosis-Wirkungsbeziehung
- Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen, Lebensmitteln
- Pharmakologie der Lebensalter sowie der Geschlechter
- Toxikologie von:
- Arzneimitteln sowie Umweltschadstoffen und Giften sowie deren Wirkungen auf den Menschen einschließlich
- Wirkungskinetik und Dosis-Wirkungsbeziehungen
- pharmakologische Grundlagen der Therapie von Vergiftungen
- Pharmakologische Beurteilung von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
- Fachspezifische Qualitätssicherung und Dokumentation
- Pharmakologische und toxikologische Gutachten
Sonderfach-Schwerpunktausbildung
In der Sonderfach-Schwerpunktausbildung werden folgende Module angeboten, von denen drei ausgewählt werden müssen:
Modul 1: Pharmakologische Wirkmechanismen/Angriffspunkte
- Grundlagen und Auswirkungen der pharmakologischen Wirkmechanismen
Modul 2: Pharmakodynamik
- Grundlagen der Pharmakodynamik
- Wirkmechanismen der Pharmakodynamik und deren Bedeutung von klinisch therapeutischen Wirkungen und unerwünschten Wirkungen von Pharmaka
Modul 3: Pharmakokinetik
- Grundlagen der Pharmakokinetik und ihrer Anwendung in der Arzneitherapie
Modul 4: Toxikologie
- Grundlagen der Toxikologie und deren Bedeutung für die Pharmakotherapie
Modul 5: Pharmakologie/Pharmakotherapie der Geschlechter und der Lebensalter
- Grundlagen und Auswirkungen der Pharmakologie/Pharmakotherapie der Geschlechter und der verschiedenen Altersgruppen
Modul 6: Grundlagen der Klinischen Pharmakologie
- Grundlagen der Klinischen Pharmakologie
Wissenschaftliches Modul
Da die Facharztausbildung für eine Tätigkeit in der Forschung prädestiniert ist, kommt dem wissenschaftlichen Modul mehr Bedeutung zu als in anderen Sonderfächern. Das fachübergreifende Modul befasst sich mit wissenschaftlicher Methodenlehre, wissenschaftsethischen Themen und praktischen Fragen der Forschung. Inhalte betreffen u.a. Studiendesign, statistische Analyse- und Auswertungsverfahren, wissenschaftliche Dokumentation, Aufbereitung und Präsentation von Forschungsergebnissen.
Facharztprüfung Pharmakologie und Toxikologie
Die Facharztprüfung findet unter Verantwortung der Österreichischen Ärztekammer statt. Sie ist als mündlich strukturierte Prüfung konzipiert und (inkl. Vorbereitung) auf zweieinhalb Stunden angelegt. In der Prüfung werden sechs praktische Fallbeispiele – jeweils mit Unterfragen – behandelt. Die Beispiele sollen möglichst das gesamte Themenspektrum der Facharztausbildung abdecken. Um die Prüfung zu bestehen, müssen mindestens 75 Prozent der maximal möglichen Punkte erreicht sein. Es gibt keine Noten. Die Prüfung wird nur “bestanden” oder “nicht bestanden”.
Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie – Gehalt
Da es nur wenige Pharmakologen und Toxikologen in Österreich gibt, sind spezifische Aussagen zum Gehalt kaum möglich. Die Gehaltssituation wird wesentlich durch den jeweiligen Arbeitgeber bestimmt. Bei einer Tätigkeit in öffentlichen Kliniken, Instituten und Einrichtungen richtet sich die Vergütung nach dem jeweiligen Tarifvertrag. Als Orientierung können durchschnittliche Facharzt-Gehälter dienen, die sich in einer Größenordnung von 60.000 Euro p.a. bewegen. Je nach Alter bzw. Berufserfahrung kann die Vergütung auch darüber liegen. Bei einer Tätigkeit an verantwortlicher Stelle in der Pharmaindustrie – zum Beispiel bei einem forschenden Pharmaunternehmen – ist auch deutlich mehr möglich.
Jobs als Pharmakologe und Toxikologe
Pharmakologie und Toxikologie darf als “Exotenfach” in Österreich gelten. Laut der Ärztestatistik der Österreichischen Ärztekammer für 2020 gibt es im Land insgesamt 30 Pharmakologen und Toxikologen gemäß der ÄAO 2015. Davon waren 2020 24 in Anstellungsverhältnissen tätig, vier mit einer Ordination. Angesichts einer Gesamtzahl von fast 48.000 Ärzten in Österreich ist das eine verschwindend geringe Zahl. Angesichts der Bedeutung der Arzneimittel- und Wirkstoffforschung mag das verwundern. Zu berücksichtigen ist aber, dass an Medikamentenentwicklung und -testung auch noch viele andere Fachdisziplinen beteiligt sind – zum Beispiel Pharmazie, pharmazeutische Chemie, Biotechnologie und auch andere medizinische Fächer.
Fachärzte für Pharmakologie und Toxikologie arbeiten in erster Linie in Universitätskliniken, öffentlichen Einrichtungen, Instituten und Pharmaunternehmen, die sich mit entsprechenden Fragestellungen beschäftigen. In Österreich existieren zum Beispiel
- die Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie an der MedUni Wien;
- entsprechend ausgerichtete Institute an der MedUni Wien, an der Universität Wien und an der veterinärmedizinischen Universität Wien;
- mehrere Institute, Sektionen oder Abteilungen für Pharmakologie und/oder Toxikologie an der medizinischen Universität Innsbruck bzw. Universität Innsbruck;
- zwei Institute mit entsprechendem Schwerpunkt an der Universität bzw. medizinischen Universität Graz.
Schon diese Übersicht zeigt, dass der Arbeitsmarkt für qualifizierte Pharmakologen und Toxikologen überschaubar ist. Von daher werden angehende Fachärzte in diesem Bereich auch den Blick ins Ausland richten – insbesondere in den DACH-Raum. In Deutschland gibt es zum Beispiel mehrere Dutzend Institute mit entsprechenden Schwerpunkten. Die deutsche Ärztestatistik 2020 weist knapp 400 berufstätige Pharmakologen und Toxikologen auf. Davon sind 37 Prozent in Kliniken tätig, 10 Prozent in Institutionen und 48 Prozent in anderen Bereichen.
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte in Österreich. In der Stellensuche sind täglich zahlreiche Stellenangebote in der Pharmakologie und Toxikologie für Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt und Chefarzt gelistet.
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