Du hast dein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen und strebst eine Karriere in der Allgemeinmedizin an? Dann steht eine spannende und lehrreiche Zeit als Turnusarzt bevor, bei der nicht nur allerhand fachliche und praktische Fertigkeiten vermittelt werden, sondern in der es auch aus rechtlicher Sicht Einiges zu beachten gibt.
Inhaltsverzeichnis
Der folgende Artikel soll einen Überblick über die Rechte und Pflichten eines Turnusarztes geben, um möglichst schon vor dem ersten Arbeitstag einen Einblick in das Berufsleben zu erlangen.
Was ist ein Turnusarzt?
Turnusarzt ist ein Arzt, der sein Medizinstudium und Basisausbildung erfolgreich absolviert hat und sich in der Ausbildung zum praktischen Arzt für Allgemeinmedizin befindet. Hier gibt es weiterführende Infos zur Ausbildung zum Allgemeinmediziner, Tätigkeiten, Gehalt und Stellenangeboten.
Turnusarzt – Arbeitszeit und Tätigkeit
Einen der „Big Points“ bei der Ausübung des ärztlichen Berufes stellt die Arbeitszeit dar, die zum Erhalt eines geregelten Dienstplans bei Ärzten durchaus weit über die normale 40-Stunden-Woche hinausgehen kann. Hier sollte man besonders gut informiert sein, was das Arbeitszeitgesetz erlaubt und wo der Arbeitgeber bei der Dienstplanung möglicherweise rechtliche Grenzen überschreitet. Dies beugt persönlicher Überlastung vor und trägt zu einem guten Gefühl im Job bei. Zum 01.01.2015 ist das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz in neuer Form in Kraft getreten. Es beziffert die durchschnittliche Wochenstunden für Spitalsangestellte auf 48 Stunden (inkl. Überstunden) und begrenzt die Höchstarbeitszeit pro Woche auf 60 Stunden.
Opt-Out-Regelung für Ärzte
Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit einen Opt-Out-Vertrag zu unterzeichnen, welcher die 60-Stunden-Grenze aushebelt und die maximale Wochenarbeitszeit auf 72 Stunden anhebt. Darüber hinaus gilt dann ein regelmäßiger Wochendurchschnitt von 60 Stunden. Das „Ausoptieren“ sollte allerdings wohlüberlegt sein, da es nicht ohne Weiteres und nur mit sehr langer Wartezeit rückgängig gemacht werden kann.
Ein mögliches Argument dafür könnte zum Beispiel sein, dass man sich von der Mehrarbeit einen Erfahrungszugewinn im Rahmen der Ausbildung zum Arzt verspricht. Ob und in welcher Form dieser sich tatsächlich ergibt, ist natürlich im Einzelfall zu prüfen und sicher nicht pauschal zu erwarten. Abgesehen davon spielen auch die persönlichen Lebensumstände (Kinder, Arbeitsweg etc.) eine entscheidende Rolle.
Auch wenn das Opt-Out-Formular in manchen Kliniken wie selbstverständlich dem Arbeitsvertrag beiliegt, sollte man wissen, dass ein Arbeitnehmer in keiner Weise verpflichtet ist Dasselbe zu unterzeichnen und ihm auch keine Nachteile entstehen dürfen, sofern er es nicht tut. Häufig wird seitens des Arbeitgebers aber mit dem Argument dafür geworben, dass auch alle anderen Kollegen einen solchen Vertrag unterschrieben hätten. Dies erhöht oft den Druck auf junge neue Ärzte, die sich dann nicht trauen die entsprechende Unterschrift zu verweigern. Im Laufe des Jahres 2021 soll allerdings die Opt-Out-Regelung gänzlich abgeschafft werden.
Dienstplan als Turnusarzt
Ein weiterer relevanter Punkt bezogen auf die Arbeitszeit ist der Dienstplan und hier im Speziellen die Anzahl der Dienste, die ein Turnusarzt regelmäßig zu leisten hat. Mehr als 6 Dienste im Monat erfordern das ausdrückliche Einverständnis des Arztes und dürfen nicht pauschal eingeplant werden. Gerade in Abteilungen mit nur wenigen Ärzten, kommt es hier häufig zu Schwierigkeiten bei der Dienstplanung und Überstrapazieren der Dienstanzahl. Daher empfiehlt es sich, sich vor Arbeitsantritt nach der durchschnittlichen Dienst-Anzahl bei den künftigen Kollegen zu erkundigen.
Das Wichtigste noch einmal in Kürze:
- maximal 13 Stunden pro Tag sind erlaubt
- innerhalb eines Durchrechnungszeitraum (entspricht 17 Wochenstunden) gilt ein Wochendurchschnitt von 48 Stunden
- in keiner Einzelwoche darf die Arbeitszeit mehr als 72 Stunden betragen
- ab 6 Stunden/ Tag ist eine 30-minütige Pause Pflicht, während verlängerter Dienste von 25 Stunden Dauer sind mindestens zwei 30-minütige Unterbrechungen vorgeschrieben
Ein grundsätzlicher Tipp zum Berufsstart als Turnusarzt ist es, die Grenzen des Erlaubten zwar durchaus zu kennen, aber nicht gleich am ersten Tag darauf zu pochen, beziehungsweise besser: Bereits im Vorstellungsgespräch die persönlichen Grenzen abstecken und offene Fragen vorab klären. Andernfalls verbaut man sich im Zweifelsfall den Berufsstart bei den erfahrenen Kollegen und Krankenschwestern ungewollt selbst. Zugegebenermaßen ist das zwar ein gewisser Drahtseilsakt, aber da einmal in Kauf genommene Extradienste von Kollegen oft als selbstverständlich angesehen werden, ist es nachträglich nur sehr schwer möglich, sich seine Freiräume wieder zurückzuerobern.
Welche Tätigkeiten darf ich als Turnusarzt ausführen?
Im Stationsalltag kommt es abgesehen von Unstimmigkeiten die Arbeits- und Dienstzeit betreffend, häufig auch zu Diskussionen über die Art und den Umfang der anfallenden Tätigkeiten im Allgemeinen. Wer macht was? Was kann an wen delegiert werden und was nicht? Wer trägt die Verantwortung und wo sind rechtliche Grenzen gesetzt? Auch hier lohnt es, sich vor Dienstantritt einen ersten Überblick zu verschaffen, um im Zweifelsfall nicht in ein Fettnäpfchen zu treten oder sich für Fehler anderer ungewollt haftbar zu machen.
Zu den ärztlichen Tätigkeiten gehören die Miteinbeziehung in den Stationsbetrieb und die Teilnahme an allen patientenbezogenen Veranstaltungen (z.B. Visite, Röntgenbesprechungen usw.), die Aufnahme, Anamnese und Untersuchung von Patienten sowie die allgemeine Patientenbetreuung unter fachärztlicher Aufsicht. Weiterhin gehören auch die Assistenz im Operationssaal, Erste Hilfe-Maßnahmen bei vitalen Notfällen sowie die ärztliche Dokumentation (Arztbrief, Verlegungsbrief) zu den ärztlichen Tätigkeiten.
Welche Tätigkeiten darf ich als Turnusarzt delegieren?
Von den vielen anfallenden Arbeiten auf der Krankenstation darf der Turnusarzt auch einige ärztliche Tätigkeiten delegieren. Hierbei ist wichtig, dass der oder die Beauftragte auch ausreichend qualifiziert ist, entsprechende Aufgaben zu übernehmen. Die Zugehörigkeit zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist hierfür nötig.
Eine beispielhafte Auflistung delegierbarer Tätigkeiten findet sich im Folgenden:
- intravenöses Verabreichen von ärztlich verordneten Substanzen (Infusionen, Medikamente)
- Intramuskuläres Verabreichen von ärztlich verordneten Substanzen (Impfungen, Medikamente)
- Legen intravenöser Zugänge (Flexüle, Kanüle)
- Legen von Blasenkathetern
- Legen von Magensonden
- Absaugen von Sekret aus dem Mund und aus dem Rachen
- Entfernung von Wundverschlüssen (Klammern, Nahtmaterial)
- Legen und Ablegen von Verbänden (Gips, Kompressionsverband, Pflaster etc.)
Eine Reihe von Aufgaben entfällt theoretisch gar nicht auf das ärztliche Tätigkeitsfeld. Hierzu zählen beispielsweise die Pflege und Dokumentation von peripheren oder zentralen Zugängen, Kathetern usw., die Durchführung venöser Blutentnahmen und das Beschriften und Vorbereiten der Entnahmeröhrchen, das Ablegen von Infusionen sowie das Spülen der Infusionsleitungen. Auch verschiedene routinemäßige tägliche Befunderhebungen wie Fiebermessungen oder Blutdruck- und Pulsmessungen entfallen auf den gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst.
Tipps für den Einstieg als Turnusarzt
Im Stationsalltag haben sich manchmal abweichende Abläufe eingespielt, sodass die Grenzen zwischen der theoretischen Vorgabe und dem tatsächlichen praktischen Ablauf verschwimmen können. Auch hier ist es ratsam, sich zu Beginn einer neuen Tätigkeit zunächst erst einmal über die Gepflogenheiten im Krankenhaus zu informieren. Häufig kommt es beispielsweise vor, dass junge ärztliche Kollegen beim Legen von intravenösen Zugängen helfen oder am Morgen einige Blutentnahmen durchführen, um das Pflegepersonal zu unterstützen. Wenn dem so ist, dann macht es wenig Sinn auf Konfrontationskurs zu gehen, da man sich so den Start im neuen Job nur unnötig selbst erschwert.
Die größte Herausforderung zu Beginn der neuen Tätigkeit als Turnusarzt ist es, das nötige Fingerspitzengefühl aufzubringen um einen guten Start zu haben, ohne ausgenutzt zu werden.
Stellenangebote für Ärzte
Auf der Suche nach passenden Arzt Jobs? Auf praktischArzt sind täglich zahlreiche Assistenzarzt Stellenangebote und Facharzt Stellenangebote in ganz Österreich zu finden.
Daneben gibt es hier alle Stellenangebote für Allgemeinmediziner und hier alle Facharzt Stellenangebote Allgemeinmedizin.