Gesundheitskompetenz und Prävention stärken, weniger Einsparungen vornehmen und attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen – das sind einige Kernpunkte aus dem „Regierungsprogramm“ der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Gut 50 Tage vor der Nationalratswahl hat die Ärztevertretung ihren Ideenkatalog für das Gesundheitssystem der Zukunft auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
„Regionsprogramm“ mit Vorschlägen für die zukünftige Gesundheitspolitik
Am 29. September 2024 wählt Österreich einen Nationalrat. Auf ihrer Pressekonferenz Anfang August hat die Ärztekammer die Punkte angesprochen, die ihrer Ansicht nach im Bereich Gesundheitspolitik berücksichtigt werden sollten. Hier gibt es die Kernpunkte im Überblick.
Gesundheitskompetenz stärken
Nach Ansicht der ÖÄK stellt eine starke Gesundheitskompetenz der Bevölkerung eine der wichtigsten Säulen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft dar. Österreicher sollen demnach so früh wie möglich lernen, ihre „Gesundheit in einem möglichst guten Zustand zu erhalten“, wie Johannes Steinhart, Präsident der ÖÄK, beschreibt. Gelingen soll das unter anderem durch die Einführung eines Schulfachs „Gesundheitsbildung“. Als Vorbild führt Steinhart die Initiative „Med4School“ der Wiener Ärztekammer an. Weiterhin möchte die ÖÄK den Präventionsgedanken stärker in der Bevölkerung verankern und ein Vorsorgeprogramm mit Anreizsystem einführen, angepasst an alle Altersgruppen.
Ausbau elektronischer Gesundheitsangebote
Der Ausbau elektronischer Gesundheitsangebote wie der e-Card ist ein weiterer wichtiger Punkt im Regierungsprogramm der Kammer. Passend zum Präventionsgedanken soll die e-Card zu einer digitalen Gesundheitsvorsorgekarte ausgebaut werden. Einen Ausbau fordert die ÖÄK auch für die elektronische Gesundheitsakte ELGA und für das telemedizinische Angebot der Hotline 1450. In diesem Zusammenhang stehen auch die Forderung nach einer verbindlichen Lenkung der Patientenströme.
Attraktivere Arbeitsbedingungen
Ärzte sollen sich stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Die ÖÄK fordert daher, vor allem für Nachwuchskräfte und Eltern attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen, etwa durch flexible Arbeitszeitmodelle, mehr Teilzeitangebote, parallele Beschäftigungsmöglichkeiten im Spital und in den Niederlassungen sowie mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Außerdem sei es notwendig, Ärzte durch eine Entbürokratisierung des Arbeitsalltags in Spitälern und Ordinationen zu entlasten. Mehr Mediziner auszubilden, macht nach Ansicht der ÖÄK keinen Sinn, solange die Arbeitsbedingungen bleiben, wie sie sind.
Niedergelassenen Bereich stärken
Im niedergelassenen Bereich besteht derzeit eine Lücke von fast 300 offenen Kassenstellen. Um diese Lücke zu schließen und die Wartezeiten auf Termine zu verringern, verweist die ÖÄK auf ihren 7-Punkte-Plan für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs. Dieser Plan sieht unter anderem eine flexiblere Gestaltung von Kassenverträgen vor. Darüber hinaus soll die sogenannte „Zuwendungsmedizin“ ausgebaut werden, welche die Gesprächsmedizin vor die technisierte Medizin stellt.
Keine Konzernisierung im Gesundheitswesen
Steinhart warnt vor einer Konzernisierung im Gesundheitswesen, wie sie unter anderem in Deutschland zu beobachten sei. Die Orientierung auf Profite und Stakeholder Value führe zu einer schlechteren Versorgungsqualität. Stattdessen brauche es leistungsgerechte Gehälter und Einkommen. Die ÖÄK spricht sich zudem deutlich gegen Deckelung, Degressionen und Verbote für Ärzte aus, ebenso gegen das Ärzte-Bashing, das von Seiten der Sozialversicherung und der Politik aktuell häufig zu vernehmen sei. Ihr „Regionsprogramm“ möchte die Kammer nun an die politischen Verantwortlichen herantragen.