Der Corona-bedingte Lockdown stellt auch bei der Versorgung von Krebspatienten eine Herausforderung dar. Wie eine aktuelle Studie zeigt, konnte die ambulante Versorgung an der Tagesklinik der Klinischen Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I von AKH Wien und MedUni Wien jedoch aufrechterhalten werden. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Zahl der Patientenkontakte demnach nicht wesentlich verändert.
Weltweit sinkende Zahl von Krebsdiagnosen
In Österreich wurde der erste Lockdown zwischen dem 16. März und dem 29. Mai 2020 angeordnet. Während dieses Zeitraums erließen auch die Krankenhäuser strengere Sicherheitsmaßnahmen, um das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu minimieren. Wie internationale Studien, gehen die Lockdown-Maßnahmen weltweit mit einer sinkenden Anzahl an Krebsdiagnosen einher. Die genauen Gründe müssen noch untersucht werden, Forscher vermuten jedoch, dass Patienten den Arzt- und Krankenhausbesuch aus Angst vor Ansteckung vermeiden. Das führt vielfach dazu, dass Krebserkrankungen nicht oder erst spät erkannt werden. Bei bösartigen Krebserkrankungen hat eine späte Diagnose oft negativen Einfluss auf den Behandlungserfolg. Eine britische Studie schätzt, dass aufgrund der späteren Diagnosestellung mehr Menschen an den Folgen von Brustkrebs, Darmkrebs, Speiseröhrenkrebs und Lungenkrebs versterben werden.
Doch welche Auswirkungen hatte der Lockdown auf die medizinische Versorgung bereits diagnostizierter Krebserkrankungen? Dieser Frage geht eine Studie unter Leitung von Christoph Minichsdorfer und Thorsten Füreder nach. Für ihre Untersuchung haben die Forscher die Zahl der Patientenkontakte während des Lockdowns an der Wiener Tagesklinik sowie an der Notfallambulanz der Universitätsklinik Wien mit denen aus den Jahren 2018 und 2019 verglichen. Insgesamt haben die Studienautoren 16.703 Patientenkontakte analysiert.
Kein Corona-bedingter Rückgang der Kontakte mit Krebspatienten an der Tagesklinik
An der Tagesklinik der Klinischen Abteilung für Onkologie der MedUni Wien und AKH Wien erhalten Krebspatienten zytostatische Chemotherapien, Antikörpertherapien und Blutprodukte. Zusätzlich werden an der Tagesklinik Punktionen des Lungen- und Bauchwassers sowie Infusionstherapien durchgeführt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Patientenkontakte von März bis Mai 2020 in etwa gleichauf mit den Zahlen aus 2018 und 2019 liegt. Ein durch die Corona-Pandemie bedingter Rückgang der Patientenzahlen lässt sich nicht feststellen.
Anders sieht es an der Notfallambulanz aus. Hier betreut man Patienten mit onkologischen Notfällen. Während des ersten Lockdowns 2020 ging die Zahl der Patientenkontakte im Vergleich mit 2018 und 2019 um etwa 31 Prozent zurück. Die Dreimonatsmortalität blieb unverändert. Die Forscher warnen allerdings davor, aus den Zahlen zu schließen, dass onkologische Notfälle während des ersten Lockdowns schlechter versorgt wurden. Die Notfallbehandlung erfolge schließlich auch an anderen Krankenhäusern, für die keine Daten vorliegen.