Österreich gehört zwar immer noch zu den europäischen Ländern mit einer besonders hohen Ärztedichte. Doch in einigen Bereichen zeigen sich “Mangelerscheinungen” – zum Beispiel bei den niedergelassenen Ärzten. Gerade auf dem Land weist die Hausarztversorgung Lücken auf. Die Anstellung von Ärzten könnte zur Lösung des Problems mit beitragen. Jetzt ist dies erstmals möglich.
Anstellung von Ärzten ist beschlossene Sache
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die Österreichische Ärztekammer haben kürzlich den Weg für die Anstellung von Ärzten freigemacht. Eine entsprechende Vereinbarung, die die Angestellten-Tätigkeit im Einzelnen regelt, wurde nach langen Verhandlungen einvernehmlich beschlossen. Für junge Ärzte eröffnet sich damit ein interessantes Berufsfeld außerhalb des Klinikbetriebs – zum Beispiel als “Zwischenstation” zur Selbständigkeit.
Eckpunkte der Vereinbarung im Überblick
Die Vereinbarung bezieht sich auf die Anstellung bei Vertragsärzten der Krankenkassen. Nachfolgend die wesentlichen Eckpunkte der Vereinbarung kurz gefasst:
Fachgleicher Arzt
Der angestellte Arzt muss dabei ein fachgleicher Arzt sein. Das heißt: ein Allgemeinmediziner stellt einen Allgemeinmediziner an, ein Zahnarzt einen Zahnarzt usw.. Die Anstellung kann dazu dienen, die bestehenden Kapazitäten einer Praxis zu erweitern, aber auch eine Aufteilung der Arbeit ist möglich. Es handelt sich dann um eine Art Jobsharing-Modell. Bei einer Kapazitätserweiterung müssen die Öffnungszeiten entsprechend angepasst werden. Bei Jobsharing bleiben sie hingegen unverändert.
Abrechnung mit Krankenkasse
Die Leistungen des angestellten Arztes werden mit der Krankenkasse genauso abgerechnet wie die Leistungen des Vertragsarztes. Die Abrechnung ist und bleibt originäre Zuständigkeit des Vertragsarztes. Unberührt davon ist die Vergütung des angestellten Arztes für seine Tätigkeit. Sie wird zwischen Vertragsarzt und angestelltem Arzt vereinbart.
Befristung in Anstellungsverhältnis
In der Vereinbarung werden Regularien für die Befristung von Anstellungsverhältnissen definiert. Kann eine offene Kassenstelle in einer Ausschreibung auf absehbare Zeit nicht besetzt werden und bietet die Anstellung eine Lösung, ist sie unbefristet zuzulassen. Bei einem nur zeitlich befristeten Zusatzbedarf gilt die Erlaubnis zur Anstellung nur befristet.
Angestellter Arzt muss unter 70 Jahre sein
Der angestellte Arzt darf bei Beginn des Anstellungsverhältnisses das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Freie Arztwahl
Auch in der “Praxis mit Anstellung” ist die freie Arztwahl sicherzustellen. Die Patienten müssen erkennen können, wann welcher Arzt in der Praxis tätig ist.
Erster Kollektivvertrag in Oberösterreich
Die Vereinbarung setzt zunächst einen regulatorischen Rahmen für die Ärzteanstellung. Sie muss “vor Ort” in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden. Dabei ist Oberösterreich das erste Bundesland, in dem vor wenigen Tagen ein Kollektivvertrag zwischen Vertretern der Vertragsärzteschaft und der Angestellten-Ärzteschaft fixiert werden konnte.
Hier ist das Anstellungsmodell seit 1. Oktober möglich. Kollektivverträge sind in Österreich schriftliche Verträge zwischen Sozialpartnern, in denen grundlegende Konditionen von Arbeitsverhältnissen wie Arbeitszeitfragen, Grundgehälter oder Kündigungsregelungen festgehalten werden. Die einzelnen Arbeitsverträge haben diesen Rahmen zu beachten. Auf Bundesebene ist bisher kein Kollektivvertrag zustande gekommen. Andere Bundesländer könnten aber dem oberösterreichischen Beispiel bald folgen.
Positive Erwartungen an Anstellung von Ärzten
Verfechter des Anstellungsarzt-Modells erhoffen sich einen Anreiz gerade für junge Ärzte, als Allgemeinmediziner “in der Fläche” tätig zu werden. Das Gehalt mag bescheidener als beim Vertragsarzt sein, dafür ist auch das wirtschaftliche Risiko geringer. Eine spätere Selbständigkeit bleibt trotzdem möglich. Für Vertragsärzte bietet die Anstellung die Chance für eine bessere Work-Life-Balance und ein Ausweitung des Praxisangebots, ohne selbst mehr arbeiten zu müssen. Und Patienten könnten von einer besseren und flexibleren ärztlichen Versorgung profitieren.