Work-Life-Balance bezeichnet einen Zustand, bei dem sich Arbeits- und Privatleben im Gleichgewicht befinden. Für Krankenhaus-Ärzte/-innen mit Familie ist das eine besondere Herausforderung. Denn die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus machen es nicht unbedingt immer einfach, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Doch die Zeiten ändern sich. Manches Spital achtet inzwischen auf Familienfreundlichkeit. Hier eine kleine Checkliste, wie man Krankenhäuser in Österreich erkennt, die für ihr ärztliches Personal und andere Beschäftigte eine familienfreundliche Arbeitsumgebung bieten.
1. Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle
Es gibt grundsätzlich verschiedene Modelle für familienfreundliche Arbeitszeit-Vereinbarungen. Teilzeit-Stellen sind nur eine Möglichkeit. Auch im Rahmen von Vollzeit-Arbeit lassen sich Gestaltungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf realisieren. Eine Lösung ist Gleitzeit: es wird in Vollzeit gearbeitet, nur während der Kernarbeitszeit besteht immer Präsenzpflicht. Ansonsten können Arbeitsbeginn und -ende flexibel gewählt werden.
Ein anderes Angebot: Verteilung der Wochenarbeitszeit auf weniger Tage. Zum Beispiel im Rahmen einer Vier-Tage-Woche. Oder Führung von Zeitkonten: es besteht in gewissen Grenzen die Option, Arbeitszeitguthaben bzw. -schulden aufzubauen und miteinander zu verrechnen. Dadurch lassen sich „Familien-Auszeiten“ einfacher realisieren. Da Ärzte/-innen im Krankenhaus oft besonders gefordert sind, müssen die Chancen für solche flexiblen Vollzeit-Modelle allerdings eher skeptisch beurteilt werden, auch wenn sie „auf dem Papier“ möglich sind. Am realistischen sind wohl Teilzeit-Angebote.
2. Urlaubszeiten, Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit
Eine familienfreundliche Arbeitsumgebung zeigt sich auch in der Art und Weise, wie mit Urlaubswünschen umgegangen wird oder wie Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit geregelt sind. Ärzte/-innen mit schulpflichtigen Kindern müssen sich beim Urlaub zwangsläufig an den Schulferien orientieren und können mehr als andere von „Brückentagen“ (Tagen zwischen Feiertagen und Wochenenden) profitieren. Familienfreundliche Urlaubsregelungen und -genehmigungen berücksichtigen dies. Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit lassen sich auch „mit Familienanhang“ nicht immer vermeiden. Auch hier zeigt sich die Familienfreundlichkeit beim Umgang des Arbeitgebers mit solchen Erfordernissen.
3. Angebote für Kinderbetreuung
Sehr viele Krankenhäuser verfügen über eigene Betriebskindergärten für die Betreuung der Kinder von Mitarbeitern. Betreut werden Kinder in den Altersklassen bis 3 Jahre, 3 bis 6 Jahre und 6 bis 10 Jahre. Nicht jeder Kindergarten deckt allerdings alle diese Altersgruppen ab. Überwiegend findet die Betreuung unter der Woche und tagsüber statt. Die Zeitfenster, in denen die Einrichtungen geöffnet sind, sind dabei je nach Kindergarten etwas unterschiedlich.
Besonders familienfreundliche Krankenhäuser bieten auch Kinderbetreuung über gängige Zeitfenster hinaus an. Zum Beispiel über Nacht oder auch an Wochenenden. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag, um bei Nachtdienst oder Wochenendarbeit Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu können. Allerdings sind solche Angebote noch immer mehr die Ausnahme als die Regel. Man muss schon etwas recherchieren. Dennoch handelt es sich nicht um die berühmte Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“.
4. Kinderfreundliche Krankenhaus-Infrastruktur
Familienfreundliche Arbeitsumgebung im Krankenhaus bedeutet auch, eine Infrastruktur zur Verfügung zur stellen, die die Betreuung, Versorgung und Beschäftigung von Kindern während der Arbeitszeit unterstützt. Dazu gehören zum Beispiel Spielzimmer für Kinder von Mitarbeitern, geschützte Räume oder Plätze zum Stillen oder Kindermenüs in der Betriebskantine. Das sind zwar eher kleine Maßnahmen, die aber trotzdem Wirkung zeigen können.
5. Zertifizierung als familienfreundliches Krankenhaus
Manche Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen lassen sich inzwischen zertifizieren, um ihre Familienfreundlichkeit auch nach außen deutlich zu machen. In Österreich gibt es dafür das „audit berufundfamilie“, einen Auditierungs-Prozess für eine familienfreundliche Arbeitsumgebung, dessen erfolgreicher Abschluss mit einem Zertifikat ausgezeichnet wird. Das Verfahren wurde ursprünglich in Deutschland entwickelt und später für österreichische Verhältnisse adaptiert. Zuständig ist die Beruf & Familie Management GmbH, eine 2006 eigens zu diesem Zweck gegründete Koordinierungsstelle der österreichischen Bundesregierung.
Das Zertifikat wird nach der Implementierung und Begutachtung von familienfreundlichen Maßnahmen im Krankenhaus verliehen und ist eine Art „Gütesiegel“. Der Ablauf des Zertifizierungsprozesses erfolgt nach einem festgelegten Plan in einem Zeitraum von drei Jahren. Eine jährliche Berichterstattung dient der Qualitätssicherung. Die Begutachtung erfolgt durch eine externe Zertifizierungsstelle, so dass die Unabhängigkeit und Objektivität der Auszeichnung gewährleistet ist.
Die Herausforderung bleibt
Eine familienfreundliche Arbeitsumgebung ist eine wichtige Rahmenbedingung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotzdem bleibt es gerade für ärztliches Personal in Krankenhäusern eine herausfordernde Aufgabe, den Ansprüchen in beiden Bereichen voll gerecht zu werden. Organisationstalent, Flexibilität, Kreativität, Frustrationstoleranz und Stressresistenz sind wichtige Eigenschaften, um in schwierigen Situationen Lösungen zu finden, dabei ruhig zu bleiben und die Work-Life-Balance zu bewahren.