Bereits 2011 hieß es, dass mehr als die Hälfte der österreichischen Ärzte und Ärztinnen Gefahr laufen, an Burnout zu erkranken. Burnout ist eine Erschöpfung, die auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene sichtbar wird. In diesem Artikel befassen wir uns mit Burnout speziell bei Ärzten und Ärztinnen, was die genauen Auslöser und Symptome sind und wie Ärzte dagegen gezielt vorgehen können.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Burnout?
Burnout zeigt sich durch komplette körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung. Weitere Anzeichen sind Depersonalisierung und eine minimierte Leistungsfähigkeit. Bis jetzt wird Burnout nicht als eine eigenständige Krankheit, sondern als Krankheitszustand angesehen und somit eher als eine Problematik in der eigenen aktuellen Lebenssituation und der Führung des Lebens eingestuft.
Speziell bei Ärzten und Ärztinnen ist aufgrund der enormen Überarbeitung die Burnout-Gefahr schon seit mehreren Jahrzenten bekannt und wird als regelrechte Epidemie eingestuft.
Burnout oder Depression?
Oftmals ist es schwierig Burnout von Depressionen zu trennen. Eine Studie von Medscape aus dem Jahr 2019 zeigte bei deutschen Ärzten und Ärztinnen, dass 24% der Teilnehmer an Depressionen leiden und 12% an Burnout. 9% dieser Burnoutpatienten und -patientinnen gaben an, dass das Burnout mit den Depressionen in Verbindung steht.
Die Frage ist häufig, ob das Burnout von den Depressionen ausgelöst wurde oder ob das Burnout die Depressionen ausgelöst hat. Da man dies bei Burnout nicht genau festlegen kann, wird es auch nicht als eigenständige Krankheit klassifiziert und passt in keine der aktuellen festgelegten Bereiche.
Burnout – Entstehung und Ursachen
Vor allem im Arztberuf gibt es einige Ursachen, die zu einem Burnout führen können. Dazu gehören:
- Zeitdruck
- Konkurrenzdruck
- Explosion an Wissen
- Eingrenzungen des ärztlichen Handelns
- Hohe Verantwortung gegenüber den Patienten
- Verwaltungsaufwand
- Fremdbestimmung
- Nicht bewältigbarer Stress
- Fehlende Achtsamkeit
- Schlafmangel
- Menschenrechtsverletzungen durch Patienten
- Nahrungsmittelentzug
- Wasserentzug
- Unterbesetzung
- Strapazierende Themen um Leben und Tod
- Nachtarbeit
- Notdienste
- Erfolge oft nicht sichtbar genug
- Fehlende soziale Unterstützung
- Zu geringe Bezahlung
Ein großer Punkt ist die fehlende Ausbildung in sozialen, kommunikativen und emotionalen Kompetenzen. Die Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen läuft oftmals fast militärisch ab und das wichtigste ist deren Leistung. Es fehlt der Bezug zur Selbstwahrnehmung und Betroffene lernen nicht, wie sie sich mitteilen können. Auch fehlt kreativer Bezug und für soziales Engagement und einfühlsames Verhalten gegenüber der Patienten ist kein Platz und keine Zeit.
Aber auch einige charakterliche Eigenschaften können zu Burnout führen, so beispielsweise Idealismus, Perfektionismus oder Übereifer.
Ein weiterer stark belastender Punkt sind die Arbeitszeiten, die bei Ärzten und Ärztinnen meist weit über die Vorgaben gehen. Eine 80h Woche ist keine Seltenheit und auch 100 oder gar 120 Stunden pro Woche sind Teil des Artberufes.
Burnout – Risikofaktoren
Zu den bereits genannten Ursachen kommen auch noch mögliche Risikofaktoren, die der Beruf mit sich bringt. Unter anderem gehören dazu:
- Emotionale Labilität
- Sensitivität
- Wenig seelische Widerstandsfähigkeit
- Idealismus
- Perfektionismus
- Helfersyndrom
- Kontrollanspruch
- Wenig Selbstvertrauen
- Verkopfung
- Narzissmus
Burnout – Symptome
Die grundlegenden Symptome bestehen aus emotionaler sowie körperlicher Erschöpfung, fehlender Energie und ein sozialer Rückzug. Daneben kann es noch zu vielen weiteren körperlichen Symptomen kommen:
- Kardiale Beschwerden
- Durchfall
- Verstopfung
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Schlafstörungen
- Muskelverspannungen
- Lustlosigkeit
- Verspannungen
- Chronische Schmerzen
- Kardiale Symptomatiken, beispielsweise Herzrasen
- Schwindelgefühl
- Zähneknirschen
- Häufige leichte Infektionen
- Tinnitus
Neben den körperlichen Symptomen zeigt sich Burnout auch in mentalen und emotionalen Symptomen. Dazu gehören:
- Emotionale Erschöpfung
- Konzentrationsprobleme
- Schwierigkeit bei Entscheidungen
- Keine Ziele
- Fehlende Belastbarkeit
- Depressionen
- Nervosität, Unruhe
- Pessimismus
- Keine Motivation
- Innere Leere
- Kaum Selbstwertgefühl
- Depersonalisation
- Zynismus
Speziell bei Ärzten kann es dazu kommen, dass ein Kontaktverlust zum Umfeld entsteht. Sprich die Patienten und Patientinnen sowie die Kollegen und Kolleginnen aber auch der Freundeskreis werden kaum beachtet oder wahrgenommen.
Burnout kann vor allem zu Beginn der Erkrankung mit Hyperaktivität und Suchtkonsum in Verbindung gebracht werden.
Burnout – Verlauf
Burnout ist eine individuelle Erkrankung. Daher kann der Verlauf oftmals nicht genau festgelegt werden. In vielen Fällen verwendet man das 3-Phasen Modell, jedoch gibt es auch andere Modelle, wie beispielsweise das 12-Phasen Modell.
Das 3-Phasen-Modell beginnt mit der Phase I. Die sogenannte Anfangsphase, in welcher Burnout gut zu erkennen ist. Dafür muss man nur auf Hyperaktivität achten. Phase I beschreibt eine besonders aktive Phase, in der Betroffene sich mehr Aufgaben suchen und umso erfolgreicher sein möchten. Bei Ärzten und Ärztinnen zeigt sich das in ununterbrochener Arbeit und das verweigern von Urlaub. Parallel beginnen jedoch Unzufriedenheit, Selbstzweifel und Stimmungsschwankungen aufzukommen. In vielen Fällen wird versucht das mit materiellem Glück zu kompensieren.
In Phase II befindet mach sich in der Übergangsphase. Von der Hyperaktivität wechselt das Verhalten fast schlagartig auf Rückzug. Betroffene meiden Kontakte und es fehlen erreichbare Ziele. Dazu kommen Probleme mit der Konzentration und in Verbindung damit die Angst einen ärztlichen Fehler zu begehen. Betroffene werden mehr und mehr negativ und verspüren emotionale Müdigkeit, Unlust, Angstzustände sowie Schuld- und Versagensgefühle. Speziell bei betroffenen Ärzten und Ärztinnen kommt das Gefühl hoch, von dem Gesundheitssystem, der Klinik, der Praxis und den Patienten und Patientinnen ausgenutzt zu werden.
Auf die Übergangsphase folgt Phase III, die Endphase. Das Burnout ist nun vollkommen ausgeprägt und es wird schwer dies von einer Depression zu unterscheiden. In vielen Fällen kommen die beiden Hand in Hand. Betroffene haben kein Interesse mehr an ihrem Umfeld und denken nur noch schwarz und weiß. Dazu kommen Einsamkeit, das Gefühl, dass alles hoffnungslos ist und eine existenzielle Verzweiflung. Um dies zu kompensieren, greifen viele zu einem Suchtkonsum und auch die Suizidneigung steigt um einiges an.
Burnout – Diagnose
In der Regel suchen nur 19% Prozent der betroffenen Ärzte und Ärztinnen Hilfe. Diese wenden sich an Therapeuten/Therapeutinnen, Ärzte/Ärztinnen mit einer psychotherapeutischen Ausbildung, Psychiater/Psychiaterinnen, Coachs, Freunde/Freundinnen und Kollegen/Kolleginnen. Der Rest ist der Ansicht, sie würden dies auch alleine schaffen. Viele haben auch oftmals Angst, da eine Burnoutdiagnose das Leben vieler komplett auf den Kopf stellt. Wichtig ist es jedoch, eine solche Diagnose nicht aufzuschieben, da Burnout eine ernstzunehmende Erkrankung ist. Meist werden Betroffene auch direkt krankgeschrieben, damit sie Zeit haben, sich auszuruhen und behandelt zu werden.
Neben dem allgemeinen Gang zum Arzt/zu einer Ärztin kann es helfen ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gespräch zu führen. Hier werden die genauen Ursachen und Symptome im Gespräch gesucht und Folgeerkrankungen, wie Depressionen, diagnostiziert.
Da Burnout nicht nur das mentale Gemüt betrifft werden Betroffene auch körperlich untersucht. Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen gehören zudem zu den Symptomatiken, weshalb Betroffene überhaupt erst zu einem Arzt/einer Ärztin gehen. Die körperliche Untersuchung hilft auch andere Ursachen auszuschließen. Müdigkeit kann nämlich auch auf eine Schilddrüsenfehlfunktion hindeuten. Typische Untersuchungen sind hier eine Überprüfung der Blutwerte oder Ultraschall.
Vermutet der Hausarzt/die Hausärztin ein Burnout, werden Betroffene an einen Spezialisten weitergeleitet. Dies ist in der Regel ein psychologischer oder ärztlicher Psychotherapeut. Besonders hier ist es wichtig eine Differentialdiagnose zu erstellen, da sich die Burnoutsymptome mit vielen verschiedenen Erkrankungen überschneiden.
Burnout – Test
Um Burnout diagnostizieren zu können, gibt es mehrere Testverfahren, um auf ein genaueres Ergebnis zu kommen, welche im Folgenden vorgestellt werden.
Maslach Burnout Inventory – MBI
Der MBI wird am häufigsten bei Burnoutdiagnosen durchgeführt. Es ist ein Test mit 22 Fragen, welche in drei Skalen eingeteilt werden: emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und Leistungszufriedenheit. Ein Nachteil des MBI ist, dass nicht alle Symptome von Burnout beachtet werden.
Tedium Measure – Burnout Measure
Auch hier handelt es sich um einen Fragebogen, diesmal mit 21 Fragen. Hier müssen Betroffene auf einer Skala von 1-7 auf bestimmte Aussagen und Fragen reagieren. Auch hier ist der Nachteil, dass Symptome des Burnouts nicht komplett beachtet werden und beispielsweise Depersonalisation und Leistungszufriedenheit nicht bewertet werden.
Selbsttests
Häufig ist die Angst einen Arzt/eine Ärztin zu besuchen zu Beginn besonders hoch, daher gibt es auch eine Reihe an Selbsttests, die man zunächst zu Hause durchführen kann. Wichtig ist jedoch, dass man nicht zu einer Selbstdiagnose neigen sollte und ein Ergebnis nicht die ärztliche Diagnose ersetzt.
Burnout – Behandlung
Da Burnout eine ernsthafte Erkrankung ist und schwere Folgen haben kann, ist es wichtig dies professionell zu behandeln. Auch gilt, je früher ein Burnout erkannt wird, desto besser verläuft der Heilprozess. Behandlungsmöglichkeiten gibt es viele, im folgenden finden Sie eine Auswahl dieser:
Kurzzeittherapie
Diese Therapieform ist besonders hilfreich für Menschen, die keinen längeren Klinikaufenthalt ermöglichen können oder das Burnout befindet sich erst in den Anfangsphasen. In der Therapie werde psychische und psychosomatische Probleme besprochen und gelindert. Nach der Therapie ist es wichtig darauf zu achten, möglichen Problematiken aus dem Weg zu gehen und Strategien zur Bewältigung zu erarbeiten.
Verhaltenstherapie
Bei dieser Therapie werden falsche Verhaltensmuster aber auch Vorstellungen entkräftet und gelöst. Diese Denkmuster haben Betroffene meist über einen langen Zeitraum verinnerlicht und müssen diese nun hinterfragen und analysieren, damit sich etwas ändert.
Psychotherapie
Die Psychotherapie geht in die Tiefe, indem man versucht einen Zusammenhang zwischen dem Burnout und dem geführten Leben zu finden. Auch werden äußere und innere Einflüsse herauskristallisiert, die ebenfalls einen Einfluss auf den Gesundheitszustand haben.
Selbsthilfegruppen
Es hilft mit anderen Betroffenen über die Problematik zu sprechen und kann maßgebend zum Heilungsprozess beitragen.
Heilpraxen
Mit natürlichen Mitteln wird versucht die Gesundheit wieder herzustellen. Dazu gehören beispielsweise Ansätze aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, Ausleitungen von Giftstoffen oder auch Coaching der Seele.
Neben den bereits aufgelisteten bieten viele Kliniken auch Körper-, Kunst- und Ergotherapien an. Auch körperliche Aktivität kann maßgeblich zu dem Genesungsprozess beitragen und hat eine positive Auswirkung auf das Körperempfinden sowie das Selbstbewusstsein. Viele Erkrankungen kann man mit Medikamenten behandeln. Leider gibt es bei Burnout keine spezielle Medikation, die hilfreich sein kann. Treten mit dem Burnout Depressionen auf, werden häufig Antidepressiva verschrieben.
Burnout vorbeugen
Um Burnout vorzubeugen gibt es einige Techniken und Maßnahmen, die man verfolgen sollte. Wichtig ist, dass man, sofern sie Wirkung zeigen, treu bleibt. Im folgenden finden Sie eine Auflistung mit möglichen Maßnahmen, die helfen das Innere zu beruhigen:
- Eigene Emotionen wahrnehmen
- Emotionale Erschöpfung erkennen
- Selbstwahrnehmung steigern
- Weniger Selbstkritik
- Fehler eingestehen
- Schwächen erkennen
- Selbstverständnis
- Gründe hinter den eigenen Zielen kennen
- Eigene Werte und Stärken verstehen
- Träume, Ziele und Visionen anerkennen
Aber auch der Bereich um jemanden herum hat einen großen Einfluss auf die eigene Gefühlswelt, wichtig ist, dass man versucht transparent mit anderen über die eigenen Gefühle, Emotionen und Werte zu sprechen. Kommunikation erweckt Vertrauen und steigert das Selbstwertgefühl. Viele dieser Techniken sollten bereits während dem Medizinstudium ein Thema sein.
Besonders im ärztlichen Bereich gibt es viele Dinge, die sich noch verändern müssen. Wichtig ist vor allem, dass Menschenrechte der Ärzte und Ärztinnen nicht mehr verletzt werden, psychiatrische Betreuung erleichtert wird, Arbeitszeitpläne geändert werden und auch Teilzeitarbeit möglich ist. Sobald man merkt, dass man in einem besonders toxischen Arbeitsverhältnis ist, ist der hilfreichste Schritt meist ein Arbeitsplatzwechsel.