Bei der 66. Konsultativtagung der deutschsprachigen Ärzteorganisationen Anfang Juli hat die österreichische Ärztekammer gemeinsam mit den anderen Teilnehmern ein Positionspapier verabschiedet. Darin formulieren die Ärztevertreter unter anderem ihre Forderungen nach einer wissenschaftlich fundierten Bestandsaufnahme der Corona-Pandemie sowie nach einer sachlichen Fehleranalyse auf politischer Ebene.
Ärztekammer: Sachliche Fehleranalyse gefordert
Die Konsultativtagung fand am 2. und 3. Juli in Wien statt. Anwesend waren neben den Vertretern aus Österreich auch Mediziner aus Deutschland, der Schweiz, Südtirol und Luxemburg, die insgesamt mehr als 500.000 Ärztinnen und Ärzte repräsentieren.
In ihrem Positionspapier fordern die Ärzteorganisationen die Politik auf, Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen. Allein in Österreich wurden bis Juli 2021 mehr als 650.000 Fälle von SARS-CoV2-Infektionen dokumentiert. Mehr als 10.700 Patientinnen und Patienten starben. Rund 640.000 Betroffene sind mittlerweile wieder genesen. Die Mediziner gehen davon aus, dass derartige Pandemien in Zukunft in kürzeren Abständen auftreten und sich schneller verbreiten. Sie sehen daher die Politik in der Pflicht, umfängliche Pandemiepläne zu entwickeln. Basis soll eine sachliche Fehleranlayse in allen Ländern sein, die prüft, welche Maßnahmen sich bewährt haben, welche Strukturen funktionierten und wo sich Defizite gezeigt haben.
Weiterhin fordern die Ärzteorganisationen, Impfdaten und anonymisierte Medikamentendaten mit den Daten zu COVID-Erkrankungen zu verknüpfen. Auf diese Weise sollen Impfdurchbrüche schneller erkannt und geeignete Medikamente zur Unterstützung der Genesung identifiziert werden. Ebenso müsse sichergestellt werden, dass Europa bei der Erforschung und Entwicklung relevanter Medizinprodukte unabhängig vorgehen könne. Das sei wichtig, um rasch auf Krisen zu reagieren und die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen in Pandemiezeiten sicherzustellen.
Studien sollen Langzeitfolgen der Corona-Pandemie aufzeigen
Die Ärzteorganisationen halten es für unabdingbar, eine breite wissenschaftliche Basis für das politische Handeln zu schaffen. Die Fehleranalyse soll daher auch die Entwicklung von Langzeitstudien unterstützen. Wissenschaftliche Studien sollen aufzeigen, welche Langzeitfolgen Corona-Erkrankungen sowie die Begleiterscheinungen der Pandemie auf die physische und psychische Gesundheit der Bevölkerung haben. Insbesondere warnen die Mediziner vor den gesundheitlichen Folgen sozialer Isolation. Diese könnten sich vor allem bei Kindern und bei älteren Menschen zeigen. Auf Basis der Fehleranalyse und der Studien sollen angemessene, differenzierte Schutzmaßnahmen für zukünftige Pandemien entwickelt werden, um einen erneuten großflächigen Lockdown zu vermeiden.
In ihrem Positionspapier fordern die österreichische Ärztekammer sowie die weiteren Ärztevertreter zudem eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Ärzteschaft. Nur so könne sichergestellt werden, dass wissenschaftliche Expertise in den öffentlichen Diskurs einfließe.