Der Umstieg von mit Papier und Stift geführten Patientenakten auf digitale Akten kann sich negativ auf die Gesundheit von Ärzten auswirken und das Risiko für einen Burnout erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universitätsklinik Graz. Die verwendete Software erhält dabei durchweg schlechte Noten für die Benutzerfreundlichkeit.
Studie: Wie nutzerfreundlich und effizient sind digitale Patientenakten?
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens soll die Qualität der Patientenversorgung verbessern, einen leichteren Zugang zu relevanten Informationen ermöglichen und Schnittstellenprobleme zwischen den verschiedenen Berufsgruppen sowie Leistungsträgern abbauen. Von der elektronischen Patientenakte erhofft sich die Gesundheitspolitik zudem, verlässlichere Zahlen für die künftige Planung zu erhalten.
In der Praxis scheint es beim Einsatz digitaler Akten aber noch viel Verbesserungspotenzial zu geben. Eine von der Forschungseinheit für digitale Chirurgie der Med-Uni Graz, verortet an der Abteilung für plastische, ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, durchgeführte Studie vergleicht die Papier- und Bleistiftmethode mit der elektronischen Patientenakte hinsichtlich Effizienz, Personalbedarf und Benutzerfreundlichkeit bei der chirurgischen Visite. Zu diesem Zweck haben zwei unabhängige Beobachter zwischen November 2021 und Mai 2022 geprüft, ob die Digitalisierung die Arbeitsabläufe tatsächlich erleichtert. Die verwendete Software, das Krankenhaussystem Open Medocs, wurde von der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (Kages) entwickelt, aufbauend auf der ERP-Suite (Electronic Ressources Planning) des Software-Herstellers SAP. Die Ergebnisse der Studie wurden im Oktober 2024 im „Journal of Clinical Medicine“ veröffentlicht.
Schlechte Noten für Benutzerfreundlichkeit
Wie Studienleiter Matthias Berger und seine Co-Autoren feststellen, geht die Verwendung der elektronischen Patientenakten vor allem für Ärzte mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand einher. Aufgrund ihrer mangelnden Abstimmung mit den klinischen Arbeitsabläufen werden die digitalen Akten zu einem wesentlichen Faktor, der zum Burnout von Ärzten beiträgt, heißt es in der Studie.
Dem Pflegepersonal falle die Umstellung auf digitale Akten leichter. Allerdings wurde das verwendete System von allen Berufsgruppen – Pflegepersonal, Assistenz- und Oberärzten – als wenig benutzerfreundlich eingestuft. Pflegekräfte vergaben für die Nutzerfreundlichkeit im Schnitt 40,8 von 100 möglichen Punkten, Assistenzärzte 46,8 Punkte. Besonders schlecht fällt die Bewertung der Oberärzte aus: Sie vergaben im Schnitt 24,3 Punkte für die Nutzerfreundlichkeit. Die Studienautoren stufen diese Werte als „nicht akzeptabel“ ein.
Ein elektronisches System zur Dateneingabe bringe zwar möglicherweise Vorteile mit sich, Mängel bei der Nutzerfreundlichkeit beeinträchtigen allerdings die Akzeptanz, so die Studienautoren in ihrem Fazit. Für die Zukunft halten sie es für notwendig, die Programme besser auf die Integration in die Arbeitsabläufe im Spital bzw. auf der jeweiligen Abteilung abzustimmen. Dazu sei es unter anderem erforderlich, die Nutzer in das Design der Software einzubeziehen.