Um den Versorgungsengpässen im österreichischen Gesundheitssystem entgegenzutreten, haben sich am 11. November 2024 Vertreter verschiedener medizinischer Fachrichtungen für die Einrichtung fachärztlicher Versorgungszentren ausgesprochen. Nach Vorbild der Primärversorgungseinheiten (PVE) sollen die sogenannten FVE Spitäler entlasten und die Wartezeiten für Kassenpatienten verkürzen.
Ziel ist die Entlastung der Spitalambulanzen
Fachärzte der Berufsverbände aus den Bereichen Internistik (BÖI), Urologie (BVU) und Orthopädie (BVdO) sowie Vertreter des Fachbereichs Dermatologie haben sich in einer Aussendung für die Einrichtung fachärztlicher Versorgungseinheiten stark gemacht. Durch die Einrichtung dieser sogenannten FVE sollen vor allem die Spitalambulanzen entlastet werden. Nach Ansicht der Fachärzte kann dieses Ziel nur Hand in Hand mit dem Ausbau der ambulanten fachärztlichen Kassenstellen erreicht werden.
Als Vorbild dient den Berufsverbänden das Erfolgsmodell der Primärversorgungseinrichtungen. An den PVE arbeiten Ärzte und andere Berufsgruppen im Team zusammen. Gesetzlich zugelassen sind PVE derzeit allerdings nur in der Allgemeinmedizin und in der Kinderheilkunde. Der Wunsch der Mediziner ist es nun, die dort gewonnenen Erfahrungen mit Interdisziplinarität und Interprofessionalität auf fachärztliche Versorgungseinrichtungen zu übertragen.
Mehr Kassenstellen, um Wartezeiten zu verkürzen
Patienten müssen aktuell lange Wartezeiten auf einen Facharzttermin in Kauf nehmen. In Wien beträgt die Wartezeit für einen Termin bei einem Radiologen im Schnitt 57 Tage, auf einen Termin in der Neurologie warten Patienten durchschnittlich 45 Tage, in der inneren Medizin stehen im Schnitt 33 Tage Wartezeit an. Ein großes Problem ist die hohe Anzahl an verwaisten Kassenarztstellen. Nach Angaben der Ärztekammer fehlten Ende August 2024 österreichweit 182 Allgemeinmediziner und 110 Fachärzte. Vom Ärztemangel betroffen sind vor allem die Bereiche Gynäkologie und Dermatologie. Erschwerend kommt hinzu, dass zahlreiche Kassenärzte in absehbarer Zeit das Pensionsalter erreichen. Die Folge sind nicht nur lange Wartezeiten – einige Praxen nehmen überhaupt keine neuen Patienten mehr auf.
Wie die Fachärzte in ihrer Aussendung mitteilen, sind die langen Wartezeiten aber nicht etwa auf mangelndes Interesse an Kassenstellen zurückzuführen. Tatsächlich warten allein in Wien mehr als ein Dutzend Kassen-Internisten auf die Genehmigung, weitere Ärzte in ihrer Praxis beschäftigen zu dürfen. Dabei machen ihnen jedoch die Krankenkassen einen Strich durch die Rechnung. Nach deren Aussage sind nämlich keine zusätzlichen internistischen Stellen verfügbar.
Mit der Einrichtung von fachärztlichen Versorgungszentren ist es nach Ansicht der Berufsstandvertreter daher nicht getan. Um die Wartezeiten auf Facharzttermine zu reduzieren, fordern sie zudem die Anpassung gesetzlicher und kassenrechtlicher Einschränkungen. Gesetzesänderungen sollen etwa die Gleichbehandlung von Ambulatorien und fachärztlichen Praxen sicherstellen, sodass Praxen ihren Personalstand ebenfalls an die Zahl der Patienten anpassen können.