Bei der Leber handelt es sich um ein Organ im Bauchraum, das in erster Linie als Verdauungsorgan fungiert. Ist die Leber gesund, laufen alle mit ihr verbundenen Stoffwechselvorgänge reibungslos ab. Äußere Einflüsse durch den Lebensstil führen jedoch auf Dauer zu Lebererkrankungen, die bis zur Leberzirrhose führen können. Dieser Beitrag berichtet über eine neu entwickelte Methode, um besonders gefährliche Verläufe einer Leberzirrhose bereits frühzeitig erkennen zu können.
Die Leber: Unersetzbares Organ
Im rechten Oberbauch genau unterhalb des Zwerchfells befindet sich die Leber. Sie gehört zu den zentralen Verdauungsorganen, wenn es um die Steuerung des Fett-, Eiweiß- und Glukosestoffwechsels geht. Sie kann Glukose selbst herstellen, sie speichern oder Ketonkörper produzieren. Außerdem stellt die Leber Bluteiweiße her und spielt bei der Entgiftung des Körpers sowie bei der Entfernung von Abbauprodukten eine entscheidende Rolle. Anhand des Vorhandenseins verschiedener Leberenzyme sind Rückschlüsse auf die Gesundheit eines Patienten möglich. Weil es aktuell noch keine künstlichen Ersatzsysteme gibt, welche die Aufgaben der Leber übernehmen können, ist eine funktionsuntüchtige Leber ein lebensbedrohlicher Zustand.
Was passiert bei einer Leberzirrhose?
Auch, wenn die Leber im Vergleich zu anderen Organen über eine hohe Regenerationsfähigkeit verfügt, kann sie nicht alles einfach wegstecken. Ein ungesunder Lebensstil mit Übergewicht, fettreicher Ernährung und regelmäßigem Alkoholkonsum kann dazu führen, dass eine Leberzirrhose entsteht. Aber auch Erkrankungen, wie beispielsweise die chronische Virushepatitis, können eine Leberzirrhose auslösen.
Der Verlauf einer Leberzirrhose ist von einem meist schleichenden Beginn gekennzeichnet: Das Lebergewebe wird in seiner Regeneration gestört und entwickelt knotige Veränderungen. Hinzu kommt eine übermäßige Bindegewebe-Ausbildung. Das Narbengewebe stört die Durchblutung der Leber und setzt ihre Funktion herab. Zudem bietet es Tumorzellen optimale Bedingungen, weswegen eine Leberzirrhose als Krebsvorstufe gilt. Hat die Leberzirrhose erst das Endstadium erreicht, gibt es keine Therapie, um die Gewebeverhärtungen rückgängig zu machen. Eine Lebertransplantation ist dann der einzige Weg in ein gesundes Leben.
Biomarker als frühzeitiges Warnsystem nutzen
Gerade weil eine Leberzirrhose eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellt, ist es wichtig, ein möglichst exaktes Bild vom Zustand des Patienten zu erhalten. Dabei ist es angesichts der knappen Spenderorgane ebenfalls entscheidend, die Dringlichkeit zu bewerten, mit der ein Patient für eine Transplantation in Frage kommen muss. Bislang wurde diese mit einer Formel bestimmt, die aus verschiedenen Laborwerten einen Score ergab. Dieser so genannte MELD-Score berechnete aus den Parametern Bilirubin, Creatinin und INR die Drei-Monate-Sterblichkeit von Patienten. Er entschied auf diese Weise über die Dringlichkeit, mit der ein Spenderorgan gebraucht wurde.
Eine neue Methode zur Bestimmung der Dringlichkeit einer Lebertransplantation wurde von Forschern aus Graz entwickelt. Diese haben bei ihren Untersuchungen Biomarker identifiziert, mit deren Hilfe die Einschätzung des Zustands der Leber noch einfacher und treffsicherer möglich ist. Über die Bestimmung der vorhandenen Biomarker können Ärzte feststellen, ob ein Patient bereits im Endstadium der Leberzirrhose angekommen ist oder ob die Transplantation noch einige Zeit verschoben werden kann. Bei diesem Biomarker handelt es sich um das Apolipoprotein-A-1 (ApoA-1), welches das HDL-Cholesterin transportiert. Je niedriger der Wert bei einer Leberzirrhose ist, desto schwerwiegender ist die Lebererkrankung. Ähnliche Aussagekraft besitzt auch die Konzentration des HDL-C-Werts. So lässt sich einschätzen, ob ein Patient möglichst unverzüglich eine Lebertransplantation benötigt.
Werte, die entscheiden
Für ihre Untersuchung verglichen die Wissenschaftler die Werte von über 500 Patienten mit Leberzirrhose in unterschiedlichen Stadien. Schon bei stabilen Zirrhosen zeigten sich deutlich niedrigere ApoA-1- und HDL-C-Werte, als bei der gesunden Kontrollgruppe. Als Grenzwert für eine Drei-Monate-Sterblichkeit von 50 Prozent identifizierten sie einen HDL-C-Wert unter 17mg/dl oder einen ApoA-1-Wert, der unter 50mg/dl lag.
Für eine weitere Verbesserung der Prognose-Einschätzung sollen in folgenden Studien nicht nur breite internationale Untersuchungen durchgeführt werden. Es soll auch die Kombination von HDL-Biomarkern und traditionellen MELD-Parametern untersucht werden, um eine noch feinere Prognose liefern zu können.