Ausbleibender Schlaf kann gefährliche Konsequenzen haben. Vor allem Schichtarbeiter sind besonders vom chronischen Schlafentzug betroffen – Ärzte zählen dazu. Wenn Konzentration und Leistungsfähigkeit abnehmen, können sich Behandlungsfehler ereignen, die Auswirkungen auf die Patienten haben können. Im folgenden Beitrag lesen Sie mehr zur Bedeutung von Schlaf und die Auswirkungen von chronischem Schlafmangel.
Inhaltsverzeichnis
Die Bedeutung von Schlaf: Warum ist Schlaf so wichtig?
Der Schlaf ist ein komplexer Prozess und dient der Wiederherstellung und Erneuerung für den Körper – er ist die wichtigste Erholungsform. Insbesondere das Gehirn benötigt ausreichend Schlaf und befindet sich nicht in einem stationären Ruhezustand, sondern in einem alternativen Betriebsmodus.
Demnach ist der Schlaf kein passiver Prozess oder als ein „Abschalten“ von Körperfunktionen zu betrachten, sondern für viele physiologische Prozesse wichtig: Wichtige Körperfunktionen wie Herzrhythmus, Atmung, den Stoffwechsel oder das Immunsystem werden im Schlaf reguliert. Auch für das Lernen hat der Schlaf eine große Bedeutung: Lerninhalte werden aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis überführt, Erfahrungen werden verarbeitet, das Behalten von Namen, Daten und Fakten im Tiefschlaf verfestigt und Erinnerungen werden konsolidiert. Der Schlaf ist essenziell für den Menschen.
Die Bedeutung des Schlafs wird durch die Symptome unterstrichen, die in Erscheinung treten können, wenn Menschen unter Schlafstörungen oder chronischen Schlafentzug leiden. So kann Schlafentzug mit einer Reihe von körperlichen und emotionalen Störungen in Verbindung gebracht werden, wenn kein ausreichender oder erholsamer Schlaf stattfinden kann.
Insbesondere Ärzte sind vom chronischen Schlafentzug betroffen. Die Arbeit im Schichtdienst oder die 24-Stunden-Bereitschaftsdienste können sowohl gesundheitliche Folgen haben als auch eine Patientengefährdung bedeuten.
Schlafentzug bei Ärztinnen und Ärzten
Chronischer Schlafmangel ist in der heutigen Gesellschaft kein Einzelfall und beeinflusst sowohl die Konzentration als auch die Leistungsfähigkeit negativ. Ungewöhnliche Arbeitszeiten führen dazu, dass die Anfälligkeit für Fehler zunimmt.
Im Berufsalltag seien Ärzte, die im Schichtsystem arbeiten, Nachtdienste oder 24-Stunden-Bereitsschaftsdienste leisten, besonders betroffen und weisen bei Übermüdung infolge von Schlafmangel durch Mehrfachbelastungen eine erhöhte Fehlerrate auf. Der Grazer Schlafspezialist, Neurologe und Psychiater der Landesnervenklinik Graz, Manfred Walzl, spreche die Empfehlung aus, das Schichtsystem um zwei Stunden vorzuverlegen und vor dem Antreten eines Nachtdienstes zu schlafen, um ausgeruht zu sein, damit Konzentration und Leistungsfähigkeit im Dienst so gering wie möglich beeinträchtigt ist.
Auswirkungen von Schlafentzug
Der Körper und die Psyche benötigen Schlaf, um Energie zu tanken. Bei chronischem Schlafmangel treten zahlreiche Symptome in Erscheinung, mit denen der Organismus Erschöpfung signalisiert. Dazu zählen unter anderem:
- Verschlechterung der neurokognitiven Fähigkeiten
- Verschlechterung des Langzeitgedächtnisses
- Verkürzung der Aufmerksamkeitsspanne/Unaufmerksamkeit
- Nachlässigkeit
- Wichtige und unwichtige Reize werden schlecht oder gar nicht auseinandergehalten
- Abnahme der Konzentrationsfähigkeit
- Abnahme des Reaktionsvermögens auf unvorhergesehene Ereignisse
- erhöhte Reizbarkeit
- Zunahme der Risikobereitschaft
- eingeschränkte geistige Fähigkeit
Ausbleibender Schlaf ist gefährlich und kann sich folgendermaßen negativ auswirken: Nach 17 Stunden Wachzustand am Stück ist die geistige Fähigkeit ähnlich eingeschränkt, wie wenn ein Mensch 0,5 Promille Alkohol im Blut hätte. 24 Stunden ausbleibender Schlaf sind mit eingeschränktem Reaktionsvermögen vergleichbar, wie wenn man 1,0 bis 1,2 Promille Alkohol im Blut hätte. Bei deutlich längerer Wachheit können sich zudem auch Halluzinationen äußern, sagt der Neurologe und Psychiater der Landesnervenklinik Graz, Manfred Walzl.
Diese Erkenntnisse sind Ergebnisse einer aktuellen Studie mit der Fragestellung, welche Auswirkungen Schlafentzug über einen längeren Zeitpunkt habe.
Power-Napping in Österreich
Um die Leistungsfähigkeit zu verbessern und Ermüdungserscheinungen zu minimieren, können Kurzschlafepisoden, auch Power-Napping genannt, eine wirksame kompensatorische Strategie darstellen. Es ist erwiesen, dass der Effekt von Power-Napping – sofern dieser richtig durchgeführt wird – eine ähnliche Wirkung wie ein doppelter Espresso haben kann.
Das bedeutet: Maximal 15 bis 20 Minuten, in liegender Position zu schlafen, ohne hierbei den Tiefschlaf zu erreichen. Bisher habe sich Power-Napping in Österreich allerdings leider noch nicht durchsetzen können.
Mittagsschlaf um Mitternacht
24-Stunden-Bereitschaftsdienste sind auch bei Ärztinnen und Ärzten in den österreichischen Spitalen keine Seltenheit. Wer nicht vermeiden kann, eine Nacht durchzuarbeiten, der sollte – sofern die Möglichkeit gegeben ist – einen kurzen „Mittagsschlaf“ um Mitternacht einlegen.
Nachts befindet sich die Leistungskurve im Zeitraum zwischen ein und drei Uhr auf dem niedrigsten Niveau. Im Übrigen erreicht die Leistungskurve tagsüber zwischen ein und drei Uhr das Minimum. Ein 20-Minuten-Schläfchen vor diesem Zeitraum kann daher sehr wirksam sein.
Lichtreiche Arbeitsumgebung bei nächtlicher Arbeit
Darüber hinaus wird empfohlen, bei nächtlicher Arbeit für eine besonders lichtreiche Arbeitsumgebung und blaues Licht zu sorgen, damit dadurch die Produktion des Hormons Melatonin, welches den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert und auch als sogenanntes Schläfrigkeitshormon bekannt ist, gedrosselt werden kann. Hierdurch kann die Wachheit unterstützt werden.
Erholungsschlaf nach Schichtende
Nach Schichtende sollte der Erholungsschlaf in einer sehr dunklen Umgebung stattfinden, damit folglich die endogene Melatonin-Produktion nicht behindert, sondern gefördert werden kann. Die Dunkelheit dient als Nachtsignal und unterstützt die Schlafkontinuität. Wichtig zu wissen: Erschöpfung durch Schlafmangel lässt sich nur durch Schlafen behandeln!
Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet der Artikel die männliche Form (Arzt, Patient), nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben gleichermaßen für alle Geschlechter männlich, weiblich und divers (m/w/d).