Künstliche Intelligenz nimmt einen immer breiteren Raum im österreichischen Gesundheitswesen ein. Die Österreichische Ärztekammer fühlt sich allerdings schlecht auf das Fortschreiten der Technologie vorbereitet. Um eine Überforderung von Ärzten zu verhindern, fordert die Standesvertretung einen Digitalisierungsplan sowie eine nationale Agentur zur Koordination der Digitalisierungsmaßnahmen.
Roadmap für Digitalisierungsprojekte gefordert
Prof. Dr. Dietmar Bayer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin (ÖGTelemed) und stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), betont, dass Ärzte in Österreich der Digitalisierung durchaus offen gegenüberstehen. Es müssen allerdings die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sein. Mit ELGA und der e-card sei bereits eine digitale Basisstruktur vorhanden. Das Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz stelle allerdings eine Herausforderung dar, die Ärzte sowie auch das Gesundheitssystem unter Druck setze. Bayer sieht Künstliche Intelligenz (KI) als sinnvolles Hilfssystem für Mediziner an, für Einführung und Umsetzung von KI-Projekten hält er jedoch eine von allen Stakeholdern abgestimmte Roadmap für notwendig. Um Schnellschüsse zu vermeiden, müssten sich alle Stakeholder im Gesundheitssystem darauf einigen, welche Digitalisierungsprojekte wann, von wem und wie verwirklicht werden.
Elektronisches Impfregister als positives Beispiel
Als positives Beispiel führt Bayer das elektronische Impfregister an, dass während der Pandemie binnen kurzer Zeit aufgebaut werden konnte und heute als Basis für den e-Impfpass dient. Der Schlüssel zum Erfolg: Zunächst wurden alle Stakeholder, inklusive der Regulationsbehörde, an einen Tisch geholt, haben ihre Ideen vorgebracht und diskutiert. Auf diesem Wege konnten böse Überraschungen bei der Umsetzung vermieden werden.
Nationale e-Health-Agentur soll Digitalisierungsprojekte überwachen
Die Ärztekammer fordert zudem eine nationale Agentur, die über einzelne Digitalisierungsprojekte wachen, die Finanzierung sichern und garantieren soll, dass die Implementierung vom Pilotprojekt zum Regelbetrieb reibungslos abläuft. Eine solche nationale Agentur ist allerdings auch in er neuen e-Health-Strategie Österreich, die im Juni 2024 beschlossen wird, nicht vorgesehen. Die Strategie legt zwar Standards fest, aber keine Verantwortlichkeiten, sodass viele Aufgaben bei den Bundesländern hängen bleiben. Für eine bessere Koordination von Digitalisierungsprojekten schlägt die Ärztekammer weiterhin vor, die drei staatlichen IT-Firmen unter einem Dach zusammenzuführen und eine digitale Gesundheitsbehörde zu schaffen, wie sie im Europäischen Raum bereits für Gesundheitsdaten vorgesehen ist. Passende Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte und die weitere Verbreitung künstlicher Intelligenz sollen durch eine „e-Health-Milliarde“ finanziert werden.
Als nächstes großes Projekt der digitalen Medizin steht nun die automatisierte Diagnoseerfassung an. Niedergelassene Ärzte sollen Diagnosen künftig nach ICD-10 codieren. Bayer hält dies für nicht sinnvoll und möchte demnächst die sogenannte e-Diagnose vorstellen, die von der Ärztekammer zusammen mit anderen Stakeholdern entwickelt wurde.