Schwanger während Facharztausbildung – und jetzt? Auf schwangere Ärztinnen kommen nun viele Fragen und Herausforderungen bei der Karriereplanung zu. Welche Arbeitszeiten sind noch zulässig? Ab wann besteht Beschäftigungsverbot? Wie wird die Bezahlung geregelt? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt der folgende Artikel.
Schwanger während Facharztausbildung – Mutterschutz in Österreich
Rechte und Pflichten während der Schwangerschaft regelt in Österreich das Mutterschutzgesetz (MschG). In seiner jetzigen Form bietet es seit 1979 eine verbindliche Rechtsgrundlage für Schwangere und Eltern mit dem Ziel, die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Das Gesetz regelt die Arbeitsplatzsicherung, die Arbeitsbedingungen während der Schwangerschaft und die finanziellen Leistungen, die Schwangere und Eltern beziehen können.
Das Mutterschutzgesetz gilt für Ärztinnen in Teilzeit und Vollzeit, für geringfügig Beschäftigte und Lehrlinge. Darunter fallen auch Assistenzärzte in Ausbildung zum Allgemeinmediziner oder in Facharztausbildung. Die Mutterschutzzeit und die Karenz unterbrechen grundsätzlich die Facharztweiterbildung. Betragen diese Zeiträume zusammen nicht mehr als ein Sechstel der Weiterbildung, können sie allerdings gemäß der sogenannten Sechstelregelung angerechnet werden.
Mutterschutzzeit
Das Gesetz sieht unter anderem eine Mutterschutzzeit von insgesamt 16 Wochen vor, jeweils acht Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung. Während dieser Zeit gilt ein allgemeines Beschäftigungsverbot. In einigen Fällen, etwa bei einer Frühgeburt, kann sich dieses auf bis zu 12 Wochen verlängern.
Für den Zeitraum des Beschäftigungsverbots wird das Gehalt durch das sogenannte Wochengeld ersetzt, ausbezahlt durch die zuständige Gebietskrankenkasse. Die Höhe richtet sich nach dem zuvor bezogenen Einkommen. Das Wochengeld muss beantragt werden. Der Antrag ist zu Beginn des Mutterschutzes unter Vorlage einer ärztlichen Bestätigung sowie einer Bestätigung des bisherigen Entgelts bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen.
Nach der Geburt haben Eltern Anspruch auf die sogenannte Karenzzeit von mindestens zwei Monaten. Während dieser Zeit sind sie von der Arbeit freigestellt.
Kündigungsschutz
Ab der Bekanntgabe der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung besteht Kündigungsschutz. Für Assistenzärztinnen, die in Karenz gehen, verlängert sich dieser Zeitraum auf vier Wochen nach Ende der Karenzzeit.
Werden Schwangere gekündigt, die ihren Arbeitgeber noch nicht über die Schwangerschaft informiert haben, können sie Einspruch einlegen. Die Kündigung wird ungültig, wenn die Schwangerschaft innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Zugang der Kündigung bekanntgegeben wird.
Rechte am Arbeitsplatz
Bereits vor Beginn des Mutterschutzes haben Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Gesundheit von Schwangeren und Babys während der Arbeitszeit nicht gefährdet wird. So dürfen Ärztinnen, die schwanger sind zum Beispiel keine schweren körperlichen Arbeiten verrichten. Langes Sitzen und Stehen ist ebenfalls untersagt, ebenso wie das Arbeiten bei großer Hitze oder Kälte. Weiterhin müssen Möglichkeiten für kurze Pausen gegeben sein, zum Beispiel muss ein Ruheraum mit Sofa oder Liege bereitstehen. Schwangere in Facharztausbildung dürfen darüber hinaus nicht mit gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Röntgenstrahlen in Kontakt kommen. Besondere Vorsicht ist außerdem bei der Behandlung von Patienten und Patienten mit erhöhter Infektionsgefahr geboten.
Damit sich Schwangere nicht überanstrengen, wird die zulässige Arbeitszeit im Mutterschutz eingeschränkt. Bis auf wenige Ausnahmen sind die folgenden Tätigkeiten verboten:
- Nachtarbeit zwischen 20:00 und 6:00 Uhr, für Krankenpflegepersonal: 22:00 bis 6:00 Uhr
- Dienste an Sonn- und Feiertagen
- Überstunden
Finanzielle Nachteile dürfen Schwangeren aufgrund dieser Regelungen nicht entstehen. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen auszuzahlen.
Vereinbarkeit von Schwangerschaft und Arztberuf
Darüber hinaus enthält das Gesetz Verordnungen für eine erleichterte Vereinbarkeit von Schwangerschaft und Beruf. Können Schwangere zum Beispiel ihre Mutter-Kind-Pass Untersuchungen nicht während der Arbeitszeit abwickeln, müssen Arbeitgeber die schwangere Ärztin für den Arztbesuch freistellen. Auch die Lohnzahlung ist innerhalb dieser Zeit fortzusetzen.
Ermäßigte Kammerumlage und beitragsfreier Versicherungsschutz
Schwangere, die Kammerumlage zahlen, können für den Zeitraum des Mutterschutzes und der Karenz eine Ermäßigung beantragen. Der Antrag sollte möglichst vor Beginn des Beschäftigungsverbots bei der zuständigen Ärztekammer eingehen. Der Ermäßigungsantrag gilt jeweils nur für das laufende Kalenderjahr und muss entsprechend jährlich neu gestellt werden. Die Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit ist einen Monat vor Wiederantritt bei der Kammer zu melden.
Der Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsschutz besteht auch in der Karenz weiter, solange Kinderbetreuungsgeld bezogen wird. Wer nach dem B-KGUV versichert ist, bleibt über die gesamte Karenz hinweg krankenversichert. Für den Zeitraum des Mutterschutzes, der Karenz bzw. des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld gewährt der Wohlstandsfonds einen beitragsfreien Versicherungsschutz. Voraussetzung ist, dass im betreffenden Zeitraum keine oder eine nur geringfügige ärztliche Tätigkeit ausgeübt wird. Der Antrag ist ebenfalls bei der zuständigen Ärztekammer einzureichen.
Schwangerschaft Arbeitgeber und Ärztekammer melden
Wann muss ich meinem Arbeitgeber sagen, dass ich schwanger bin? Die Schwangerschaft sowie der errechnete Geburtstermin müssen dem Arbeitgeber gemeldet werden. Eine bloße Schwangerschaftsvermutung muss hingegen nicht mitgeteilt werden. Sobald allerdings eine ärztliche Bestätigung vorliegt, sollten Schwangere ihre Vorgesetzten informieren. Bestimmte Fristen müssen sie dabei nicht berücksichtigen. Die Ärztekammern empfehlen jedoch, die Schwangerschaft so früh wie möglich bekanntzugegen, damit der gesetzliche Mutterschutz pünktlich in Kraft treten kann.
Arbeitgeber sind ihrerseits dazu verpflichtet, die Schwangerschaft beim zuständigen Arbeitsinspektorat und, falls vorhanden, bei den Betriebsärzten zu melden. Zwei Monate vor Inkrafttreten des Beschäftigungsverbots sollten schwangere Ärztinnen zudem die zuständige Ärztekammer informieren.
Karenzzeit nach der Schwangerschaft
Acht Wochen nach der Entbindung endet der Mutterschutz und damit das Beschäftigungsverbot für werdende Mütter. Jetzt haben Eltern Anspruch auf Karenz. Der Freistellungszeitraum beträgt mindestens zwei Monate und kann bis zum zweiten Geburtstag des Kindes verlängert werden. Die Karenzzeit kann stets nur ein Elternteil in Anspruch nehmen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Karenz zweimal zwischen den Eltern zu teilen, sodass zum Beispiel die Mutter den ersten Teil über zuhause bleibt, der Vater den zweiten Teil und die Mutter wieder den dritten Teil übernimmt. Bei der ersten Teilung ist eine Überschneidung von einem Monat möglich, in dem beide Elternteile beim Kind bleiben können.
Während der Karenz entfällt die Entlohnung. Eltern dürfen allerdings eine geringfügige Beschäftigung annehmen oder alternativ in Elternteilzeit arbeiten. Die vorzeitige Beendigung der Karenz ist nur mit Zustimmung des Dienstgebers möglich. Eine Verlängerung der Karenz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes bedarf dagegen keiner Zustimmung. Die Ärztekammer Vorarlberg empfiehlt, spätestens zwei Monate vor Beginn des Mutterschutzes mit dem Dienstgeber über die geplante Auszeit und den Wiedereinstieg zu sprechen.
Facharztausbildung in Elternzeit
Nach Schwangerschaft und Karenz können angehende Fachärztinnen ihre Weiterbildung grundsätzlich in Teilzeit weiterführen. Dadurch verlängert sich die Weiterbildungszeit entsprechend. Ärztinnen, die ihre Weiterbildung nach Ausbildungsordnung (ÄAO) von 2006 absolvieren, dürfen ihre Wochendienstzeit um maximal 17,5 Stunden reduzieren. Wird die Facharztweiterbildung nach ÄAO 2015 absolviert, sind zwei Drittel der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zwischen 7:00 und 16:00 Uhr zu erbringen. Die geringstmögliche Stundenanzahl pro Woche liegt bei 12 Stunden in Krankenanstalten, 15 Stunden in Lehrgruppen und -praxen sowie 17,5 Stunden in Lehrambulatorien.
Schwangerschaft in Bewerbung angegeben?
Wie sieht es nun aus, wenn die Schwangerschaft bereits vor Antritt der Facharztausbildung besteht? Grundsätzlich sind Ärztinnen nicht verpflichtet, den zukünftigen Arbeitgeber über einen Kinderwunsch oder eine Schwangerschaft zu informieren. Fragen nach der Familienplanung sind im Vorstellungsgespräch nicht zulässig, da sie das Gleichbehandlungsgesetz verletzen können.