In der Medizin finden Opiate, sogenannte Alkaloide, in der Schmerzlinderung Anwendung. Dabei handelt es sich um organische, natürlich vorkommende Verbindungen des Schlafmohns, beispielsweise Codein oder Morphium. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen und der Suchtgefahr bei regelmäßiger Einnahme sind sie allerdings mit einem gewissen Risiko verbunden. Doch es gibt möglicherweise eine Alternative: eine aktuelle Studie ermittelte nun, dass Moleküle im Spinnengift eine Alternative zu Opioid-Schmerzmitteln darstellen könnten.
Was sind Opioid-Schmerzmittel?
Opioide fassen alle Strukturen zusammen, welche an den körpereigenen Rezeptoren angreifen. Zudem lagern sie sich an Opioidrezeptoren im Körper an. Sie wirken direkt auf das zentrale Nervensystem, wo ebenfalls körpereigene Opioide erzeugt werden. Diese sogenannten Endorphine schüttet der Körper zum Beispiel in körperlichen Schmerz- oder Stresssituationen verstärkt aus. Dies wirkt schmerzunterdrückend und euphorisierend. Indem man Opioide einnimmt, erfolgt demzufolge eine künstliche Aktivierung solcher Opiatrezeptoren. Infolgedessen entfalten sie über die entsprechenden Wirkmechanismen eine schmerzlindernde Wirkung.
Da die Substanz neben körperlichen Schmerzen gleichermaßen seelische Schmerzen betäuben kann, weisen Opioid-Schmerzmittel starke Nebenwirkungen und Risiken auf. Im Zuge der bewusstseinsverändernden Wirkung, welche Gefühle von Zufriedenheit, Angstfreiheit, Euphorie und ein ekstatisches Erleben umfasst, finden Opioide oftmals missbräuchliche Anwendung. Dementsprechend spricht man ihnen noch vor Alkohol das stärkste suchterzeugende Potenzial zu. Trotz der hohen Wirksamkeit gegen schwere Beschwerden und starke Schmerzen ist also ein vorsichtiger Umgang geboten.
Darüber hinaus sind Opioid-Schmerzmittel – trotz bewiesener Wirksamkeit – mit Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Übelkeit verbunden. Mitunter können sich unerwünschte Nebenwirkungen wie Abfall der Atemtätigkeit, Erbrechen, schwere Verstopfung, Pupillenverengung und Koliken (Krämpfe in inneren Organen) zeigen.
Spinnengift statt Opioiden
ForscherInnen der University of Queensland entwickelten jedoch nun ein neuartiges Tarantelgift-Mini-Protein, welches möglicherweise starke Schmerzen ohne das bei Opioiden bekannte Suchtpotenzial lindern kann. Eine der führenden Wissenschaftlerinnen verwies auf die aktuelle Opioidkrise auf der Welt. Daraus ergebe sich erforderlicher Handlungsbedarf, welcher in der Alternativenfindung von Morphin und morphinähnlichen Medikamenten wie Oxycodon oder Fentanyl liege. In diesem Zusammenhang sprach die Forscherin von den unerwünschten Nebenwirkungen, welche die Gesellschaft enorm belasten. Demgemäß könnte diese Forschung für Menschen, welche eine chronische Schmerzlinderung suchen, hilfreich sein.
Ein Mini-Protein im Tarantelgift der chinesischen Vogelspinne, welches als Huwentoxin-IV bekannt ist, kann somit Schmerzrezeptoren an den Körper binden. Aufgrund seines Rezeptors und der umgebenden Membran aus dem Spinnengift veränderten die WissenschaftlerInnen dieses Mini-Protein, was zu einer höheren Wirksamkeit und Spezifität für bestimmte Schmerzrezeptoren führt.
Dies stelle sicher, dass sich genau die richtige Menge des Mini-Proteins an den Rezeptor und die Schmerzrezeptoren umgebende Zellmembran binde. Die beteiligte Forscherin erwähnte weiterhin, dass das Mini-Protein bereits in Mausmodellen getestet wurde und dort effektiv funktioniere. Die Untersuchung ist zwar lediglich ein erster Schritt in die Richtung einer opiatfreien Schmerztherapie. Allerdings könnten schon die bereits vorliegenden Befunde im besten Fall zu einer alternativen Methode zur Behandlung von Schmerzen ohne Nebenwirkungen führen und die Abhängigkeit vieler Menschen von Opioiden zur Schmerzlinderung verringern.
University of Queensland. “Spider venom key to pain relief without side-effects.” ScienceDaily. ScienceDaily, 14 April 2020.