Mit dem Herbst startet traditionell die Erkältungszeit. Expertinnen und Experten erwarten in der Saison 2021/2022 eine starke Grippewelle, die das Gesundheitssystem überlasten könnte. Um Doppelinfektionen zu vermeiden und damit es nicht an Spitals- und Intensivbettenkapazitäten mangelt, sollten sich Österreicherinnen und Österreicher ab Ende Oktober gegen Grippe impfen lassen.
Grippewelle: Coronavirus hatte Influenzavirus zeitweise verdrängt
Mit dem Aufkommen der Sars-CoV-2-Pandemie ist die echte Grippe (H3N2-Influenza) in den Hintergrund gerückt. Maßnahmen wie Masken, Abstand, Homeoffice, Homeschooling oder Lockdown haben die Verbreitung der Influenzaviren effektiv unterbunden. Damit fiel in der vorhergehenden Saison die Grippewelle komplett aus. Ein Novum seit Beginn der Influenzaüberwachung in Österreich, die in der Saison 1999/2000 begann.
Laut der MedUni Wien waren im vorherigen Winter in Österreich nur zwei Proben positiv auf das Influenzavirus getestet worden. Europaweit waren es 41. Kein Vergleich zu normalen Jahren vor der Pandemie. Zum Beispiel gab es allein in Österreich in der Saison 2019/2020 300.000 Krankheitsfälle und über 1.000 Todesfälle. In der Saison 2016/2017 waren es gar über 4.000 Todesfälle in Österreich.
Mit dem Ausbleiben der Grippewelle im vorherigen Winter sieht die MedUni Wien ein erhöhtes Risiko heuer an der echten Grippe zu erkranken. Im epidemiologischen Bericht schreiben die Expertinnen und Experten, dass es zu keiner natürlichen Boosterung gegen H3H2 gekommen sei, weil die Virusaktivitäten ausgeblieben seien. Und auch die Maßnahmen, die gegen die Ausbreitung von Viren nachweislich helfen, werden heuer nicht mehr oder nicht mehr konsequent umgesetzt. Daher ist das Ansteckungsrisiko ebenfalls erhöht. Sogar eine Doppelinfektion mit dem Corona- und Influenzavirus gleichzeitig ist möglich. Risikopatienten sind bei einer solchen Doppelinfektion einer hohen Gefahr ausgesetzt.
Grippeimpfung: Wer, wie, wann
Eine Impfung gegen die echte Grippe empfiehlt das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz grundsätzlich jeder und jedem, die oder der sich schützen will. Besonders empfohlen wird die Impfung denjenigen, die ein erhöhtes Ansteckungsrisiko oder ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Dazu zählen:
- Neugeborene und Kinder ab dem vollendeten 6. Lebensmonat
- Menschen ab dem 60. Lebensjahr und insbesondere ab dem vollendeten 65. Lebensjahr
- Personen mit chronischen Erkrankungen (unabhängig vom Alter)
- Schwangere und Frauen, die während der Influenzasaison schwanger werden wollen
- Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen leben oder arbeiten (z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen, soziale Einrichtungen, etc.)
- Personal des Gesundheits- und Pflegebereichs
- Personen mit häufigen Publikumskontakten (z.B. im Bereich Gastronomie, Tourismus, Handel, Friseur- und Kosmetikbetrieben, etc.)
Zusätzlich sollten sich Haushaltsangehörige und Kontaktpersonen der Risikogruppen gegen Influenza impfen lassen.
Der Impfstoff ist hocheffektiv, wirksam und sicher, versichert Maria Paulke-Korinek, die die Impfabteilung im Gesundheitsministerium leitet, gegenüber dem STANDARD. Selten käme es trotz Grippeimpfung dennoch zur Erkrankung. Dann sei der Krankheitsverlauf aber kürzer und milder und würde seltener zu Komplikationen oder Spitalaufenthalten führen.
Wer sich noch vor dem Winter gegen Sars-CoV-2 impfen lassen möchte oder eine dritte Corona-Impfung als Booster vorhat, muss nach neustem Wissensstand bei der Influenza-Impfung nicht mehr aufs Timing achten. Bisher galt, dass zwischen der Corona-Impfung und jeder anderen Impfung eine mindestens zweiwöchige Pause liegen sollte. Inzwischen gilt das laut der deutschen Ständigen Impfkommission (Stiko) nicht mehr als nötig. Thomas Mertens, Chef der Stiko sieht die gleichzeitige Verabreichung der Corona- und Influenza-Impfstoffe als „unbedenklich“. Einige Hersteller tüfteln derzeit an einer solchen Kombiimpfung. Sollte es gelingen, könnte eine Kombiimpfung in der Zukunft vor Beginn der Grippewelle angeboten werden.
Der Startschuss für die Grippeimpfung fällt Ende Oktober. Die letzten Oktoberwochen und die ersten Tage im November gelten traditionell als Impfzeit. Damit bleibt dem Organismus ausreichend Zeit zum Aufbau der Abwehrmechanismen. Denn die Grippewelle erreicht Österreich im Normalfall Ende Dezember oder Anfang Jänner. Das erwarten die Expertinnen und Experten auch für die Saison 2021/2022. Die Influenza-Impfung ist aber auch noch dann möglich, wenn bereits Grippefälle auftreten.