In Österreich unterscheidet man zwischen verschiedenen Arzttypen. Demnach gibt es neben dem Privat- und Kassenarzt auch den Wahlarzt. Doch was zeichnet einen Wahlarzt aus? Was muss man beachten, wenn sich als Wahlarzt niederlassen und arbeiten möchte? Wie hoch sind die Kosten und welche aktuellen Regelungen gibt es diesbezüglich?
Was ist ein Wahlarzt?
Der Begriff des Wahlarztes kam erstmals 1965 im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) auf, welches die zentralen gesetzlichen Bestimmungen zur Sozialversicherung beinhaltet. Darin wird beschrieben, dass Versicherte unter bestimmten Bedingungen auch Sachleistungen bei Wahlärzten in Anspruch nehmen dürfen.
Die Bezeichnung „Wahlarzt” lässt sich aus dem gesetzlichen Recht des Patienten herleiten, sich seinen Arzt eigenständig aussuchen zu können. Die Gebietskrankenkasse kann demnach keinen Versicherten dazu zwingen, sich nur für Vertragsärzte der Gebietskrankenkasse zu entscheiden.
Ein Wahlarzt ist deswegen ein Mediziner ohne Kassenvertrag. Folglich ist der Arzt keiner Krankenkasse zugehörig. Die erbrachten Leistungen verrechnet der Mediziner dem Patienten. Der Versicherte muss das Honorar im Zuge dessen vorstrecken und im Anschluss bei der Versicherung einreichen, um eine Rückerstattung zu erhalten.
Ausbildung und Niederlassung des Wahlarztes
Um als Wahlarzt tätig zu werden, ist lediglich das Ius practicandi für Allgemeinmedizin oder als Fachärztin oder -arzt eines Sonderfaches notwendig. Darüber hinaus benötigt man weder eine Zulassung noch die Genehmigung einer Behörde. Überdies ist das angebotene Leistungsspektrum bedingt durch die vorherige Ausbildung.
Zuerst muss man sich entscheiden, welcher Weg der Niederlassung gegangen werden soll. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Praxisneugründung
Liegt der Wunsch in der Gründung einer Praxis, muss man mit Aufwand und Kosten rechnen sowie ein hohes persönliches Engagement aufweisen. Dieser Schritt sollte gut vorbereitet werden.
- Übernahme einer bestehenden Ordination
Im Zuge dessen muss man vertraglich festlegen, was konkret der Gegenstand der Übernahme ist, beispielsweise Geräte und/oder Inventar. Ferner ist relevant, inwieweit der Ordinationsstandort des Vorgängers beibehalten werden kann. Um die Vorbereitungen sowie die Vertragsverfassung optimal handzuhaben, empfiehlt es sich, einen kompetenten Schriftenverfasser und Steuerberater anzufragen.
- Einzel- oder Gruppenpraxis
Neben einer Einzelpraxis können Wahlärzte mit Ärzten oder Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe wie zum Beispiel Physio- oder Ergotherapeuten zusammenarbeiten. Auf der einen Seite stehen die Arten der Zusammenarbeit unter Ärzten durch das Berufsrecht fest. Auf der anderen Seite sind die Formen bei ärztlichen Gruppenpraxen durch gesellschafts- und sozialversicherungsrechtliche Normen vorgegeben.
- Ordinationsstandort und -zeiten
Ein Wahlarzt muss seinen Ordinationsstandort der Ärztekammer melden, genehmigt werden muss dieser allerdings nicht. Demzufolge kann man sich Wahlärztin- oder arzt nennen, wenn man eine Ordination eröffnet und mit keiner Krankenkasse einen Vertrag erhält. Hinsichtlich des Standortes der Ordination gilt Wahlfreiheit, genauso wie die Ordinationszeiten.
Gehalt eines Wahlarztes
Laut der Health System Watch (HSW) 2019 erzielen unter den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Schnitt die Wahlärzte die niedrigsten relevanten ärztlichen Einkünfte. Der Median ihrer Einkünfte lag 2016 bei 75.524 €, der Mittelwert bei 94.566 €.
Das „unterste“ Fünftel der Wahlärzte erhielt Einkünfte von 34.027 € oder weniger, die Einkünfte des „obersten“ Fünftels lagen bei mindestens 131.347 €. Man muss jedoch erwähnen, dass bei dieser Befragung die Arbeitszeit der Wahlärzte und -ärztinnen mangels Informationen nicht in die Untersuchung mit einbezogen werden konnte. In den analysierten Gesamtverträgen sind allerdings Mindestöffnungszeiten von 20 Stunden pro Woche vorgesehen.
Anspruch auf Rückerstattung
Generell haben Patienten einen Anspruch auf eine Rückerstattung von 80% des Tarifs, welcher ein Arzt mit Kassenverträgen für dieselbe Leistung bekommt. Hierfür muss es sich um eine wissenschaftlich anerkannte Methode handeln, damit eine Rückerstattung möglich ist. Unter Umständen erhalten Versicherte jedoch nur 20 – 30% des Tarifs zurück. Dies ist zahlreichen Ausnahmen geschuldet.
Es besteht für Patienten die Option, eine Privatversicherung für ambulante Leistungen, auch Zusatzversicherung genannt, abzuschließen. In diesem Fall kann die Privatversicherung den Differenzbetrag zwischen Kassen- und Privathonorartarif bis zu 100% refundieren. Das ist allerdings abhängig davon, welchen Versicherungsvertrag man abgeschlossen hat.
Seit dem Dezember 2018 existieren außerdem Kooperationsverträge zwischen einigen Privatkrankenkassen und Wahlärzten. Die Krankenkassen Uniqua, Merkur und Wiener Städtische etablierten eine Parallelstruktur zum staatlichen Kassensystem. Daraus resultierend sinkt der bürokratische Aufwand. Denn der Arzt verrechnet die im Leistungskatalog aufgeführten Leistungen direkt mit der Versicherung anstatt wie zuvor mit dem Patient.
Wahlärzte bestimmten Honorare selbst
Wahlärzte können ihre Honorare selbstständig bestimmen, ohne eine Bindung an Ober- oder Untergrenzen. Aufgrund der höheren Honorare im Gegensatz zu Vertragstarifen der Krankenversicherungen müssen Patienten einen differierenden finanziellen Eigenanteil tilgen.
Hierbei ist die Information über die Honorare eines Wahlarztes für Versicherte im Voraus essenziell. Laut dem ärztlichen Berufsrecht muss der Mediziner seine Patienten im Voraus über Preise informieren, die seine erbrachten Leistungen haben. Auf der Website mancher Ärzte finden sich Details über das Honorarsystem.
Patienten müssen hingegen berücksichtigen, dass die erwartete Höhe der rückerstatteten Kosten nicht angegeben werden kann. Zu diesem Zweck müssen Versicherte den Arztbesuch abwarten, da die benötigte medizinische Leistung erst dann bekannt wird.