Statistisch gesehen dürfte es eigentlich keinen Ärztemangel in Österreich geben. Der OECD zufolge schließen in Österreich durchschnittlich 14,4 Personen pro 100.000 Einwohner ein Medizinstudium ab. Der Wert liegt deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 13,1. Dennoch fehlt es in der Alpenrepublik an niedergelassenen Ärzten und auch an Medizinern im stationären Bereich. Das im Januar 2020 vorgestellte Regierungsprogramm greift einige Strategien auf, die dem Ärztemangel entgegenwirken sollen. Noch macht Corona der Umsetzung allerdings einen Strich durch die Rechnung.
Junge Ärzte wandern ins Ausland ab
Der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) zufolge gab es im Jahr 2018 insgesamt 46.337 Ärzte in Österreich. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Die Gesamtheit der Ärzteschaft teilt sich wie folgt auf:
- 23.246 Fachärzte
- 14.805 Allgemeinmediziner
- 8.085 Turnusärzte
- 201 Approbierte Ärzte
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Ärzte in Österreich um 741 Mediziner gestiegen. Dennoch besteht gerade in ländlichen Gebieten eine Unterversorgung, teilweise liegt die Zahl der Mediziner pro 1.000 Einwohner unter 4,5. Lediglich in Wien sind mehr als sechs Ärzte pro 1.000 Einwohner tätig. Der Grund laut ÖÄK: Zahlreiche Medizin-Absolventen verlassen Österreich nach dem Studium und wählen eine berufliche Tätigkeit im Ausland. Insbesondere Deutschland und die Schweiz sind für junge Ärzte attraktiv. Dagegen streben nur wenige Absolventen eine Niederlassung in Österreich an.
Strategien gegen den Ärztemangel
Die hohe Abwanderungsquote führt auch dazu, dass zugewanderte Ärzte aus dem Ausland aus der medizinischen Versorgung in Österreich nicht mehr wegzudenken sind. Den Daten der ÖÄK zufolge waren im Jahr 2018 insgesamt 5.291 Ärzte aus dem Ausland in Österreich aktiv. Die meisten von ihnen, 2.151, stammen aus Deutschland, gefolgt von Ärzten aus Italien (591) und Ungarn (469). Der Großteil der Mediziner aus dem Ausland arbeitet in der stationären Versorgung.
Um dem Ärztemangel in Österreich entgegenzuwirken, hält die ÖÄK es für dringend erforderlich, sowohl die Ausbildung als auch die ärztliche Tätigkeit für österreichische Medizinstudenten attraktiver zu gestalten. Das neue Regierungsprogramm für 2020 bis 2024 führt bereits einige Strategien auf, mit denen die Gesundheitsversorgung verbessert werden soll.
Zahl der Studienplätze erhöhen
Unter anderem möchte die Regierung der ÖÄK-Forderung nachkommen, die Zahl der Studienplätze im Fachbereich Medizin sowie für die anschließende Ärzteausbildung zu erhöhen. Damit weniger junge Ärzte ins Ausland abwandern, sollen zudem spezielle Stipendienplätze geschaffen werden, die an die Verpflichtung gekoppelt sind, nach dem Studium in Österreich tätig zu werden. Landarztstipendien sollen so zum Beispiel dem Ärztemangel auf dem Land entgegenwirken.
Außerdem soll eine Facharztoffensive gestartet werden, die speziell Fächer bewirbt, in denen zurzeit eine Unterversorgung besteht. Das gilt etwa im Bereich der Kinderärzte, Augenärzte sowie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Die Zahl der Studienplätze für angehende Ärzte ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Standen vor 20 Jahren noch allein in Wien rund 2.000 Medizinstudienplätze zur Verfügung, sind es aktuell 1.680 in ganz Österreich. 25 Prozent dieser Plätze sind für Studierende aus dem Ausland vorgesehen, bleiben 1.260 Plätze für Ärzte, die in Österreich praktizieren sollen. Der Nachwuchsmangel ist besonders bedenklich, da in zehn Jahren rund jeder dritte in Österreich tätige Arzt in Pension gehen wird. Laut ÖÄK besteht ein jährlicher Nachbesetzungsbedarf von 1.458 Medizinern, allein, um den aktuellen Stand zu halten.
Einführung Facharzt für Allgemeinmedizin geplant
Eine weitere Strategie sieht vor, den Facharzt für Allgemeinmedizin neu einzuführen. Damit geht das Regierungsprogramm auf eine weitere Forderung der ÖÄK ein. Das Ziel besteht darin, die Allgemeinmedizin und eine Niederlassung in Österreich aufzuwerten. Das Fachgebiet soll dabei neben den bisherigen Tätigkeiten auch die Betreuung in der Familien- und Sozialmedizin umfassen.
Um dem Ärztemangel in Österreich entgegenzutreten, bedarf es laut ÖÄK aber nicht nur mehr Studienplätze und einer Neuausrichtung der Allgemeinmedizin. Für eine bessere Qualität des Studiums seien auch Investitionen in die Ausstattung der medizinischen Fakultäten notwendig. Zugleich müssen mehr Ressourcen für die Ärzteausbildung an den Spitälern geschaffen werden.
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