Kritik kann schmerzen, selbst wenn sie berechtigt ist. Eine kritische Betrachtung der eigenen Arbeit ist aber auch wichtig, um zu wachsen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Der folgende Artikel zeigt, wie Ärzte konstruktiv mit kritischen Anmerkungen umgehen und ihre Kritikfähigkeit trainieren können.
Strategien für einen sachlichen Umgang mit konstruktiver Kritik
Mal sind es Patienten, die mit der Behandlung nicht zufrieden sind, mal Kollegen, die immer etwas besser wissen, mal die Vorgesetzten, die Fehler bemängeln: Kritik gehört zum Arbeitsalltag von Ärzten. In manchen Fällen ist sie nicht berechtigt, oft aber lässt sich aus den kritischen Anmerkungen lernen. Damit das gelingt, ist ein strategischer und konstruktiver Umgang mit kritischen Äußerungen gefragt.
Doch wie bleibt man als Kritisierter objektiv und souverän? Wichtig ist es zunächst, die kritischen Äußerungen nicht persönlich zu nehmen, sondern sich emotional von ihnen zu distanzieren. Der konstruktive Umgang mit kritischen Bemerkungen läuft dann in vier Phasen ab.
1. Zuhören und nachfragen
Häufig ist es gar nicht so einfach, den Kern der kritischen Äußerung herauszuhören. Wer kritisiert wird, sollte seinem Gesprächspartner daher aufmerksam zuhören. Ist etwas unklar, sollten Nachfragen gestellt werden. Das hilft nicht nur dabei, das Gegenüber besser zu verstehen und Missverständnisse zu vermeiden, man signalisiert auch, dass man die Äußerungen ernst nimmt und aus ihnen lernen will.
Ist der Kritikgeber sehr aufgebracht, lässt sich die Situation mit der Methode des Paraphrasierens entspannen. Dabei fasst man die Bemerkungen des Gesprächspartners in eigenen Worten zusammen und fragt nach, ob man richtig verstanden hat. Am besten eignen sich dazu Fragen, die mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden können. Die Gesprächspartner müssen daraufhin erst einmal überlegen, ob die Zusammenfassung korrekt ist. Diese kleine Gedankenpause hilft, mehr Abstand zu den eigenen Emotionen zu gewinnen. Das bringt mehr Ruhe ins Gespräch.
2. Danke sagen
Sich mit kritischen Äußerungen auseinandersetzen zu müssen, ist unangenehm. Wer jemand anderen kritisiert, hat allerdings meist ein Interesse daran, dass sich die vorliegende Situation verbessert. Es ist daher angebracht, sich für die kritischen Bemerkungen zu bedanken und damit Wertschätzung für das Gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Der Dank sollte allerdings ernst gemeint sein und nicht sarkastisch erscheinen.
3. Bedauern ausdrücken
Beschwerden zu äußern, bringt auch die kritisierenden Personen in eine unangenehme Lage. Als Kritisierter sollte man dafür sein Bedauern ausdrücken. Das kommt nicht automatisch einem Schuldeingeständnis gleich. Ein Satz wie „Es tut mir leid, dass Schwierigkeiten aufgetreten sind“ zeugt jedoch von innerer Größe und zeigt, dass man sich mit dem Sachverhalt ernsthaft auseinandersetzt.
4. Gemeinsam weiterdenken
In der vierten und letzten Phase sollte man gemeinsam mit dem Kritikgeber überlegen, wie es in Zukunft weitergeht. Dafür sollte man zunächst evaluieren, welche der kritischen Argumente berechtigt sind und welche nicht. Ist man von der eigenen Handlungsweise überzeugt, sollte man seine Gegenargumente sachlich darlegen und seine Entscheidungen begründen.
Bei berechtigten Argumenten entwickelt man anschließend Strategien, wie sich die Schwierigkeiten beheben lassen. Wichtig ist es, konkrete Verbesserungsvorschläge zu machen und getroffene Zusagen einzuhalten. Beide Parteien sollten gemeinsam einen realistischen Zeitplan erstellen und gegebenenfalls einen weiteren Termin für ein Nachgespräch vereinbaren.
Kritikfähigkeit trainieren – eventuell mit Mentoren
Die vier beschriebenen Phasen zu durchlaufen und bei Kritik konstruktiv zu kommunizieren, kostet Zeit. Die zeitliche Investition lohnt sich allerdings, da sich auf diese Weise Eskalationen vermeiden lassen.
Wer seiner eigenen Kritikfähigkeit noch nicht ganz traut, kann diese aktiv trainieren. Dabei helfen Mentoren, zum Beispiel erfahrene Kollegen oder auch professionelle Coaches.