Nach abgeschlossener Facharztausbildung besteht in Österreich die Möglichkeit, als Wohnsitzarzt tätig zu werden. Wohnsitzärzte arbeiten weder in eigener Ordination noch in einem festen Anstellungsverhältnis. Stattdessen üben sie ihren Beruf meist auf Werkvertragsbasis aus. Nachfolgend sind Informationen zur Tätigkeit als Wohnsitzarzt, zu den Voraussetzungen und zum Gehalt zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Wohnsitzarzt?
Wer die in § 4 des Ärztegesetzes (§ 4 ÄrzteG) festgelegten persönlichen und fachlichen Voraussetzungen zur selbständigen Berufsausübung als Arzt erfüllt, hat in Österreich generell drei Möglichkeiten:
- ärztliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis, zum Beispiel in einem Spital, in einer Reha-Einrichtung oder in vergleichbaren Einrichtungen
- ärztliche freiberufliche Tätigkeit mit eigener Ordinationsstätte
- ärztliche freiberufliche Tätigkeit als Wohnsitzarzt bzw. Wohnsitzärztin
Die rechtlichen Grundlagen zur Tätigkeit als Wohnsitzarzt sind in § 47 ÄrzteG geregelt. Ein Wohnsitzarzt ist demnach jeder Arzt, der seine Tätigkeit weder in eigener Ordination noch im Angestelltenverhältnis ausübt. Wohnsitzärzte übernehmen zum Beispiel Vertretungs- und Gutachtertätigkeiten. Unter Wohnsitz versteht man dabei einen konkreten Standort, an dem der Mediziner seinen bleibenden Aufenthalt nimmt, etwa die eigene Wohnung oder Unterkunft.
Wohnsitzarzt vs. Wahlarzt
Vom Wohnsitzarzt zu unterscheiden ist die Tätigkeit als Wahlarzt. Beim Wahlarzt handelt es sich um einen niedergelassenen Mediziner, der ohne Kassenvertrag tätig ist. Der Wohnsitzarzt dagegen darf ausschließlich solche Tätigkeiten ausüben, für die er keine eigene Niederlassung benötigt.
Wohnsitzarzt – Voraussetzungen
Wer als Wohnsitzarzt tätig werden möchte, muss zunächst die Ausbildung zum Allgemeinmediziner oder Facharzt abgeschlossen haben. Um zur Berufsausübung als Wohnsitzarzt berechtigt zu sein, ist außerdem ein Eintrag in der Ärzteliste notwendig. Die Anmeldung erfolgt über die Landesärztekammer des jeweiligen Wohnsitzes und ist über ein online bereitgestelltes Formular oder formlos per E-Mail möglich. Mit der Anmeldung werden die Mediziner ordentliches Mitglied der Österreichischen Ärztekammer. Nach Eintrag in die Ärzteliste erhalten sie ihren Ärzteausweis und dürfen Patienten behandeln. Anders als bei niedergelassenen Ärzten unterliegt der Tätigkeitssitz des Wohnsitzarztes keiner speziellen Kennzeichnungspflicht (§ 56 ÄrzteG).
Eine weitere Voraussetzung für die Tätigkeit als Wohnsitzarzt ist der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 52 ÄrzteG). Darüber hinaus sind Wohnsitzärzte unfall- und pensionsversicherungspflichtig. Die Ärztekammer leitet bei Anmeldung alle Daten des Wohnsitzarztes an die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft weiter.
Gegebenenfalls fordern die Landesärztekammern noch eine aktuelle Gesundheitsbestätigung und einen Strafregisterbescheid an. Das ist vor allem der Fall, wenn die Anmeldung als Wohnsitzarzt nach einer längeren Berufsunterbrechung erfolgt.
Wohnsitzarzt – Tätigkeiten und Aufgabenbereiche
Wohnsitzärzte üben ihre Tätigkeit meist auf Basis eines Werkvertrags aus. Sie sind zum Beispiel tätig als:
- Praxisvertretung
- Betriebsarzt
- Schularzt
- Kurarzt
- Umweltarzt
- Gutachter für theoretische Gutachten und Aktengutachten
Darüber hinaus können sie an Ärztenotdiensten teilnehmen, etwa am Katastrophenschutz des Landes, oder den Bereitschaftsdienst für niedergelassene Ärzte und Ärztinnen übernehmen. Auch ehrenamtliche ärztliche Tätigkeiten, die keine Niederlassung erfordern, können von Wohnsitzärzten ausgeübt werden.
Die im Ärztegesetz festgelegten Berufspflichten wie die Dokumentationspflicht, die Pflicht zur Auskunftserteilung und Werbebeschränkung, Verschwiegenheits-, Anzeige- und Meldepflicht gelten dabei auch für Wohnsitzärzte.
Ärzte, die in Anstellung arbeiten oder eine eigene Ordination führen, dürfen die oben genannten Tätigkeiten automatisch mitausüben, ohne sich als Wohnsitzarzt eintragen zu lassen. Während für niedergelassene Ärzte die Berufsausübung an maximal zwei Berufssitzen erlaubt ist, besteht eine ähnliche Beschränkung für Wohnsitzärzte nicht. Sie dürfen auch mehrere wohnsitzärztliche Tätigkeiten ausüben.
Wohnsitzarzt – Gehalt
Wie viel ein Wohnsitzarzt im Jahr verdient, hängt davon ab, welche Tätigkeiten er tatsächlich ausführt.
Gehalt als Vertretungsarzt
Das Gehalt als Vertretungsarzt orientiert sich meist am üblichen Verdienst der jeweiligen Praxis. Ausschlaggebend sind der Standort, der Patientenstamm und nicht zuletzt der Ruf, den die Arztpraxis genießt. Das Gehalt für niedergelassene Allgemeinmediziner liegt zwischen 50.000 und 60.000 Euro brutto im Jahr, für Fachärzte zwischen 75.000 und 85.000 Euro.
Gehalt als Arbeitsmediziner und Notarzt
Für die freiberufliche Tätigkeit als Arbeitsmediziner und im Notdienst veröffentlicht die Ärztekammer Honorarempfehlungen, die jährlich angepasst werden. Externe Arbeitsmediziner können demnach zwischen 123,10 und 181,20 Euro pro Stunde abrechnen, abhängig von der tatsächlichen Einsatzzeit im Jahr. Für die Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst werden Stundensätze von 110,00 Euro unter der Woche, 131,00 Euro an Samstagen und 154,00 Euro an Sonntagen empfohlen. Für Nachtdienste gibt es einen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent.
Gehalt als medizinischer Gutachter
Die Bezahlung medizinischer Gutachter richtet sich nach der Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten und kann entweder pauschal oder auf Stundenbasis erfolgen. Die Pauschale für ein einfaches Gutachten liegt bei 300 Euro, für ein umfangreiches Gutachten können 900 Euro in Rechnung gestellt werden. Der Stundentarif liegt bei ebenfalls 300 Euro, bei besonderem Schwierigkeitsgrad oder hohem Zeitaufwand können individuelle Honorare vereinbart werden. Für fachspezifische Einzelleistungen gelten gesonderte Regelungen.
Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer
Ärzte in Österreich unterliegen nicht der Pflicht, einer Freiberuflichen Sozialversicherung (FSVG) oder Gewerblichen Sozialversicherung (GSVG) beizutreten. Der Krankenversicherungsschutz erfolgt stattdessen über den sogenannten Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer. Mitglieder der Ärztekammer sind dazu verpflichtet, Beiträge an den Wohlfahrtsfonds zu zahlen. Die Veranlagung für Wohnsitzärzte erfolgt genau wie die Veranlagung ihrer niedergelassenen Kollegen. Da jedoch einige Sonderbestimmungen gelten können, bieten die Landesärztekammern meist eine individuelle Beratung für Wohnsitzärzte an.